Es gibt sie nicht mehr, all die «Dienschte» auf den Bauernhöfen. Knechte und Mägde sind heute ein fast vergessener Berufsstand. Mit dem rasanten Wachsen der Maschinenparks ab den 1960er-Jahren wurden sie wegrationalisiert, immer weniger Angestellte lebten auf den Höfen.
«Knechte» und «Meitli»
Es wurde hierzulande einst noch nicht von Angestellten gesprochen, sondern von «Knechten» – wenn männlich – und von «Meitli», wenn weiblich. Auf traditionsreichen Höfen kursieren in den Erzählungen der ab-tretenden Generation zuweilen noch Jugenderinnerungen an solche. Oft waren diese helfenden Hände langjährige und nicht wegzudenkende Faktoten des Hofes. Andere gaben nur ein kurzes – aber vielleicht umso denkwürdigeres – Gastspiel. [IMG 2]
Vom Karrer zum Traktorfahrer
In der Zeit zwischen den Weltkriegen gab es auf jedem grösseren Bauernbetrieb noch eine Köchin und etliche Meitli; an männlichen Hilfen waren Knechte, ein Melker, ein Karrer, ein Meisterknecht, später auch noch ein Traktorfahrer im Einsatz. Es gab eine klare Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern: Die Frauen besorgten den Haushalt, die Männer Stall und Feld. Nur während dem Heuet und der Erntezeit sah man Bäuerin und Bauer, Meitli und Knechte gemeinsam auf dem Feld. Beschäftigt wurden auch noch – temporär und je nach Region – Heuer oder Drescher, Chrieser für die Kirschenernte, Feldmauser, Schnapsbrenner, Korber und Störmetzger.
Stellenantritt an Lichtmess
Traditionell war Mariä Lichtmess am 2. Februar der Zeitpunkt für den Stellenantritt. Zuvor hattein unserer Region in Luzern der «Knechtenmarkt» stattgefunden: Ein recht spezieller Markttag, an dem sich stellensuchende Landarbeiter und einstellende Bauern am Kasernenplatz versammelten. Beide Parteien hielten Ausschau, knüpften Gespräche an und wenn sie sich gefunden hatten, wurde die Anstellung mit einem Handschlag bekräftigt, der künftige Knecht war damit «gedungen». Wurde ein Bauer mit einem stelleninteressierten Knecht so handelseinig, dann lud er diesen ins «Galliker» zu einem Mittagessen ein. Es soll zwar vereinzelt vorgekommen sein, dass an besagter Lichtmess dann der mit Handschlag engagierte Knecht nicht auf dem Hof erschien. Offensichtlich gab es einzelne ge-rissene Stellenbewerber, die sich mit einem falschen Versprechen ein währschaftes Mittagessen zu erschleichen wussten. [IMG 3]
Saisonniers aus Italien
Wenn die Arbeit und die Beziehung zum Landwirt und zu den anderen Dienstboten stimmig war, konnten auch lebenslange Beschäftigungsverhältnisse entstehen. Die ab den 1950er-Jahren vermehrt an die Stelle der weniger werdenden einheimischen Dienstboten tretenden ausländischen Landwirtschafts-Saisonniers kamen zuerst aus Italien, dann vor allem aus Spanien, später aus Portugal, Marokko, Tunesien oder Jugoslawien.
«Dienstboten und landwirtschaftliche Arbeiter haben an jedem zweiten Sonntag mindestens vier freie Stunden zugut ...», so sah es die Regelung im Kanton Luzern in den 1920er-Jahren vor. Dass da kaum zwischenmenschliche Beziehungen fern vom Hof möglich waren, liegt auf der Hand. Auch die langen Arbeitszeiten machten es Dienstboten unmöglich, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Arbeitstage von bis zu 12 Stunden oder mehr waren die Regel. Knechte und Mägde hatten unverheiratet zu sein: Im Falle einer Heirat mussten sie ihre Dienstbotenstelle aufgeben und sich als Taglöhner verdingen – sofern es ihnen nicht gelang, ein Kleinbauerndasein zu beginnen. Knechte- und Mägdekammern im Bauernhaus waren unbeheizt, oben unter dem Dach. Die Arbeit war meist hart und beschwerlich. Hitzige Grobheiten unter den Landarbeitern waren an der Tagesordnung, in welcher meist auch der Schnaps einen festen Platz hatte. Die gesundheitliche Schädigung durch das reichliche Bätziwasser war den Beschäftigten lange nicht bewusst: Gerade zu Arbeiten bei nasskaltem Wetter galt der «Härdöpfeler» als wohltuender und wärmender Treibstoff. [IMG 4]
Flucht in die Stadt
Kein Wunder, dass viele den Traum hegten, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit dem Landarbeiter- und Dienstboten-Dasein zu entfliehen – in die Stadt. Denn selbst ein öder Fabrikarbeiterjob war besser bezahlt. Und er ermöglichte ein Privatleben nach Feierabend und allenfalls eine Familiengründung.
Der heutige Bauer als Multitasker
Und die Meister heute auf ihrem grossen Hof? Sie sind zu Allroundern und richtigen Multitaskern geworden, können oder müssen mit mechanischer und elektronischer Hilfe zwei oder mehr Tätigkeiten gleichzeitig ausführen. So schaffen sie es nun zum Beispiel spielend, vom Heukran aus per Handy die Geburt eines Kalbes zu überwachen und den Maschineneinsatz des Lohnunternehmers zu organisieren.