Wenn auf einer Wiese die kreisrunden Erdhaufen überhandnahmen, wurde früher jeweils der Ruf nach dem Feldmauser laut. Nur er war in der Lage, zeitnah die zerstörerische Invasion auf Grasland und Pflanzplätzen zu stoppen. Das tödliche Equipment des Mausers, um den Wühlern und Nagern den Garaus zu machen: Mausefallen aus dickem Stahldraht – mit einer herkulesstarken Feder ausgerüstet. So ein ambulant angestellter Jäger fing die Mäuse und Maulwürfe und erhielt von den Bauern ein Entgelt dafür.
Geachtete Feldmauser
Die «Heidi»-Autorin Johanna Spyri schilderte in ihrem Buch «Aus unserem Lande» von 1880 den Feldmauser als allerseits geachteten Berufsmann, dessen Aufgabe es war, «den Bauern die Mäuse auf den Feldern zu fangen und zu vertilgen». Auch Joseph Joachim, der schriftstellernde Landwirt in Kestenholz SO, erwähnte im Jahr 1888 den Feldmauser. Er sei im Bauerndorf sehr geschätzt gewesen, von der Dorfgemeinde aber eher karg besoldet, etwa so wie der Schulmeister.
Das «Historische Lexikon der Schweiz» meinte zu dem Beruf: «Es handelt sich dabei um eine einfache manuelle Tätigkeit, die dennoch spezifische Kenntnisse über die Lebensweise der verschiedenen Mäusearten und des Maulwurfs verlangt.» Als ich fünf Jahre zählte, schien mir der Beruf des Mausers spannend und attraktiv. Ich erkundigte mich bei Bütler Sepp, ob ich das wohl auch könnte. Er schüttelte den Kopf und wies mit dem Kinn auf den bei uns sitzenden Hofkater. Der war ebenfalls als erfolgreicher Mäusejäger bekannt. «Siehst du seine Schnurrbarthaare? Und meine?» Er zeigte auf seinen Schnauz. «Den braucht es, um Mäuse zu fangen!»
Assistent beim Mäusefang
Nun, Erwachsenen war damals zu glauben. Erst später realisierte ich, dass ich da brandschwarz angeschwindelt worden war. Immerhin: Als Assistent beim Mäusefang konnte ich mich bereits betätigen. Es galt, in der Nähe der Erdhaufen eine weiche Stelle zu finden. Die verriet, dass da unter der Grassode ein Gang durchführte. Diese Mäusepassage war nun ein Stück weit freizulegen. Dann konnte die Falle in den Gang installiert werden. Eine Drahtfalle erfordert zum Spannen Kraft und Fingerspitzengefühl. Die Fangarme der Drahtfalle, in der Mitte überkreuzt, gingen beim Zusammendrücken in der vorderen Hälfte scherenartig auseinander. Vorsichtig war nun das Drahtringlein dazwischen zu klemmen. Passierte die Wühlmaus später diesen Gangabschnitt, touchierte sie den Auslösering und die Arme der Drahtfalle schlugen zu: Genickbruch, Exitus.
Als Bravour-Stück im Feldmauser-Beruf galt der Fang der Schermaus mit ihrem samtig-schwarzem Pelz. Denn ein Maulwurf mag zwar fast blind sein, er hat aber ein feinstes Sensorium für das Geschehen im Untergrund. Im Gegensatz zu den Feldmäusen kann er Fallen wittern und reagiert meist mit «Verstossen», löste die Falle also mit vor sich hergeschobener Erde aus.
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Aus in den 1960er-Jahren
Nicht auszuschliessen war, dass hin und wieder auch mal ein Mauswiesel oder ein «Härmli», das eigentlich selbst auf Mäusejagd in den Gängen war, in die Falle geriet und Opfer wurde. Oft stellte ein tüchtiger Feldmauser an einem Tag hundert und mehr Drahtfallen. Um diese am Abend alle wiederzufinden, war es erforderlich, jede mit einer Rute zu markieren. Die Rute wurde durch den Federring der Falle in die Erde gestossen, damit sie nicht von einer nur mit einem Fuss in die Falle geratenen Maus unwiederbringlich in die Tiefen des Erdreichs gezogen wurde.
In der Sendung «Antenne» vom 9. August 1967 verkündete das Schweizer Fernsehen bereits das Ende der hauptberuflichen Feldmauser-Existenz in der Schweiz. Es begleitete noch einen Tag lang Hans Salvisberg aus Köniz BE, der damals schon 45 Jahre diesem Erwerb nachgegangen war. In nostalgischen Bildern wurde gezeigt, wie er als letzter vollamtlicher Mäusejäger die Felder in der Region um Niederscherli, Gasel, Schliern und Liebewil von den Wühlern befreite. Einen Nachfolger gäbe es nicht, erwähnte Salvisberg. Und bei den ausbezahlten Vergütungen pro erlegter Maus, die er nannte, schien das den Zuschauern auch nicht weiter verwunderlich. «Früher 60 Rappen pro Stück, jetzt 70» würden am Abend ausbezahlt.
Einen falschen Gang
Salvisberg sondierte mit der Stahlspitze seines Stocks nach Mäusegängen im Boden. Erspürte er einen, öffnete er die Humussode und legte meist mit seinem Messer einen Abzweiger an, einen «falschen Gang», in den eine seiner Drahtfalle perfekt passte, und er spannte sie. Wenn die eifrige graue Maus dann kam und das Drahtringlein berührte, «chlepft si zue», war zu erfahren.
Der schwarzen Schermaus gestand der Mauser im Prinzip noch eine gewisse Nützlichkeit zu, weil sie Engerlinge und Schnecken vertilge – obwohl auch sie grosse Erdhaufen ausstiesse. Aber «d Fäudmus schaffet am viuschte», kreidete Hans der grauen Maus an: Sie täte alle Löwenzahnwurzeln abfressen.
Zum Autor
Karl Horat, Jahrgang 1953, wuchs auf einem Bauernhof im Rischberg unterhalb der Seebodenalp im Kanton Schwyz auf. Jetzt im Ruhestand, nach Jahren in der Projektentwicklung von landwirtschaftlichen Bauten, dokumentiert er gerne Lebensumstände von Menschen vergangener Epochen in Wort und Bild. Auch für die BauernZeitung.
Eine kommt selten allein
Warum sind die Landwirte mit Grasland den Feldmäusen – und der Schermaus – so spinnefeind? Nicht in erster Linie, weil sie Erträge mindern. Verheerender ist der Ausstoss von Erde aus neu gegrabenen unterirdischen Gängen, welcher kiloweise an die Oberfläche befördert wird. Schon zu Zeiten des Mähens mit der Sense waren ein Reinhauen in einen Mäusehaufen für das Sensenblatt fatal. Für den Mähbalken eines Motormähers waren die Folgen dann noch schlimmer. Und wenn solche Erdhaufen in den Grünfutter-Silo gelangen, entwickelt sich eine Fehlgärung.
Die Lebensdauer der grauen, leichtgewichtigen Wühler ist relativ kurz. Aber die Gattung Feldmaus ist auf eine schnelle und häufige Vermehrung ausgelegt, um ihre Art zu erhalten. Die weiblichen Feldmäuse werden schon im Alter von zwei Wochen geschlechtsreif. Nach einer Tragzeit von lediglich drei Wochen werden im Nest des Wohnkessels unter der Erde bis zu einem Dutzend Jungmäuse geboren. Und die nächsten Generationen folgen innert Wochen. Zyklische Massenvermehrungen kommen periodisch alle paar Jahre vor. In solchen Jahren konnten schon mehr als tausend Exemplare pro Hektare festgestellt werden. Massenhafte Vorkommen sind schon aus früheren Jahrhunderten verbürgt. Anhand der abgelieferten Mäuseschwänze lassen sich in Solothurner Rechnungsbüchern von 1538 bis 1643 alle vier bis neun Jahre Vermehrungsspitzen nachweisen.