«Die Schwarznuss ist unser Familienprojekt.» Margrit Affolter aus Lobsigen im Berner Seeland ist sichtlich stolz, als sie dies erzählt. Kein Wunder, denn die Delikatesse Schwarznuss, produziert aus Baumnüssen, wird von drei Familien gemeinsam hergestellt. Die Generationengemeinschaft Affolter ist für die Nussproduktion zuständig, während Tochter Rebecca und Schwiegersohn Michael Engelhardt die Verarbeitung verantworten. Und nicht zuletzt packen viele Hände aus der Familie bei der Ernte und der Verarbeitung der Baumnüsse zu Schwarznüssen an. Auch Sohn Christian schätzt die Zusammenarbeit. «Es funktioniert gut, Vater und ich schauen zu den Bäumen, Engelhardts haben den Lead bei der Verarbeitung», bekräftigt er.

So werden Baumnüsse zu Schwarznüssen

Schwarznüsse sind unreif geerntete Nüsse, die eingekocht werden. Die Ernte erfolgt normalerweise um den längsten Tag herum. Heuer erfolgt die Ernte jedoch wetterbedingt etwa zwei Wochen später.

Die Nüsse werden grün vom Baum geholt, kurz bevor die Schale zu verholzen beginnt. Dieser Prozess beginnt innert zweier Tage, daher ist eine tägliche Kontrolle unerlässlich. Nach der Ernte wird jede Nuss mit einer feinen Nadel zehn- bis zwölfmal eingestochen. Dabei helfen viele Hände aus Familien- und Freundeskreis. Die Nüsse werden für zwei bis drei Wochen in Wasser eingelegt, das die Gerbsäure entzieht. Das Wasser wird täglich gewechselt. Da die Gerbsäure sehr aggressiv ist, ist das Tragen von Handschuhen nötig.

Die Geheimmischung macht den Geschmack aus
In einer grossen Gastro-Kipppfanne werden die Nüsse danach in Wasser aufgekocht, das Wasser wird anschliessend weggeschüttet. Danach wird ein Sirup aus Wasser, Zucker und einem Geheimrezept an Gewürzen gekocht. Der Sirup wird in Milchkannen abgefüllt, im Brunnen vorgekühlt und dann im Kühlanhänger über Nacht komplett durchgekühlt. Dieser Vorgang wird zweimal wiederholt. Am vierten Tag wird der Sirup mitsamt den Nüssen nochmals aufgekocht und beides heiss in Gläser abgefüllt.

Heuer herstellen, nächstes Jahr verkaufen

Die Nüsse werden zunächst ein Jahr lang kühl und dunkel gelagert und gewinnen dadurch an Geschmack, bevor sie verkauft werden

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Er wollte weg von den Kartoffeln

Zu den Nussbäumen kam die Familie im Jahr 2008. Vater Ueli war die Kartoffelproduktion verleidet. Er, der seine Böden nicht zu intensiv bewirtschaften will, suchte nach einer Alternative und fand sie in Baumnussbäumen. Direkt im französischen Grenoble holte er die Bäume als Ruten, da so viele hierzulande nicht erhältlich waren. Da an eine Ernte in den ersten fünf Jahren nicht zu denken war, blieb genug Zeit, sich darum zu kümmern, wie die Nüsse vermarktet werden sollen. Familie Affolter war es wichtig, die Wertschöpfung auf dem Betrieb zu halten.

Betriebsspiegel GG Affolter

Betriebsleiter: Ueli und Christian Affolter
Familie: Margrit Affolter, Vanessa Affolter und zwei Kinder
Mitarbeiter: Margrit ist Teilzeit angestellt, Freunde und Familie helfen während der Nussernte
Ort: Lobsigen BE
Fläche: 46 ha landw. Nutzfläche, ÖLN-, teilweise IP-Suisse-Richtlinien
Produkte: Weizen, Dinkel, Geste, Zuckerrüben, Raps, Silo- und Körnermais, Weide, Kunstwiese, 286 Baumnussbäume
Nebenerwerb: Christian arbeitet Teilzeit bei einem Lohnunternehmer
Schwarznuss: Ein Teil der Nüsse wird mit Tochter Rebecca und Schwiegersohn Michael Engelhardt zu Schwarznüssen verarbeitet und verkauft
Tiere: 20 Mutterkühe für Natura-Beef, Alp am Schwarzsee mit 28 Stössen, besetzt mit Fremdtieren

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Aller Anfang ist schwer

Schwiegersohn Michael Engelhardt, ein von Gault-Millau ausgezeichneter Koch, brachte dann die Idee Schwarznuss. Hierzulande unbekannt, kannte der aus der ehemaligen DDR stammende Deutsche das eingelegte Produkt. Was mit einem Versuch in zwei Pfannen begann, wurde stets weiterentwickelt, bis die Rezeptur zur heutigen Lobsiger Schwarznuss passte. Die Umsetzung erfolgt bis heute im Familienverbund.

Ein Grossteil der Nüsse wird selbst vermarktet

Im vergangenen Jahr erntete die Familie Affolter rund 500 Kilo Baumnüsse grün und machte daraus Lobsiger Schwarznuss. Das Einkommen daraus wird auf die drei Familien aufgeteilt. Weitere 1600 Kilo Baumnüsse wurden im Herbst geerntet. Davon kaufen Tochter und Schwiegersohn, die sich 2022 mit dem Geschäft (Ge-)Nuss-Boutique selbstständig gemacht haben, einen Teil ab. Unter diesem Namen werden weitere Produkte aus Baumnüssen angeboten, wie Nussöl und Pasta. Der Rest der Nüsse geht als Berner Nüsse in den Verkauf der Grossverteiler und in die Nussknackerei im bündnerischen Malans.

Aller Anfang beim Verkauf ist schwer

Eine Delikatesse zu vermarkten, die hierzulande unbekannt ist, ist nicht einfach. Ueli Affolter sagt dazu: «Der Beruf unseres Schwiegersohnes hat uns die Türen in die gehobenere Gastronomie geöffnet. So was ist nötig», weiss er. Denn die Schwarznuss sei kein Produkt, das im grossen Stil im dorfeigenen Lebensmittelladen verkauft werden könne. Heute kann die Lobsiger Schwarznuss über die Website bestellt oder in Spezialitätengeschäften und verschiedenen Käsereien gekauft werden.

Die Exklusivität des Produkts soll beibehalten werden

Nur im Grossverteiler sind die Schwarznüsse aus Lobsigen nicht zu finden. Und das soll auch so bleiben, ist sich die Familie einig. Christian Affolter meint: «Das wäre dann nicht mehr dasselbe.» Und Mutter Margrit ergänzt: «Das würde an Exklusivität einbüssen.» Also bleibt die Lobisger Schwarznuss, was sie ist, eine absolut regionale Delikatesse, die zu speziellen Anlässen serviert oder auch verschenkt werdenkann.

Dazu passen Schwarznüsse

Schwarznüsse können, dünn aufgeschnitten, vielseitig in der salzigen und süssen Küche eingesetzt werden, verrät Familie Affolter. Sie können Blattsalat oder Rotkohl bereichern, Käseplatten dekorieren, mit Frischkäse auf Crackern als Apéro gereicht werden, Begleiter zu Raclette oder Fondue sein oder auch Dessert verfeinern, in dem Nussscheiben und der Sirup etwa zu Vanilleglace serviert werden. Ungeöffnet sind sie mehrere Jahre haltbar. Nach dem Öffnen rasch verbrauchen, da keine Konservierungsstoffe enthalten sind. Die Nüsse mit einer Gabel und nicht den Fingern aus dem Glas nehmen.