Die Feier- und Festtage liegen bereits hinter uns. Der für lange Monate letzte Freudentag, der den drei Königen gewidmete und der mit dem Verzehr eines feinen Kuchens inklusive Goldkrone einhergehende, hat gestern stattgefunden. Das lässt mich einige Gedanken an das Hefegebäck verschwenden, das landauf und -ab für diesen einen Tag gebacken wird. Fragen Sie einmal am Abend des sechsten Januars den Bäcker Ihres Vertrauens oder die Mitarbeiterin beim Detailhändler, was mit den vielen unverkauften Dreikönigskuchen geschehe. «Die verschenken wir morgen, denn dann sind sie immer noch gut». Haben Sie an diese Antwort gedacht? Falsch gelegen. Kommt alles in die Biotonne. Traurig, aber wahr.

Die heiligen drei Könige: sie gehören zum christlichen Festkalender, und das seit dem Mittelalter. Caspar, Melchior und Balthasar haben das Zeug zu Schutzpatronen. Sie sind es auch. Die Vielgereisten, die Polyglotten, gelten als Beschützer aller Reisenden und – das ist vermutlich weniger bekannt – von Gast- und Rasthäusern, von Hotels, Restaurants und Beizen. Sollte es in Ihrem Umland noch einen «Sternen», eine «Krone» oder einen (horribile dictu!) «Mohren» haben: von der Legende der besagten drei Könige haben sie ihre Namen. Der Brauch des Dreikönigskuchens, wie wir ihn heute kennen, ist allerdings noch nicht so alt. Obwohl in verschiedenen europäischen Regionen, vor allem in katholischen, die Epiphanie am 6. Januar mit einem Gebäck, welches eine Mandel oder eine Kaffeebohne enthielt, seit Jahrhunderten gefeiert wurde und wird, setzte sich unser «Dreikönigskuchen national» erst in den Fünfzigerjahren durch. Und erst nach einer aktiven Werbekampagne fand dieses «neumödige Züüg» Einlass in die bürgerlichen Haushalte.

Der Dreikönigskuchen manifestiert sich nicht nur durch einen religiösen Hintergrund, sondern beschliesst auch die Festtage und damit die Opulenz, das Üppige, das Unvernünftige, das Ungesunde. Die Fastenzeit ist zwar offiziell noch nicht angebrochen, aber Diätwebseiten und Fitnessstudios erfreuen sich ab sofort eines grossen Zulaufs. Scharlatane, die Wundermittel und Sensationen für einen Gewichtsverlust anpreisen, können sich jetzt die Hände reiben: das Geschäft brummt. Wir, die wir vermutlich alle über die Weihnachtszeit etwas über die Stränge geschlagen haben, pflastern den Weg ins neue Jahr mit guten Vorsätzen. Mehr Bewegung an der frischen Luft; zum Beispiel im Garten, um Sträucher und Bäume zurückzuschneiden, denn ansonsten herrscht ja Winterruhe. Mehr Gemüse. Mehr Früchte. Mehr Salat. Das freut unsere Landwirte und auch die Importeure, die uns eine erfreuliche Abwechslung auf unseren Tellern garantieren. Und es freut den Herrn Doktor (Ui, Genderalarm. Es freut natürlich auch die Frau Doktor), welche über unsere Gesundheitswerte wachen. Weniger Zucker. Weniger Fleisch. Weniger Fett. Weniger Alkohol. Das freut unsere Zuckerrübenbauern, die Nutztierzüchter und die Weinbauern und Schnapsbrenner etwas weniger.

Es liegt in der Natur der Sache, dass wir uns im Januar etwas zurücknehmen; dies auch historisch bedingt. Jahrhundertelang galt es, diese kargen Wintermonate bis zu den Frühernten klug einzuteilen: die Vorräte in Küche und Kammer gingen zur Neige. Das Leben auf Sparflamme ist in diesem ersten Monat des Jahres für viele nicht abwegig. Unsere verwöhnte und an keine Entbehrungen gewohnte Gesellschaft schafft sich, da diese nicht mehr naturgegeben sind, eigene Verzichtsmomente, die dann auch gleich mit einer Community auf den Social Medias geteilt werden. Der Veganuary (kompletter Verzicht im Januar auf tierische Produkte) oder der Dry January (Verzicht auf Alkohol) erfreuen sich grosser Beliebtheit. Spätestens im Februar legt sich allerdings der barmherzige Schleier des Vergessens über die guten Vorsätze. Macht nichts – wir haben jetzt elf Monate Zeit, um sie dann, am ersten Tag des neuen Jahres, wieder unverdrossen hervorzuholen. Viel Erfolg!