Es ist das zweite Adventswochenende. Um und in Basel hat es mehrere Tage geschneit und die Region in eine weisse Winterlandschaft verwandelt. Ein seltener Anblick, wo hier für einen Winter doch recht milde Temperaturen herrschen. Für all die Familien, die an diesem Wochenende durch den knirschenden Schnee zum Mathis-Hof in Bottmingen BL ­pilgern, mag es eine umso schönere Einstimmung auf die bevorstehende Weihnachtszeit sein.

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Es ist Christbaum-Event auf dem Mathis-Hof. Aufgeregte Kinder toben durch den Schnee, die Eltern schlendern mit Punsch und Schnaps von Baum zu Baum und mustern diese akribisch nach Grösse, Gestalt und was ihr eigener Geldbeutel hergeben mag, während im Hintergrund weihnachtliche Musik aus den Lautsprechern tönt. Ein weitaus grösseres Abenteuer bietet sich auf der 1,5 Hektar grossen Christbaum-Anlage, einem 20-Minuten-Spaziergang entfernt vom Hof – hier kann sich jeder seinen Baum aussuchen und selbstfällen. 

Umzug wegen Platzmangel

Die Familie Mathis betreibt seit 40 Jahren Landwirtschaft in Bottmingen. «Dazumal befand sich unser Hof noch im Dorf. 1996 entschlossen sich meine ­Eltern, den Betrieb wegen des beschränkten Platzes für die Milchviehhaltung ausserhalb des Dorfes zu platzieren», blickt Roman Mathis zurück. Er hat 2021 den Betrieb von seinem Vater übernommen. 

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Heute befindet sich der Mathis-Hof eingebettet zwischen Feldern und angrenzenden Wäldern – mit genügend Fläche für die Tierhaltung. Aber auch genügend Fläche, um Christbäume zu pflanzen. «Als meinem Vater klar wurde, dass ich und mein Bruder Samuel den Betrieb einmal übernehmen werden, entschied er sich, den Hof zu ver­grössern», ­erzählt der junge Betriebsleiter. Auf einem Bauernhof konzentriert sich die Arbeit auf die Zeit von Frühling bis Herbst. Die Christbäume seien somit eine gute Ergänzung, da sie mit anderen Betriebszweigen kombiniert werden können.

Aufwendige Christbaum-Produktion

Doch die Christbaum-Produk­tion startete anfänglich eher bescheiden. «Die ersten Bäume sind nach dem Anbau verdorrt, weil wir andere Dinge auf dem Hof priorisierten», stellt der 35-jährige Landwirt fest. Die Pflege ist aufwendiger, als man denkt. Mit dem Mähen und Bewässern war die Familie immer spät dran. Pflanzen im Herbst war kaum machbar, weil die Kürbisernte, die Haupteinnahmequelle der Familie, dann erfolgt. Daher musste Mathis anfänglich viele Ausfälle hinnehmen. 

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Um vor allem das Unkrautwachstum in den Griff zu bekommen, plant er, nächstes Jahr eine Methode zu testen, die auch in der Kürbisproduktion erfolgreich zum Einsatz kommt: Die Jungbäume sollen in Zukunft in Bändchengewebe gesetzt werden. «Die herbizidfreie Produktion ist allgemein nicht rentabel. Wir erhoffen uns mit dieser Methode zumindest Arbeitszeit einzusparen», erklärt der Landwirt. 

Von Supermärkten abheben

Mittlerweile ist die Produktion aber am Wachsen, auch seitdem Roman Mathis neben der Nordmanntanne, dem Verkaufsschlager unter den Weihnachtsbäumen, zusätzlich eher untypische Sorten anpflanzt: «Wir versuchen uns gegen Coop und Migros abzuheben. Zum einen sind wir immer eine Woche früher dran mit dem Christbaum-Verkauf und zum anderen findet man hier Bäume, die es im Supermarkt nicht gibt», sagt er stolz. Darunter beispielsweise die Serbische Fichte, Rotfichte, Koreatanne oder Blautanne. Auch andere Grössen sind zu finden, als sie es im Supermarkt gibt. Dennoch sei es nicht so einfach, gegen die grossen Player auf dem Markt anzukommen: «Das Preisniveau ist hier mittlerweile auf dem der Landi. So günstig können wir unsere Bäume nicht anbieten.» Auf dem ­Mathis-Hof kostet je nach Grösse und Sorte ein Baum zwischen 15 und 200 Franken.

«Wir wollen uns von den grossen Playern auf dem Markt abheben.»

Roman Mathis über seine grosse Vielfalt an unbekannten Christbaumsorten und -grössen.

Die Kund(innen) scheinen die einzigartige Auswahl auf dem Hof allerdings zu schätzen. Das zeigt sich, als wir kurz in unserem Gespräch unterbrochen werden und Mathis nach einer Küstentanne gefragt wird. «Hier haben Sie unsere letzte dieser Sorte», übergibt der Landwirt dem Kunden den Baum. «Diese Sorte entfaltet einen zitrusartigen Duft, sobald sie im warmen Raum steht. So etwas Einzigartiges lieben unsere Kunden und fragen natürlich jedes Jahr danach», erzählt der Produzent. Roman Mathis bedauert, dass er die Küstentanne aus dem Sortiment nehmen muss: «Der Nadelpilz macht Sorgen. Ich bin aber auf der Suche nach einer anderen Sorte, die ebenfalls nach Zitrone schmeckt.»

Verkauf von 1200 Bäumen  

Auf dem Mathis-Hof werden mittlerweile 1200 Christbäume pro Saison verkauft – davon 600 eigene und 600 Bäume, die jetzt noch von einem benachbarten Betrieb in Biel-Benken eingekauft werden. «Ziel ist es, den Einkauf auf Null zu reduzieren», wünscht sich Roman Mathis. Am Christbaum-Event wird die Hälfte der Bäume verkauft. 

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«Bei uns gibt es dieses Event schon seit 10 Jahren. Freunde und Verwandte sind uns eine grosse Hilfe dabei. Dafür gibt es dann immer ein feines Nachtessen und jeder darf einen Christbaum mitnehmen», schmunzelt der Landwirt. Früher boten Mathis an der Feuerschale mitten im Hof noch Klöpfer und Schlangenbrot zum Selberbrötle ihrer Kundschaft an. Für die Kinder war es dazumal ein grosses Ereignis. Während der Corona-Pandemie musste zur Sicherheit darauf verzichtet werden. «Wir wollen es aber in Zukunft wieder anbieten», verrät uns der Christbaum-Produzent. Auch das Fällen der Bäume wird von den Familien geschätzt. «Wir beraten sie gerne vor Ort und auch das Werkzeug stellen wir bereit.» Der Mathis-Hof soll ein «Bauernhof zum Anlangen» sein. Deshalb bietet die Familie neben dem Christbaum-Event und der Selbstpflück-Blumenanlage auch jedes Jahr das Maislabyrinth an. 

Ein Baum für jedermann

Während die Bäume auf dem Hof vom Schnee mehrheitlich geschützt sind, hat sich die Anlage der Familie in ein Wintermärchenland verwandelt. Schnee­bedeckt lässt sich nur schwer die Form und Sorte des Baumes erahnen. Den vielen Kunden scheint dies aber nichts aus­zumachen. Bewaffnet mit einer Säge machen sie sich an den Baum, der mindestens über Weihnachten, prächtig geschmückt, die Herzen der Familie erwärmen wird.

Betriebsspiegel Mathis-Hof
Name: Roman (35) und Adeline (25) Mathis mit zwei Söhnen (4 und 2); Samuel (36) und Evelyne (34) Mathis-Saladin mit zwei Söhnen (3 und 1,5)
Ort: Bottmingen BL
Produktionsform: IP-Suisse
LN: 35 ha, davon 4,5 ha Kürbisse (Haupt­betriebszweig), 1,5 ha Christbäume, 15 ha Mais/Getreide/Zwischenfrucht; 1,5 ha Blumen, Kräuter, Gemüse unter Folientunnel (Betriebszweige des Bruders Samuel Mathis)
Viehbestand: 16 Simmentaler-Mutterkühe, Kälber und 1 Limousin-Muni; 20 Freilandschweine; 100 Legehennen
Vermarktung: Direkt
Angestellte: 2 Festangestellte, Eltern (50 %), saisonale Erntehelfer