Schon seit bald 25 Jahren gibt es am Samstag-Biomarkt auf dem Helvetiaplatz in der Stadt Luzern Backwaren aus Urdinkel zu kaufen. Von der Entlebucher Bauernfamilie Felder aus Romoos. Auf ihrem Betrieb in der Bergzone II wird zwar kein Dinkel angebaut, das Mehl werde von der Ostschweizer Biomühle Lehmann zugekauft, erklärt Tochter Sonja Felder. Sie hat das Märt-Geschäft Anfang Jahr von ihren Eltern Pia und Toni Felder übernommen, seit ihrer Kindheit habe sie für den Markt mitgeholfen.

Sohn und Tochter im Betrieb

Den mit dem Pachtland 26 ha grossen Bauernhof mit rund einem Dutzend Mutterkühen, einigen Freiland_schweinen und rund 70 Legehennen führt schon seit 2017 ihr Bruder Felix mit seiner Familie. Die Eltern helfen aber weiterhin im Betrieb und für den Wochenmarkt mit.

Einen Hofladen betreiben Felders nicht, dafür sei der Hof Under Hetzlig zu abgelegen, erklärt Sonja. Sehr erfahrene Direktvermarkter sind Felders alleweil. Schon seit 1997 präsentieren sie ein seither gewachsenes Sortiment am Wochenmarkt, der ganzjährig wöchentlich stattfindet. Sie hätten eigentlich die Direktvermarktung gar nicht gesucht. «Wir wurden damals von verschiedenen Seiten auf den neuen Biomarkt auf dem Helvetiaplatz in Luzern aufmerksam gemacht.» So präsentierten sie damals im September zum ersten Mal Konfi, Brot, Gemüse, Eier, Sirup und Würste. «Wir wollten mal schauen, wie das ankommt», erzählt Pia Felder schmunzelnd.

«Gespräche mit Kunden sind sehr wichtig.»

Felders erfahren so am Wochenmarkt viel von den Wünschen der Käufer.

Auf Biomarkt seit 1997

Pia und Toni Felder kamen 1986 als Pächter nach Romoos auf den Betrieb «Hetzlig». 1997 konnten sie die Liegenschaft mit je 13 Hektaren Land und Wald kaufen. Mit dem Stallumbau stellten sie von der Kälbermast auf Mutterkuhhaltung um und bewirtschaften den Betrieb seither biologisch. «Der Grundgedanke der biologischen Landwirtschaft ist unserer eigenen Einstellung zur Natur am nächsten», begründet Toni Felder.

Zu Beginn wurde die Gemüseanbaufläche mit jedem Jahr grösser. Manche Ernten fielen durch die jährlichen Hagelunwetter am Napfgebiet spärlich aus. Die Anschaffung von Folientunnels und Tunnels mit Hagelnetzen sicherte die folgenden Ernten. «Die grösste Investition in einen neuen, zweckdienlichen Verarbeitungsraum um die Jahrtausendwende hat sich im Nachhinein mehr als gelohnt», resümiert Toni Felder. Der kleine Betrieb mit den begrenzten Verdienstmöglichkeiten und die Motivation, gemeinsam etwas aufzubauen, habe dann von der kleinen Idee zum heute bedeutenden Haupterwerb geführt.

Mit dem Wachstum im Garten und auf dem Markt wuchs auch die Zahl der Angestellten. Zuerst halfen die vier Kinder tatkräftig mit, dann die Mutter von Pia, Praktikant(innen), Lernende, Angestellte, Marktverkäufer(innen). «Ich hatte sehr hohe Ansprüche an mich und musste lernen, dass auch einmal etwas fehlen darf», bilanziert Pia Felder. Und Toni Felder erklärt: «Nach meinem Herzinfarkt 2018 mussten wir sorgfältig überlegen, wie wir unsere Kräfte einteilen. In der Folge haben wir den Anbau von Biogemüse sehr reduziert, das meiste wird zugekauft.»

Der Märt als Begegnungsort

Die Kunden am Markt Luzern würden es sehr schätzen, Bioprodukte zu kaufen. Felders beobachten, dass die Nachfrage dafür in den letzten Jahren stetig gestiegen ist. Pia Felder: «Wir produzieren liebevolle Einzelanfertigungen und keine Massenware.» Den sozialen und gesellschaftlichen Aspekt stufen sie als immer wichtiger ein: «Gespräche sind wesentlich, die Kontakte sind für beide Seiten wertvoll. Uns war es wichtig, Beziehungen zu leben und Spass beim Einkaufen zu vermitteln.»

«Das Loslassen fiel nicht so leicht.»

Das Märt-Geschäft führt Tochter Sonja von ihren Eltern Pia und Toni Felder.

Gefragte Dinkelprodukte

Dank Kundengesprächen seien sie auf Dinkelprodukte aufmerksam geworden, solche Backwaren gelten als bekömmlicher als jene aus Weizen. So startete Pia Felder in der im Jahr 2000 gebauten Backstube mit Produkten aus Urdinkel wie Brot, Zopf, Guetzli, Kuchen, Knöpfli aus zehn verschiedenen Teigen, die jeweils am Freitag vorbereitet würden, und in der Nacht auf Samstag werde gebacken. Urdinkel entspreche dem Trend, der Absatz sei in den ersten zehn Jahren rasant gestiegen, nun sei er eher konstant, erzählt Sonja Felder. Ihre Mutter biete auch Backkurse mit Urdinkel an. «Backwaren aus Weizen machen inzwischen nur mehr einen kleinen Teil aus.»

«Dass wir die Marktarbeit gesundheitlich so lange machen konnten, erfüllt uns mit grosser Dankbarkeit. Die vielen interessanten Begegnungen lassen die Entbehrungen vergessen. Das Loslassen fällt uns doch nicht so leicht und ist mit vielen Emotionen verbunden», bilanzieren die beiden etwas wehmütig. Toni Felder: «Unser Leben war der Markt, nun muss es neu definiert werden.» Um den Übergang etwas zu zelebrieren, sind Pia und Toni derzeit auf einer längeren Reise.

Auch nach der Übernahme durch Tochter Sonja hilft Toni Felder weiter, am Donnerstag und Freitag den Markt vorzubereiten und beim Aufstellen am Samstagmorgen. Er bleibt verantwortlich für die Tunnels. Pia Felder ist weiterhin für Beeren und Kräuter zuständig und wird in Teilzeit weiterarbeiten. Die beiden sind aber froh, dass sie die ganze immer aufwendigere Administration abgeben konnten.

Voll motiviert eingestiegen

«Seit der Kindheit bin ich regelmässig mit am Markt, er hat mein Leben geprägt», sagt Sonja Felder. Und weil ihr das Freude mache, habe sie sich nach Umwegen und externen beruflichen Tätigkeiten entschieden, das «Abenteuer Märt» anzupacken. Durch die langjährige Mitarbeit bei den Eltern seien alle Abläufe bekannt. «Als neue Chefin habe ich jetzt die Freiheit, Anpassungen vorzunehmen und Neues auszuprobieren.» Sie sei gespannt auf die unterschiedlichen Lernerfahrungen. Ihre angebotenen Produkte sollen dem Käufer und Geniesser guttun. Sie liebt es, wie bereits ihr Vater, Sprüche zu klopfen und anregende Verkaufsgespräche zu führen. «Es ist schön zu sehen, wie die Kunden mit einem Lächeln im Gesicht weitergehen – und wiederkommen», sagt sie.

IG Dinkel feiert und will weiter wachsen
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Dinkel oder «Chorn» war bis vor 100 Jahren das wichtigste Brotgetreide der Schweiz. Dann begann der Siegeszug des ertragreicheren Weizens. Heute liegt Dinkel aber wieder stärker im Trend, gilt als bekömmlicher, und wegen der wertvollen Inhaltsstoffe. Zur Bekanntheit beigetragen hat auch die IG Dinkel, welche letzte Woche in Alberswil das 30-Jahr-Jubiläum feierte.

Die IG hat 1996 die Marke Urdinkel geschaffen, im Marketing wird auf regionalen und ökologischen Genuss gesetzt und auf extensive Produktion. Für Urdinkel-Produkte dürfen nur die reinen Sorten Oberkulmer und Ostro verwendet werden, Züchtungen mit Weizen sind nicht erlaubt. Dinkel hat geringere Standortansprüche als Weizen und ist auch für raue, niederschlagsreiche und höhere Lagen bis 1400 m ü. M. geeignet, heisst es in den Anbauempfehlungen der IG Dinkel. Mittelschwere bis schwere tiefgründige Böden eignen sich besser, aber die Ansprüche an den Wasserhaushalt sind höher als bei Weizen. In der Fruchtfolge sollte Dinkel wie auch Weizen wegen der Anfälligkeit auf Fusskrankheiten nicht nach Getreide stehen. Meist wird deshalb nach Hackfrüchten im Oktober und November gesät, pfluglose Verfahren seien dann zu bevorzugen.

Schlecht aufgelaufene Bestände können bei Vegetationsbeginn gewalzt werden. Die mechanische Unkrautregulierung erfolgt durch Striegeln. Geerntet wird Ende Juli bis Ende August. Die Ertragserwartungen liegen bei 30 bis 50 dt/ha für Bio-, Extenso- und IP-Suisse-Anbau. Der Krankheitsdruck hat allerdings auch bei Dinkel zugenommen, die IG fördert deshalb die Züchtung von resistenten, klimafesten Sorten, welche den Herausforderungen des ökologischen Landbau standhalten, wie es in einer Medienmitteilung zum Jubiläum heisst. Die IG Dinkel sucht derzeit aufgrund guter Nachfrage weitere interessierte Produzenten für Anbauverträge. 

Weitere Informationen: www.urdinkel.ch