Mit dem Gedanken, den Betrieb ihres Vaters zu übernehmen, damit dieser im Familienbesitz bliebe, hat Patrizia Schwegler nach der Maturität noch die Lehre zur Landwirtin absolviert. Zur Hofübernahme kam es damals jedoch nicht: «Ich empfand es mit 20 Jahren als zu schwierig», meint die zweifache Mutter. Der Hof wurde anderweitig verkauft.

Ausbildung und Lehrerin

Kurz nach dem Start der Lehre war für Patrizia Schwegler klar, dass sie auch anschliessend im Bereich der Landwirtschaft bleiben möchte. Es folgte ein Studium der Agrarwissenschaften an der ETH, Schwerpunkt Agrarwirtschaft. Während des Studiums folgten Zwischenstationen bei Agroscope und FiBL, später bei der Agridea.

Nach dem Studium startete Schwegler am LBBZ Schluechthof in Cham. Als weibliche Lehrperson habe sie sich bisher nie benachteiligt gefühlt: «Ich habe das Gefühl, es funktioniert sehr gut.» Sie achte darauf, abwechslungsreich zu unterrichten, und Wertschätzung brauche es in beide Richtungen, ist sie überzeugt.

Rundum-Beratung

Für Patrizia Schwegler ist klar, was sie während ihrer Zeit am LBBZ Schluechthof erreichen möchte: die Beratungen noch ganzheitlicher aufzugleisen. Bisher sind diese vorwiegend «technisch» und sehr punktuell. «Oft fallen während der Beratung weitere Punkte auf, die noch optimiert werden könnten.» Oder es seien Unsicherheiten der Partner oder des Partners vorhanden, allenfalls auch mit dem Wunsch, die Rollenverteilung nochmals anzuschauen, welche häufig noch klassisch sei. Wichtig sei auch, zu definieren, wie ein Paar miteinander arbeiten möchte, dass die Arbeitsteilung klar definiert sei.

Grundsätzlich gebe es zwei Möglichkeiten: Der Landwirt bestelle den Hof, die Frau arbeite auswärts. Wenn die Frau voll auf dem Betrieb mithelfe, sei es wichtig, dass die Entscheidung bewusst getroffen werde. Viele Frauen kämen auf die Höfe und hätten keinen Bezug zur Landwirtschaft. Gerade bei Hofübergaben spricht Schwegler Themen an wie Altersvorsorge und Absicherung der Bäuerin.

«Aus meiner Sicht sollte das Paar sich auf Augenhöhe begegnen.»

Patrizia Schwegler, Lehrerin am LBBZ Schluechthof, Leitung Sorgentelefon.

«Ein Betrieb ist immer ein gewisses Risiko, das man eingeht und mitträgt», ermahnt Schwegler. Ein weiterer wichtiger Faktor sei die Ausbildung beider Parteien. «Aus meiner Sicht sollte das Paar sich auf Augenhöhe begegnen und ungefähr denselben Wissensstand bezüglich der relevanten Betriebszweige haben. Bei Interesse können auch einzelne Weiterbildungsmodule besucht werden.»

Kein Richtig oder Falsch

«Bei diesen Entscheidungen gibt es kein Richtig oder Falsch», erklärt die Fachfrau. Weiter betont sie, dass sich zu informieren keinesfalls nur eine Holschuld der Bäuerin sei. Auch der Landwirt stehe in der Pflicht und sollte seine Buchhaltung, die Ziele oder Pläne mit der Partnerin besprechen. «Hat die Frau eine Mitverantwortung, muss auch sie wissen, wie das Geld investiert wird. Im Konkubinat gibt es so einiges mehr zu regeln und man muss das Ganze noch genauer anschauen», klärt Patrizia Schwegler auf. 

Neben ihrer Tätigkeit am LBBZ Schluechthof führt sie seit 2019 das Bäuerliche Sorgentelefon. Rund 100 Telefonate würden pro Jahr bearbeitet. Früher seien es etwa 50 mehr gewesen. Die stetige Abnahme der Anrufe erklärt sich Schwegler unter anderem durch die abnehmende Zahl an Landwirten.[IMG 2]

Gemäss Schwegler spiegelt die Abnahme an Anrufen aber nicht das Sorgenbarometer. «Die einzelnen Anrufe wurden länger, was auf eine gewisse Vielschichtigkeit der Probleme hindeutet», erzählt sie. Das häufigste Thema seien Generationenkonflikte und das Zusammenleben auf dem Hof. «Da ist das Sorgentelefon die richtige Anlaufstelle. Bei einer landwirtschaftlichen Beratungsstelle werden eher strategische oder produktionstechnische Fragen geklärt», ergänzt die Beraterin.

Netzwerk nicht aufgeben

Grob unterteilt kommen Anrufe etwa 60 % von Frauen und 40 % von Männern. Das Durchschnittsalter der Anruferinnen liege bei 45 Jahren, der Grossteil der Herren sei über 55 Jahre alt. «Bei Frauen sind die Themen oft die Arbeitsüberlastung und die Vereinbarkeit, während Männer sich Gedanken zu bevorstehenden Hofübergaben machen», klärt Patrizia Schwegler auf.

Für die 37-jährige berufstätige Mutter von zwei Kleinkindern (4 und 6) ist Vereinbarkeit kein Fremdwort. Ihr Mann sei im Homeoffice in der Software-Beratung tätig. «Es ist nicht so, dass er einen ‹Papitag› hat. Er arbeitet Vollzeit. Dank Homeoffice kann er an meinen Arbeitstagen die Kinder von der Kita abholen und ist auch in Krankheitsfällen flexibel.»

Sie möchte allen Bäuerinnen, die auf einen Betrieb einheiraten, ans Herz legen, das persönliche Netzwerk nicht aufzugeben. Ob Freunde oder Berufskollegen, es sei wichtig, die Beziehungen zu pflegen und weiterzuentwickeln. Denn wenn eine Frau sich jahrelang voll und ganz auf dem Betrieb einbringe, sei es oft so, dass ihr Freundeskreis und Netzwerk aus dem Umfeld ihres Mannes bestünden. «Speziell im Trennungsfall ist es wichtig, dass man jemanden aus dem ‹eigenen› Umfeld hat, der einen auffängt – ein Sicherheitsnetz», schliesst Patrizia Schwegler ab.