«Dialekte faszinieren mich», sagt Gabi Werner. Wenn sie jemanden reden hört, versucht sie herauszufinden, woher die Person stammt. Bei der Bäuerin aus Merishausen, einem Dorf nördlich von Schaffhausen, wird man selbst hellhörig: Sie spricht zweifelsohne einen ostschweizerischen Dialekt, aber nicht rein schaffhauserisch. 

Jugendjahre im Baselland

«Ich bin im Kanton St. Gallen geboren und habe dort die Primarschule besucht. Meine Eltern sprechen Toggenburger und Märchler (SZ) Dialekt», stellt Gabi Werner lachend klar. Einen Grossteil ihrer Jugendjahre habe sie allerdings im Kanton Basel-Landschaft verbracht. «Was man mir nur anhört, wenn ich mit Verwandten und Bekannten von dort spreche.» 

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Aufgewachsen ist die Bauerntochter auf einem Milchwirtschaftsbetrieb, den ihre Eltern gepachtet hatten, bevor die Familie im Baselbiet einen Obstbaubetrieb erwerben konnte. Nach der Schulzeit absolvierte sie eine KV-Lehre und war jahrelang bei einer Bank tätig. «Dennoch blieb ich mit der Landwirtschaft verbunden, war schweizweit bei der Landjugend aktiv und besuchte die Bäuerinnenschule am Wallierhof», erzählt Gabi Werner. Nachdem sie ihren zukünftigen Mann Max Werner kennengelernt hatte, zog sie zu ihm nach Merishausen. Das war vor fast 30 Jahren. Die Mutter von vier Kindern im Alter von 19 bis 25 Jahren ist im Dorf längstens fest verankert. Wortwörtlich im Dorf: Vor 22 Jahren übernahm die Familie den Landwirtschaftsbetrieb der Schwiegereltern, der mitten in Merishausen gelegen ist. 

Schulkinder auf dem Hof

Der Hauptbetriebszweig ist die Milchwirtschaft mit rund 45 Kühen, hauptsächlich der Rasse Holstein, einigen Aufzuchtrindern sowie Ackerbau. Das gelegentliche Bimmeln der Kuhglocken, der Duft nach Mist und das Krähen der beiden Hähne bekommt also auch die unmittelbar umliegende Dorfbevölkerung mit. Dazu gehören Seniorenwohnungen gleich nebenan. «Dass sich Nachbarn an den Emissionen stören, komme vor, wenn auch eher selten», stellt Gabi Werner fest. Gerade die älteren Bewohnerinnen und Bewohner hätten oftmals noch eine direkte Verbindung zur Landwirtschaft.

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Dennoch: Die kritische Haltung der Bevölkerung gegenüber den Bauern, die sich hierzulande immer wieder bemerkbar macht, bekommt auch die Schaffhausenerin zu spüren. Daher sieht sie die Öffentlichkeitsarbeit als eine wichtige Arbeit. Zum Beispiel, indem sie im Rahmen des Projektes «Schule auf dem Bauernhof» tätig ist und dazu Schulklassen auf den Hof einlädt. Dabei erlebt sie manchmal, dass die Kinder mit ihren Eltern wieder kommen, um den Melkroboter zu bestaunen oder die Tiere zu besuchen, wie beispielsweise die Kälber-WG im Gruppeniglu. 

Milch direkt vom Tank

Zudem ist Gabi Werner jeweils einen Vormittag pro Woche auf dem «Schafuuser Puure Märkt» tätig. Dort unterstützt sie eine junge Landwirtin und Direktvermarkterin – einst die erste Lernende bei Werners – beim Verkauf derer Produkte. «Auch in dieser Funktion kann ich etwas zu einer realistischen Vorstellung der Bevölkerung von der Landwirtschaft beitragen», sagt die 54-Jährige. 

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Daheim hat sie selbst einen Hofladen, das «Keller-Lädeli». In dem Verkaufslokal im Erdgeschoss des Wohnhauses bietet sie unter anderem Eier, Mehl und Most vom eigenen Betrieb an. Auch können die Kunden morgens und abends Milch direkt vom Tank beziehen. Ausserdem backt die vielseitige Bäuerin jeden letzten Freitag pro Monat Brot. «Bevor es wieder so weit ist, erinnere ich mein Kontaktnetz via WhatsApp daran.» Das gelegentliche Backen mache ihr Spass, wie sie sagt. 

Den «Karren» überlässt sie anderen

Abo Präsidentin der Zürcher Landfrauen Susanne Fuster lebt und arbeitet über dem Nebelmeer Wednesday, 20. November 2024 Auf dem Betrieb springt Gabi Werner ein, wo sie gerade gefragt ist. Etwa bei den Tieren im Stall und für saisonale Arbeiten auf dem Feld oder Heukran. Nur auf den «Karren» (Traktor) bringe man sie nicht, das überlasse sie anderen. Ihre Hauptaufgabe auf dem Betrieb ist eine andere: «Am meisten liegen mir die Zahlen», verrät die Kauffrau. Sie kümmert sich um Buchhaltung, Administration und alles Organisatorische. An einem Halbtag pro Woche macht sie zudem die Buchhaltung und die Ver­waltung für eine kleine Immobilienfirma.

Dass sie gern und gut organisiert, konnte sie auch andernorts unter Beweis stellen: Während 15 Jahren war Gabi Werner Präsidentin des lokalen Landfrauenvereins, zuvor amtierte sie auf kantonaler Ebene jahrelang im Vorstand der Schaffhauser Landfrauen

Auch wenn sie nicht mehr aktiv im Vereinsgeschehen tätig ist, fühlt sie sich weiterhin mit den Landfrauen verbunden und ist im Dorf wie auch darüber hinaus gut vernetzt. So wurde Gabi Werner vor Kurzem angefragt, ob sie sich im OK des kantonalen Musiktages engagieren würde, der im nächsten Jahr in Merishausen stattfindet. Sie sagte Ja und ist bereits wieder am Wirken.

Fünf Fragen an Gabi Werner
 
Sind Sie ein Morgen- oder ein Nachtmensch? 
Ich bin oft spätabends noch wach und definitiv keine Frühaufsteherin.

Welches ist Ihre aktuelle Lektüre? 
«Lückenbüsser» aus der Serie «Kluftinger ermittelt»

Ihr Lieblingsmusiker? 
Trauffer

Was sind für Sie Traumferien? 
Auf einem Rheinschiff nach Holland fahren.

Welches sind Ihre Lieblingstiere? 
Unsere Kälbli.