Es wird gegackert, gequakt, gescharrt und geplanscht: Auf dem Hof Freudental zieht die bunte Geflügelschar die Aufmerksamkeit der Besucher(innen) auf sich. Die insgesamt etwa 70 Tiere, darunter Schweizerhühner, ausgestallte und gerettete Legehennen, Enten, einige Exemplaren des Amerikanischen Truthahns sowie Perlhühner, teilen sich gemeinsam Gehege und Weide. Rundherum verteilt liegt die restliche landwirtschaftliche Fläche mit insgesamt zwei Hektaren. «Ein Kleinstbetrieb, der rein von der Grösse gerade genügend abwirft, um davon leben zu können», sagt Thomas Disch.
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Der lange Weg zum eigenen Hof
Der Informatiker aus dem Kanton Zürich konnte den Hof Freudental vor fünf Jahren kaufen. Bereits als Kind hatte er den Traum gehabt, später einmal Bauer zu sein. Der Weg dahin dauerte dann etwas länger: Nach einer Lehre zum Elektriker wurde er Informatiker und lebte jahrelang in der Stadt. Kurz vor seinem 50. Geburtstag fasste er den Entschluss zu einer landwirtschaftlichen Ausbildung. Allerdings wurde er nicht Landwirt. Das, was er lernen wollte, fand Disch vielmehr bei den Bäuerinnen. Ihn interessierte beispielsweise, wie man Lebensmittel haltbar macht.
So kam es, dass er am solothurnischen Wallierhof schweizweit als erster Mann die Bäuerinnenschule absolvierte. «Die Bäuerin ist der Dreh- und Angelpunkt auf einem Betrieb», ist Disch überzeugt. «Bei ihr laufen alle Fäden zusammen. Und häufig ist es auch sie, die abends, wenn die Kinder im Bett sind, noch die Website bewirtschaftet.»
Selbstversorgung als zentrales Thema
Den gut bezahlten Job als Informatiker hängte Disch 2017 an den Nagel und er begann, sich fortan Vollzeit dem Hof zu widmen. Im Zentrum stand von Anfang an die Idee von Selbstversorgung und Direktvermarktung. «Spätestens während des Lockdowns vor zwei Jahren wurde deutlich, wie abhängig wir in der Schweiz von ausländischer Produktion sind. Es ist wichtig, dies zu ändern und dazu auch kleine Höfe besser zu nutzen und zu erhalten», betont Disch. Das ist ein Grund, weshalb er von Beginn an auf verschiedene Betriebszweige setzte. Nebst dem Geflügel hält er vier Auen und einen Bock der Rasse Engadinerschaf. Dazu kamen einige Turopolje-Schweine, die ebenfalls extensiv gehalten werden. Von Zeit zu Zeit lässt er eines der Tiere in einem fünf Kilometer entfernten Schlachthaus metzgen. Ab und zu wird auch Geflügel geschlachtet, dieses allerdings eigenhändig auf dem Hof.[IMG 2]
Food Waste vermeiden
Thomas Disch zieht es jedoch immer mehr von der Fleischproduktion in Richtung Pflanzenbau. Im Garten, der nach den Grundsätzen der Permakultur bewirtschaftet wird, zieht er Gemüse. Dazu kommt ein 100-jähriger Hochstammobstgarten, den es zu erhalten gilt. Disch verwendet zudem oft Gemüse und Lebensmittel, das sonst weggeworfen würde: «Das Vermeiden von Food Waste ist mir ein zentrales Anliegen».
Das gerettete Gemüse verarbeitet er zu Eingemachtem und bietet es unter dem Label «Freudental for Future» im Hofladen an, den er mit einem modernen, selbst entwickelten Kassensystem ausgerüstet hat. In den Regalen stehen beispielsweise Gläser mit süss-sauren Zucchetti oder Flaschen mit «Shrub», einem Fruchtsirup auf Essigbasis, der Drinks und Salat-Dressings eine erfrischende Note gibt. Weiter im Sortiment sind Eier von den eigenen Hühnern und Wachteln sowie ab und zu Fleisch vom Hof, aber auch Produkte von befreundeten Betrieben wie etwa Milch, Jogurt, Käse und Wein. «Die Kundschaft, die ja extra auf den Hof kommt, soll ein breites Angebot antreffen. Daher ist es von grossem Vorteil, dass sich die Betriebe für die Direktvermarktung zusammentun.»
So engagiert sich Disch etwa auch beim Projekt «Holabox», einem mobilen Hofladen, der zurzeit in Winterthur steht. Sich mit anderen zusammenzutun, findet er wichtig. Doch einem Label angeschlossen hat er sich bisher nicht, die vielen Regeln schrecken ihn eher ab. Direktzahlungen will er auch keine entgegennehmen. «Ich verstehe mich als Unternehmer», sagt der Bauer.
Es geht auch ohne Traktor
Auf dem Hof Freudental laufen keine grossen Projekte, dafür viele kleine: Für die Biodiversität macht der Betrieb bei einem Schaffhauser Vernetzungsprojekt mit. Dazu gehören Massnahmen wie eine Naturhecke und eine Trockensteinmauer, in die Höhlen integriert wurden, um Kleintiere zu fördern. Zudem versucht Disch derzeit zusammen mit seinem Lebenspartner, der ebenfalls Informatiker ist, Schwalbennester aus dem 3D-Drucker zu bauen.
Auch soll der Hof ein offener Ort sein, an dem Besucherinnen und Besucher willkommen sind. So ist Thomas Disch beispielsweise beim Projekt «Schule auf dem Bauernhof» (SchuB) dabei, in dessen Rahmen ganze Schulklassen Landwirtschaft von nahe erleben können. Auch organisiert er auf dem Hof Kindergeburtstage. Für den kommenden Sommer plant der 54-Jährige ausserdem Candlelight-Dinners im Garten, mit Produkten direkt vom Betrieb. Dazu konnte er einen Spitzenkoch gewinnen, der ihn dabei unterstützt. Was man jedoch auf dem Hof Freudental vergebens sucht, ist ein Traktor. Disch: «Ich brauche keinen, mein Auto tut es auch.»
Weitere Informationen: www.freudental.ch