Der Vierwaldstättersee und der Pilatus liegen einem zu Füssen, im Rücken die majestätische Rigi. Die Lage vom Hof Stadelmatt in Küssnacht ist sehr eindrücklich. «Ja, wir sind mit unserem Panorama schon sehr privilegiert. Wir wohnen da, wo andere Ferien machen», erklärt Gastgeberin Carmen Gisler nicht ohne Stolz. Und Ferien machen auf dem Hof der Familie Gisler aktuell richtig viele Leute. Seit mehr als einem Jahr bieten sie während der wärmeren Jahreshälfte etwas oberhalb von Küssnacht unkonventionelle Unterkunftsmöglichkeiten an, welche fast immer ausgebucht sind. «Wir stellten unser Übernachtungsangebot im April 2023 auf Airbnb, ab Mai waren wir fast täglich besetzt», erzählt Pirmin Gisler.
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Kein klassischer Landwirtschaftsbetrieb
Der 37-Jährige ist auf seinem elterlichen Betrieb Stadelmatt aufgewachsen. Auf dem Hof half er bei anstehenden Arbeiten stets mit, ging aber nicht selbst in die Landwirtschaft, sondern machte eine KV-Ausbildung. Der traditionelle Milchwirtschaftsbetrieb und spätere Mutterkuhbetrieb wurde von seinem Bruder geführt. Als dieser vor sechs Jahren nach einem schweren Schicksalsschlag verstarb, wurden die Flächen von Nachbarbetrieben bewirtschaftet. «Mir wurde in dieser Phase immer bewusster, wie privilegiert wir auf unserem Hof sind. Allerdings war klar, dass für mich das Führen eines klassischen Landwirtschaftsbetriebs mit Kühen nicht infrage kam.»
Gäste machen Werbung auf den Sozialen Medien
Vor drei Jahren beschlossen Carmen und Pirmin Gisler, gemeinsam den Hof weiterzuführen. Auf dem sechs Hektaren grossen Betrieb kann man heute Alpakas, Zwergziegen, Hühner und Bienen beobachten. Ebenfalls stehen mehrere Hochstammbäume auf dem Hof. Die Bewirtschaftung mit den Mutterkühen wurde Ende Oktober 2023 aufgegeben. Das junge Paar erkannte das grosse Potenzial ihres Betriebes im Bereich Agrotourismus und startete im Frühling 2023 mit einem exklusiven «Lotus Belle»-Zelt und einladenden Campingfässern. «Wir rechneten beim Start mit einer Auslastung von 30 Prozent. Dass unser Angebot so stark nachgefragt wird und wir fast immer ausgebucht sind, überraschte uns schon sehr», blickt Pirmin Gisler zurück. Auf das Jahr 2024 wurde das Angebot leicht erweitert, sodass heute pro Nacht rund 20 Personen auf dem Hof übernachten können. Das Angebot sei auf die Monate April bis Oktober beschränkt, alle Objekte würden über die Wintermonate wieder eingelagert, erklärt Gisler: «Die Zelte werden abgebaut und die mit Rädern ausgestatteten Campingfässer unter Dach gestellt.»
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Familie Trekking-Touren mit Alpakas
Gleich unterhalb der temporären Unterkunftsangebote weidet idyllisch die Alpaka-Herde. Mit dieser bietet die Familie Trekking-Touren an, rund 50-mal jährlich sind sie unterwegs. Die Alpakas sind aber auch aus einem weiteren Grund für den Hof wichtig. Der Besuch und ein Selfie mit diesen sympathischen Tieren steht bei vielen Gästen auf der To-do-Liste und wird auf den sozialen Medien entsprechend häufig gepostet. «Es ist schon extrem, wie schnell und einfach über soziale Medien Informationen verbreitet und so kostenlos Werbung gemacht werden kann», erklärt die 35-jährige Carmen Gisler. Das Gastgeberpaar nutzt diese Möglichkeit auch selbst, indem sie passende Bilder hochladen. Wichtig seien aber auch die positiven Beiträge der Gäste, die auf eine enorme Resonanz stossen würden. Absolut entscheidend seien die Bewertungen auf der Online-Plattform Airbnb. Das Gastgeberpaar hat auf dieser mit ihrem Angebot mittlerweile über 500 Bewertungen, mit 4,97 von 5 Punkten können sie einen absoluten Topwert vorweisen. Die einzelnen Rezensionen lesen sich besser als jeder Hochglanz-Reiseprospekt. «Wir Schweizer sind uns vielfach gar nicht bewusst, in was für einem Paradies wir leben. Die Gäste sind von der Schönheit unseres Landes vielfach richtiggehend geflasht», so Pirmin Gisler.
Mit kleinen Details punkten
Bei der Einrichtung wird laufend optimiert. «Uns ist es wichtig, ein Angebot bieten zu können, wo wir uns selber sehr wohlfühlen würden. Zudem sollen die Objekte optisch in die Natur passen», erklärt das Betriebsleiterpaar. Dabei seien einerseits Freundlichkeit, tadellose Sanitäranlagen und sehr saubere Unterkünfte entscheidend, andererseits könne man auch oftmals mit kleinen Details punkten. Weitere Pluspunkte seien, dass der Hof bequem mit dem ÖV erreichbar sei und Küssnacht ein vielfältiges touristisches Angebot biete. Der Seilpark Küssnacht und das dazugehörende Restaurant Alpenhof sind in nur zehn Minuten zu Fuss erreichbar. Auch touristische Hotspots wie Luzern, der Pilatus, die Rigi und der auf Social Media enorm bekannte Gratweg auf dem Stoos seien nah. «Viele Gäste bereuen es angesichts des grossen Angebots, dass sie nicht länger gebucht haben», sagt Carmen Gisler.
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Kaum Schweizer Gäste
Ein wichtiges Argument für einen Besuch ihres Hofes sei auch, dass sich das Angebot inmitten von idyllischen Bauernhöfen befinde. «Grasgrüne Wiesen, weidende Kühe oder Chriesi frisch ab Baum sind für uns Schweizer alltäglich. Für Menschen aus dem arabischen Raum oder Indien sind dies sehr aussergewöhnliche Erlebnisse», erklärt Carmen Gisler.
Schweizer Gäste hätten sie nur wenige. Diese würden es bevorzugen, kurzfristig zu buchen, und dann sei halt schon meist alles ausgebucht. 20 Prozent der Gäste kommen aus dem EU-Raum, der Rest aus allen Ecken der Welt. Die riesige Vielfalt an Gästen mache die Arbeit spannend. Klar seien gewisse Kulturen mit ihren Eigenheiten auch gewöhnungsbedürftig, erklärt Pirmin Gisler. «Aber grundsätzlich haben wir fast nur liebenswürdige und freundliche Gäste.»
Lange Präsenzzeiten, aber viele Freiheiten
Pirmin Gisler arbeitet mittlerweile 100 Prozent auf dem Betrieb, Carmen Gisler wird ihr Pensum bei einer Bank demnächst reduzieren. Die Gästebetreuung sei zwar dank des Buchungssystems über Airbnb relativ einfach und effizient, die Präsenzzeiten sind aber dennoch hoch. Von 6.30Uhr bis um 22Uhr versuchen sie erreichbar zu sein, kurze Ausflüge in die Badi oder ein Spaziergang können die beiden aber in dieser Zeit problemlos machen. Fix ist die Zeit des Gästewechsels von 11 bis 14Uhr, in der alle Unterkünfte und Anlagen gereinigt werden.
Draussen zu arbeiten, die eigene Kreativität umsetzen zu können und der vielseitige Alltag gefallen dem Paar: «Bis vor wenigen Jahren arbeitete ich noch ausschliesslich im Büro, heute fällt mir nach einer Stunde vor dem PC schon fast die Decke auf den Kopf», so Pirmin Gisler lachend.