20 Jahre lang haben sie sich nicht gesehen – und als sie sich dann zufällig in Hamburg über den Weg laufen, eskaliert es schnell zwischen Theresa, der Milchbäuerin aus Brandenburg, und Stefan, dem Kulturjournalisten. Sie geraten ob ihren unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Ansichten in einen Streit.

Einst passte kein Blatt zwischen sie

Zu Studienzeiten waren sie Mitbewohner und beste Freunde, obwohl sich Stefan zeitweise mehr von Theresa gewünscht hätte. Als ihr Vater starb, schmiss diese das Studium, übernahm den elterlichen Bauernhof kurz vor der Pleite und stellte auf Bio um. Die finanziellen Herausforderungen und die immer steigenden Auflagen machen ihr aber das Leben schwer. Stefan machte derweil Karriere bei Deutschlands grösster Tageszeitung «Der Bote», engagiert sich für Gleichberechtigung, Gender-Themen und gegen die Klimawandel. 

Das Buch

Zwischen Welten, Juli Zeh, Simon Urban, 2023 im Luchterhand Literaturverlag erschienen, ISBN 9783630877419, Gebunden, 448 Seiten, ab 22.80 Franken überall im Buchhandel erhältlich.

Graben durch Deutschland

Die beiden beschliessen, noch einmal von vorne anzufangen. In einem offenen und sehr emotionalen Austausch per E-Mail und WhatsApp wollen sie einander ganz neu kennenlernen und sich gegenseitig aus ihren Welten erzählen – aus dem Leben im Elfenbeinturm der Hamburger Kultur-Elite und der erd­verbundenen brandenburgischen Agrar-Existenz. Steckt dahinter vielleicht sogar eine verhinderte Liebe?

Doch während Stefan und Theresa einander näher kommen, geraten sie immer wieder in einen hitzigen Schlagabtausch über Klimapolitik, Gendersprache und Rassismusvorwürfe. So sehr sie sich bemühen, die Politik aus ihrer Freundschaft herauszuhalten – es ist, als liefen die Gräben einer gespaltenen Nation mitten hindurch. In Zeiten, als die deutschen Bauern mit ihren Traktoren durchs ganze Land in die Hauptstadt fahren, um gegen Subventionskürzungen zu protestieren, ist der Roman aktueller denn je.

Moderner Briefroman

Aktualisiert Bauernproteste Das war die grosse Bauerndemo in Berlin: Eindrücke vor Ort Monday, 15. January 2024 Juli Zeh und Simon Urban haben «Zwischen Welten» konsequent in Whatsapp- und E-Mail-Perspektive geschrieben – quasi ein moderner Briefroman. Das ist zwar ungewohnt, aber entwickelt beim Lesen schnell einen gewissen Sog. Der Roman ist keine leichte Kost, aber die Autor(innen) verpacken die schweren Themen mit einer gewissen Süffigkeit.