Mal sind es Loipen, die auf privatem Landwirtschaftsland Spuren hinterlassen. Mal ist es das Zusammenspiel von Mutterkühen, Wölfen und Wanderern: Wer in Davos einen Hof führt, ist auch immer mit den verschiedenen Seiten des Tourismus konfrontiert. «Doch es gibt zwischen der Gemeinde, der Organisation Davos Tourismus und der Landwirtschaft einen guten Austausch», erklärt Cyril Graf.
Cyril Graf und Hans Andrea Ambühl führen seit 2016 die Betriebsgemeinschaft (BG) Junkerboden in Davos Frauenkirch GR, einem Ortsteil der Landschaft Davos im Landwassertal. «Beide Betriebe standen vor baulichen Anpassungen und suchten betriebliche Optimierungen», erklärt Graf zur Gründung.
Alle Tiere leben nun auf dem früheren Betrieb von Hans Andrea Ambühl. Das sind 48 Milchkühe, vorwiegend Brown Swiss, und 660 Legehennen. Die Hühner sind in zwei Gruppen eingeteilt, damit ohne Unterbruch Eier geliefert werden können. «Wir beliefern als Einzige die Molkerei Davos», erläutert Cyril Graf. Diese verkauft die täglich rund 600 Eier im eigenen Laden, an Privathaushalte, lokale Lebensmittelgeschäfte und Hotels. In den vielen Davoser Hotels sind die lokalen Eier allerdings nur bedingt gefragt, schränkt Cyril Graf ein. «Die Manager der grossen Ketten sitzen oft weit weg und entscheiden nach dem Preis.»
Sich an Neues gewagt
Der Rundgang über die Betriebsgemeinschaft Junkerboden startet beim Hofladen. Doch der gehört nicht zur Betriebsgemeinschaft. Hans Andrea Ambühls Frau Dolores Ambühl verkauft dort auf eigene Rechnung Hoferzeugnisse, unter anderem selbst gemachte Teigwaren.
Weiter geht es zum Kuhstall, der nach der Gründung der Betriebsgemeinschaft zu einem Laufstall umgebaut wurde. «Wir haben alles selbst geplant und noch wenig bekannte Produkte verbaut», sagt Cyril Graf. Unter anderem wurden ionisierende LED-Lampen eingesetzt, die Laufgänge mit Fertigbetonelementen ausgestattet, die ein Quergefälle und eine Harnsammelrinne haben, sowie flexible Boxenbügel verbaut. An der einen Längsseite des über 50-Meter langen Stalls ist anstelle eines Futtergangs nur die Futterkrippe, die drei Mal täglich mit einem teilautomatischen Futterband bestückt wird.
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Passende Lüftung
Auf der gleichen Stallseite befindet sich der Ausgang zum Laufhof. «Das ist nicht optimal, doch es ging baulich nicht anders.» Speziell am Stall sei unter anderem ein «Thermowall»-Lüftungssystem, erklärt Cyril Graf. Ein kanadisches System, das die beiden sowohl mit hoher Lichtdurchlässigkeit als auch mit einem hohen Isolationswert überzeugt hat. Denn Wärme ist hier auf 1500 Metern kaum je ein Thema, Kälte bis minus 25 Grad hingegen schon. «Wir brauchten etwas, damit der Stall frostfrei bleibt.»
Das Melken übernimmt seit letztem Sommer ein Roboter. Der Betrieb setzt auf saisonale Abkalbung von September bis Dezember, die letzten Nachzügler kommen dann im März. Für die Nachzucht kommt zu einem Drittel gesexter Samen zum Einsatz. Die anderen Kühe werden mit Mastrassen besamt. Deren Kälber werden dann jeweils in die Mast gegeben. Ende Juni, Anfang Juli ziehen die Kühe auf eine auf 1900 Metern gelegene Genossenschaftsalp im Sertigtal.
Betriebsspiegel Junkerboden
Betriebsgemeinschaft Junkerboden
Ort: Davos Frauenkirch GR
Betriebsleiter: Hans Andrea Ambühl und Cyril Graf
Mitarbeiter: Ein Lehrling sowie gelegentliche Mithilfe von Familienmitgliedern
Nutzfläche: 63 ha
Tierbestand: 48 Kühe, die per Roboter gemolken werden. Dazu rund 20 Stück Jungvieh und 660 Legehennen
Wenig Folgekosten
Rund 700 Siloballen machen die Landwirte jedes Jahr selbst. Oberhalb des Laufstalls ist ein stationärer Futtermischer untergebracht, um täglich die Ration aus Silage und Heu zu mischen. Das Futter geht von dort direkt auf das Futterband. «Ein stabiles System. Da muss man nicht viel machen, es gibt wenig Folgekosten.» Die beiden Betriebsleiter haben sich für eine elektrisch betriebene Variante entschieden; wegen der Emissionen, aber vor allem wegen der Temperaturen in Davos. «Lässt man bei Kälte den Traktor laufen, ist das nicht gut für die Maschine.»
«Uns war wichtig, dass wir rationelle Arbeitsabläufe haben», sagt Cyril Graf. «Denn wir sind beide sonst noch engagiert.» Hans Andrea Ambühl ist unter anderem im Vorstand der Molkerei Davos und nimmt Lehrlingsprüfungen ab. Cyril Graf ist Präsident des lokalen Bauern- und Waldwirtschaftsverbandes und im Vorstand des Bündner Bauernverbandes.
59 Höfe
Durch seine Verbandsfunktionen weiss Cyril Graf, wie die hiesigen Landwirtschaftsbetriebe ticken. «Davos wird recht intensiv bewirtschaftet und hat eine starke Milchwirtschaft», sagt er. In und um den Ort gibt es rund 59 ganz unterschiedliche Höfe – und rund 800 Kühe. Davos selbst gilt mit 12 600 Einwohnern als höchstgelegene Stadt Europas, dazu kommen während der Hochsaison bis zu 30 000 Feriengäste. Mit einer Fläche von 284 km2 ist die Kommune zudem die sechstgrösste Gemeinde der Schweiz. Rund 37 Prozent davon sind landwirtschaftlich genutzte Flächen. «Der Tourismus ist Fluch und Segen zugleich, der landwirtschaftliche Boden ist unter Druck.»
Cyril Graf hatte 2011 den Hof seines Patenonkels übernommen. Um die Landwirtschaft vertreten zu können, liess er sich vor vier Jahren für die FDP als Kandidat für den Grossen Landrat aufstellen. Es hat nicht geklappt mit der Wahl. Heute ist der 40-Jährige nicht unglücklich darüber. Gemeinsam mit seiner Frau Barbara hat er einen 3,5-jährigen Sohn und eine 1,5-jährige Tochter. «So bleibt mehr Zeit mit der Familie.» Derzeit sind die Tage allerdings lang: Graf amtet als OK-Vizepräsident der regionalen Landwirtschaftsausstellung Agrischa, die nächste Woche beginnt. «Ich freue mich schon sehr auf die Ausstellung, sie ist sehr beliebt und wir rechnen mit rund 12 000 Besuchern.»
Die Agrischa
Die Agrischa ist die grösste Bündner Landwirtschaftsausstellung und findet alljährlich im Frühling in einer anderen Bündner Region statt. Diesmal steigt sie vom 27. bis 28. April in Grüsch unter dem Motto «Landwirtschaft mit Herz».
Ein 20-köpfiges OK ist seit über einem Jahr am Planen. Während der Ausstellungstage braucht es zudem rund
800 Helfereinsätze, die von den regionalen Bauernfamilien und von den Vereinen geleistet werden. Zu sehen sind unter anderem eine Milchviehausstellung mit über 250 Tieren, eine Landmaschinenausstellung, 15 Mutterkuhrassen, Pferde, Ziegen und Neuweltkameliden sowie ein Produkt- und Handwerkermarkt. Dazu gibt es Musik, Festwirtschaft und ein Programm für die ganze Familie.
Weitere Informationen:
www.agrischa-erlebnis.ch