"Wir wollen die moderne Technik nutzen", sagt Andreas Hofstetter, Geschäftsführer bei der Aargauer Stiftung Wildtiere und Projektleiter für den Einsatz von Drohnen. Die Rettung von Rehkitzen sollte in der Verantwortung der Jäger bleiben und nicht irgendwelchen Hobby-Drohnenpiloten überlassen werden, findet Hofstetter.
Schulung der Jäger
Mit diesen Fluggeräten, ausgerüstet mit Wärmebildkameras, sollen künftig Rehkitze in Aargauer Wiesen aufgespürt werden. Dazu wurden in einem Pilotprojekt drei Drohnen angeschafft, finanziert von der Stiftung. Kostenpunkt für das gesamte System: je 5700 Franken. Dazu gehören Drohne, Wärmebildkamera, Koffer, Ersatzbatterien, Ladegeräte, Bildschirme, Fernbedienung.
15 Jäger aus verschiedenen Jagdgesellschaften wurden zu Drohnenpiloten ausgebildet, mit Zertifikat, wie Andreas Hofstetter betont. Durchgeführt wurden die Kurse vom Verein Rehkitzrettung Schweiz, der das inzwischen bewährte Drohnenpaket vertreibt und schweizweit Ausbildungen für den praktischen Einsatz anbietet. «Die Piloten sind auch mit Westen gekennzeichnet», betont Hofstetter. Datenschutz, Kenntnis der Vorschriften und weiteres theoretisches Wissen seien neben der praktischen Flugschulung ebenso wichtig.
Frühmorgens fliegen
In den letzten Jahren hätten so 394 Rehkitze vor dem Mähtod bewahrt werden können, schreibt der Verein Rehkitzrettung Schweiz auf seiner Internetseite. Tausende von Kitzen fallen jährlich Mähmaschinen zum Opfer, wird geschätzt. Drohnen seien die sicherste Methode, um Rehkitze zu retten.
Das Interesse der Jägerschaft am Einsatz von solchen Drohnen steigt, auch in andern Kantonen werden Kurse angeboten und Fluggeräte angeschafft. So dieses Jahr erstmals im Jagdrevier Meggen bei Luzern. Ein Privatsponsor habe ein Gerät zur Verfügung gestellt, vier Jäger hätten die Ausbildung absolviert, sagt Jagdleiter Dominik von Ah. Bereits wurden alle Bauern angeschrieben, rechtzeitig vor dem Mähen ihre Felder zu melden. Und zwar am Vortag, damit das Gebiet frühmorgens abgeflogen werden könne. Mit den bisherigen Massnahmen zur Vergrämung oder Verblendung habe man nur teilweisen Erfolg gehabt, zudem sei dies sehr zeitaufwendig. Eine Heuwiese am Waldrand sei in wenigen Minuten abgeflogen, müsste diese durch Personen abgesucht werden, bräuchte das mehrere Stunden, sagt von Ah. "Die Methode mit Drohnen ist sehr erfolgreich und effizient."
Vergrämung nicht ersetzbar
Drohnen würden aber keineswegs die bisherigen Massnahmen zur Rehkitzrettung ersetzen, betont Thomas Laube, Vizepräsident von Jagd Aargau. "Das ist ein Ansatz, nicht die Lösung. Die heutige jahrzehntelang bewährte Vergrämung mit Licht, farbigen Bändern oder akustischen Signalen wird noch lange nötig sein." Allein in seinem rund 1000 ha grossen Revier Lenzburg seien an mehreren Abenden drei bis vier Teams im Einsatz mit Verblenden, das heisst Aufstellen von Scheuchen. Würden Drohnen zum Suchen eingesetzt, bräuchte das allein im Revier wohl schon drei Stück, in allen rund 170 Aargauer Revieren wären es wohl 500 bis 600 Drohnen, schätzt Laube. Es sei gar nicht möglich, so viele Geräte zeitgleich einzusetzen, wenn 2000 Aargauer Bauern gleichzeitig nach Ablauf des «Bundesheu-Termins» Mitte Juni mit dem Mähen der Extensivwiesen beginnen.
Bauern sensibilisieren
Von der neuen Technik ist Thomas Laube allerdings fasziniert, und auch viele Bauern seien begeistert. Die Digitalisierung und GPS-basierte Erfassung der Felder ermögliche es den Bauern, den Drohnenpiloten die Felddaten und Mähtermine online zu übermitteln. Jagd Aargau und die Stiftung Wildtiere wollen nun mit dem Pilotprojekt Erfahrungen sammeln und danach über weitere Anschaffungen entscheiden. Die Finanzierung sei noch offen.
Auch Projektleiter Andreas Hofstetter, selber seit 35 Jahren Jäger, ist von den neuen technischen Möglichkeiten überzeugt, bleibt aber auch realistisch, was die Bedeutung der bisherigen Massnahmen anbelangt. Entscheidend sei eine gute Zusammenarbeit zwischen Jägern und Bauern, auch beim Einsatz von Drohnen.
Wildschweine aufspüren
Der Bauernverband Aargau unterstütze den Einsatz dieser neuen Technik, betont Geschäftsführer Ralf Bucher. Schon seit Jahren lancieren die Aargauer Stiftung Wildtiere und der Bauernverband gemeinsam den Einsatz der Jäger zur Rettung von Rehkitzen.
Für Ralf Bucher soll aber ein Drohneneinsatz nicht auf Wildtierrettung beschränkt bleiben. Er sieht grosses Potenzial für das Aufspüren von Wildschweinen, um diese besser abschiessen zu können. Zumal der Bestand und die Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen vor allem im Aargau nach wie vor sehr hoch seien.