«Als ich erfuhr, dass meine Hennen in die Biogasanlage kommen, musste ich etwas unternehmen», erzählt Thomas Stalder am Telefon. Vor einem Jahr stallte er auf seinem Betrieb die erste 2000er-Legehennenherde ein. Im April werden diese Hennen nun ausgestallt. Während Biolegehennen immer geschlachtet werden, kommen Herden von Umstellungs- und ÖLN-Betrieben teilweise auch in die Biogasanlage. Gerade um Ostern, wenn viele Herden ausgestallt werden, kommt es zu einem Überschuss.

Geringe Nachfrage

Dies hat zwei Gründe, erklärt Thomas Stalder: «Einerseits haben die Schlachthöfe nicht genug Kapazität. Hennen lassen sich aufgrund der geringen Grösse und Gewicht auch nicht einfach in einem Pouletschlachthof schlachten. Dafür braucht es spezielle Anlagen. Andererseits ist die Nachfrage bei den Konsumenten zu gering.» Auch wenn das Fleisch von ausgedienten ­Legehennen keinesfalls nur für die etwas zeitintensive Suppenhuhnzubereitung geeignet wäre. Es werden daraus beispielsweise auch Würste, Hamburger und Geschnetzeltes zubereitet. Kommt hinzu, dass die Grippesaison normalerweise um Ostern vorbei ist. Denn die Suppenhuhn-Zubereitung wird oftmals als gesunde Schonkost während der Grippe gemacht.

Die Hälfte wird Biogas

Koordiniert wird die Schlachtung oder eben die Verarbeitung zu Biogas schweizweit von der Genossenschaft Gallocircle. Diese Selbsthilfeorganisation der Schweizer Eierproduzenten hat die optimale Verwertung von Legehennen zum Ziel. Dabei steht an erster Stelle die Verwertung in der Lebensmittelkette. Verwaltungsratspräsident Willi Neuhauser erklärt gegenüber der BauernZeitung, dass aktuell etwa die Hälfte der Hennen im Lebensmittelkanal landet. Vor rund drei Jahren sei diese Quote noch bei 70 Prozent gewesen. «Die Verarbeitung der Hennen ist gegenüber dem Poulet relativ teuer und es fallen pro Tier nur rund 300 bis 400 Gramm Fleisch an», erklärt Neuhauser. Seit die Mastpoulets mit dem Roboter zerlegt werden können, sind dort die Kosten weiter gesunken, was die Suppenhühner weiter ins Abseits drängt. Aktuell fürchten sich die Produzenten vor einer verstärkten Schliessung der Grenzen. Der Grossteil der Legehennen wird nämlich grenznah in Deutschland geschlachtet. Wäre dies ausgerechnet um Ostern, wenn der grösste Teil der Legehennen ausgestallt wird, nicht möglich, würden wohl noch mehr Hennen als Biogas enden. Und Neuhauser betont: «Das möchte kein Legehennenhalter, es sind alle bemüht, ihre Tiere möglichst sinnvoll zu verwerten.» Deshalb werde auch intensiv daran gearbeitet, in Avenches einen Schlachthof für Legehennen zu erstellen, damit diese im Inland geschlachtet und verarbeitet werden können. Auch werde der Einsatz in der Tiernahrung geprüft, aber auch hier sei die Legehenne als Rohstoff sehr teuer.

Finanziell nicht lohnend

Thomas Stalder ergreift inzwischen Eigeninitiative, um zumindest einen Teil der Hennen selbst zu vermarkten. Gleichzeitig sieht er in seiner Aktion eine Chance, die Konsumenten zu sensibilisieren. Stalder hat deshalb auf Facebook einen Aufruf gestartet, bietet seine geschlachteten Hennen Ende April als Suppenhuhn, Würste, Hamburger oder Geschnetzeltes an und nimmt Bestellungen entgegen. Reich wird er dabei nicht. Seine Hennen will er in der regionalen Geflügelschlachterei Kopp schlachten und verarbeiten lassen. Das kostet ihn pro Tier sechs bis sieben Franken. So wird ein Kilogramm Fleisch je nach Fleischausbeute rund 20 bis 35 Franken kosten. Rechnet Stalder die anderen Kosten, wie Transport und seinen Aufwand, bleibt wohl unter dem Strich nichts übrig. Damit ist jedoch die sinnvolle Nutzung von rund fünf Legehennen garantiert. Eigentlich ein guter Grund, dass auch der Konsument nicht auf Franken und Rappen schauen sollte.

Sinn und Unsinn

Und gerade in Krisenzeiten und der Rückbesinnung vieler Konsumenten auf die Selbstversorgung, rennt Thomas Stalder mit seiner Aktion offene Türen ein. Neben zahlreichen Fleischbestellungen haben auch bereits einige der Hennen die Zusicherung für ein Leben B nach dem Ausstallen. Sie werden weiterziehen in neue Hühnerställe und dort weiterhin fleissig Eier legen. Denn eigentlich ist eine Legehenne nach einem Jahr legen keinesfalls am Ende ihres Lebens. Nur die Eiermenge und die Schalenqualität nimmt ab. Und auch dies hat in einem Markt, in dem es um jeden Rappen geht, keinen Platz. Vielleicht bräuchte es auch da ein Umdenken. So tragen Aufrufe wie der von Thomas Stalder dazu bei, Sinn und Unsinn der Agrarmärkte zu überdenken.Daniela Joder

Weitere Informationen: www.gallocircle.ch

 

Ein paar Zahlen

  • 2,7 Mio Legehennen werden in der Schweiz gehalten.
  • 11 276 Betriebe in der Schweiz halten Legehennen. Spitzenreiter ist der Kanton Bern mit 2670 Legehennenbetrieben.
  • 1511 Mio Hühnereier werden jährlich in der Schweiz verarbeitet.
  • 923 Mio Eier werden in der Schweiz gelegt.
  • 158 Mio Eier werden in der Schweiz nach den Biorichtlinien produziert, deren Marktanteil beträgt 17,2 Prozent.
  • 200 Mio Eier stammen aus Freilandhaltung.
  • 58 Prozent aller Schweizer Eier stammen aus Bodenhaltung.
  • 177 Eier isst der Durchschnittsschweizer jährlich.
  • 126 Schaleneier isst der Schweizer, der Rest in verarbeiteter Form.
  • 99 dieser Eier werden in der Schweiz produziert.
  • 62 Prozent Beträgt der Selbstversorgungsgrad.
  • 257 Mio Franken beträgt der Produktionswert aller Schweizer Eier.
  • 321 Mio Franken beträgt der Wert aller produzierten Poulets in der Schweiz.
  • 6,3 Prozent machen Eier und Geflügel am landwirtschaftlichen Produktionswert aller landwirtschaftlichen Güter aus.