Es ist Feriensaison. Durch die malerischen Gassen im bündnerischen Guarda marschieren Wandergruppen, auf einer Terrasse eines Restaurants machen einige Motorradfahrer Mittagspause. Etwas versteckt, direkt hinter der Hauptgasse des Schellen-Ursli-Dorfs im Unterengadin, liegt der Landwirtschaftsbetrieb der Familie Viletta. Sohn Jan schaut nach einem Mutterschaf mit zwei Lämmern. Alle anderen Tiere sind derzeit auf Alpen in der Gegend. Die Mutterkühe sind im Val Tuoi, die Schafe werden im Val Tasna gesömmert. «Wenn das Vieh nicht da ist, fehlt etwas», stellt der 23-Jährige fest.
Am Wochenende zuhause
Jan Viletta schloss 2021 die Ausbildung zum Landwirt EFZ ab. Das dritte Lehrjahr hatte er auf dem Plantahof in Landquart absolviert, wo er heute festangestellt ist. Derzeit ist er hauptsächlich im Bereich Ackerbau tätig und übernimmt unter anderem auch Aufgaben in der Lehrlingsausbildung. Zudem hat er bereits die Weiterbildung zum Betriebsleiter angehängt, diejenige zum Meisterlandwirt ist auch bald abgeschlossen.
Unter der Woche lebt der Landwirt in Landquart, am Wochenende bei den Eltern in Guarda auf 1650 m ü M., wo er als Einzelkind aufgewachsen ist. «Der ständige Wechsel passt zum Lebensabschnitt», sagt er. Auf dem Plantahof gebe es viel zu erfahren und zu lernen. Zu Hause jedoch habe er seine Kollegen und könne sich auch mal zurückziehen.
Betriebsspiegel
Reto und Ulrika Viletta mit Sohn Jan
Ort: Guarda GR
LN: 45,5 ha
Vieh: rund 20 Mutterkühe, 75 Mutterschafe.
Fleischvermarktung: via Vianco (Natura Beef), Lammfleisch über den regionalen Schlachtviehmarkt.
Nebenerwerb: Vermietung zweier Ferienwohnungen.
Grössere Investitionen
Was die Zukunft anbelangt, hat Jan Viletta konkrete Pläne: Spätestens mit 30, also in etwa sieben Jahren, möchte er den elterlichen Biobetrieb übernehmen. Früher sei dies kaum möglich, da seine Eltern beide um die 50 sind und die Pensionierung daher noch länger nicht in Sicht ist.
Dass er wie sein Vater Landwirt werden wollte, weiss der Bauernsohn seit der Schulzeit an der Oberstufe. Damals habe er begonnen, die Eltern auf dem Betrieb intensiver zu unterstützen. «Dabei ist mir klar geworden, dass ich gerne mit Tieren und in der Natur arbeite», erzählt Jan Viletta.
Dereinst würde er gerne ein Projekt umsetzen: Im Rahmen seiner Weiterbildung hat er für den Heimbetrieb die Planung einer Biogasanlage erstellt. Diese würde auch das Dorf miteinbeziehen, so könnten etwa Privatpersonen und Gastrobetriebe ihre Rüstabfälle einspeisen. «Die Umsetzung der Anlage ist aber momentan aus finanziellen Gründen kein Thema», räumt Viletta ein. Auf den Betrieb warte in den nächsten Jahren eine Melioration, was ebenfalls mit grösseren Investitionen verbunden sei. Grundsätzlich seien seine Eltern jedoch sehr offen gegenüber der Biogasanlage. Er selbst habe nicht vor, den Elternbetrieb nach der Übergabe in einigen Jahren komplett umzukrempeln. Es seien einzig kleinere Aspekte, wie etwa bestimmte Abläufe, die er vielleicht anders machen würde. Möglich sei auch, dass er es später im kleinen Rahmen auch mit Ackerbau versuche.
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Gemeinsam aktiv
Seit zwei Jahren ist Jan Viletta bei den Junglandwirten Graubünden-Glarus. Den Vorteil dieser Gruppe sieht er vor allem im Austausch untereinander. Weiter sei dies für ihn auch eine Möglichkeit, einen Beitrag für die Landwirtschaft zu leisten. So habe er etwa im Vorfeld der Biodiversitäts-Initiative an einer Flyeraktion in Chur teilgenommen. «Es ging uns darum, die Bevölkerung über die landwirtschaftlichen Hintergründe aufzuklären», erzählt der Bündner. «Dabei gelang es, einige Stimmbürger zu überzeugen.» Es sei ein positives Beispiel dafür, dass man etwas bewirken kann, wenn man gemeinsam aktiv wird.
Viletta bekommt auch die Folgen des Klimawandels zu spüren. Die Wetterextreme hätten spürbar zugenommen, sowohl im Sommer als auch im Winter. «Zudem wird sichtbar, wie sich die Waldgrenze laufend nach oben verschiebt», sagt der Bergbauer, der Flächen bis in Höhen von 2200 m ü M. bewirtschaftet.
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Kommunikation ist wichtig
In einem Feriendorf wie Guarda sei die Kommunikation mit der nicht-bäuerlichen Bevölkerung besonders wichtig, so Viletta. Zum einen biete der Tourismus Vorteile, indem etwa Skigebiete oder Hallenbäder geboten würden. «Doch auf der anderen Seite wäre der Tourismus ohne die Landwirtschaft gar nicht möglich», betont der Engadiner. Als Beispiele nennt er die Produktion von Lebensmitteln und die Bestossung der Alpen als Massnahme zur Landschaftspflege. «Das zeigt mir, wie sinnvoll unser Beruf ist.»
Drei Fragen an Jan Viletta
Sind Sie als Landwirt eher ein Idealist oder ein Kalkulator?
Oft bin ich zunächst Feuer und Flamme für ein Projekt, dann beginne ich jedoch genauer hinzuschauen und Berechnungen anzustellen.
Welchen Beruf hätten Sie gewählt, wenn nicht Landwirt?
Landmaschinenmechaniker oder Forstwart. Sicher etwas mit Mechanik und Natur. Aber am liebsten bin ich Landwirt, da habe ich ausserdem mit Tieren zu tun – und der Beruf bringt viel Abwechslung.
Warum lohnt es sich, bei den Junglandwirten mitzumachen?
Vorteile sind die Chance, gemeinsam etwas zu bewirken und der Austausch untereinander. Dazu kommt, dass man darüber informiert ist, was läuft.