Endlich wieder ein Landfrauentag! Die Freude darüber, dass sich die Solothurner Bäuerinnen und Landfrauen (SOBLV) wieder einmal physisch treffen können, ist am Dienstag am Bildungszentrum Wallierhof, Riedholz, offensichtlich. Die Frauen erscheinen trotz, oder vielleicht auch gerade wegen der Zertifikatspflicht zahlreich. Gross ist auch die Freude bei Ida Schaffter und Sieglinde Jäggi, als neue Co-Präsidentinnen endlich gemeinsam vor den Frauen stehen zu dürfen. Die beiden wurden während der Pandemie schriftlich gewählt. Das Tagesprogramm sei bewusst klein gehalten worden, damit genug Zeit bleibt, um zu schwatzen und beisammen zu sitzen, betont Sieglinde Jäggi. Trotz des gesellschaftlichen Stillstandes durch die Corona-Massnahmen sei der SOBLV nicht still gestanden, erklärt Ida Schaffter. Als Highlight im Corona-Jahr 2021 bezeichnet sie das neue Vorstandstenue. Man habe sich bewusst dafür entschieden, dieses von einer Schneiderin aus dem Kanton nähen zu lassen, welche durch die Pandemie Probleme bekam.
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Frau Chlämmerlisack zerlegt die Bratensauce
Als Hauptattraktion wird Frau Chlämmerlisack aus dem aargauischen Egliswil zum Thema «Gemeinsam sind wir erfolgreich» angekündigt. Einige Frauen gingen davon aus, dass eine komödiantische Einlage die Lachmuskeln strapazieren würde. Zwar entlockt Frau Chlämmerlisack alias Eveline Beeli durchaus einige Lacher. Aber sie ist eine Motivations-Coachin der etwas anderen Art. Nebst Anlässen wie dem Landfrauentag, kann sie privat für Beratungen gebucht werden. Sie bringt viel Wissen und Motivation mit, im Haushalt und beim Einkaufsverhalten einiges zu ändern.
Frau Chlämmerlisack plädiert dafür, viel mehr selbst zu machen und auf Halbfertig- und Fertigprodukte zu verzichten. Als Beispiel zerlegt sie etwa die Inhaltsstoffe von Bratensauce aus der Tube. «Ich kaufe Salat von der Nachbarin, das Fleisch beim Metzger, und dann binde ich den Bruns mit dem da ab», moniert sie und hält besagte Bratensauce hoch. Die Umstellung brauche Zeit und ein Umdenken, das macht sie deutlich. Aber es lohne sich. «Wenn der Schritt aber gemacht ist, kaufst du das nie mehr!», weiss sie aus Erfahrung. Und noch ein Beispiel zeigt sie auf: Bei Zweifel-Chips in Grosspackung gibt es keine Angabe auf der Vorderseite, woher die Kartoffeln stammen. Bei kleineren Packungen hingegen ist gar der Schweizer Produzent abgedruckt. Letzteres mache ihr Freude. Und so ist für sie sonnenklar, wenn sie mal Chips kauft, dann sicher die kleinere Packung.
Das Schiff am Bahnhof erwarten
«Team sälbermache» ist Frau Chlämmerlisacks Marke. Sie ist überzeugt, dass jede im Schränkli Sachen hat, die überdenkt werden könnten. Sie macht aber auch deutlich: Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten. Etwas, das wohlgemerkt nur am Bahnhof Thun zum Erfolg führt, merkt Frau Chlämmerlisack mit einem Augenzwinkern an.
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Ein triftiger Grund die Veränderung in Angriff zu nehmen
Die Lacher verstummen augenblicklich, als Eveline Beeli ihre Geschichte erzählt und wie sie zum Team sälbermache wurde. Ihr zweiter Sohn Dario (9) hat vom ersten Tag an die Muttermilch nicht vertragen. Erwiesenermassen. Seine Mutter wurde nach dem Motto «Sowas gibt es nicht» belächelt. «Was macht man, wenn das eigene Kind keine Nahrung verträgt? Kein Gramm an Gewicht zunimmt? Hautausschläge bekommt, die Mutter und Sohn in der Nacht nicht mehr schlafen lassen? Die Verdauung komplett versagt? Die Schulmedizin nur mit sehr starken Medikamenten eine Lösung bietet? Man kämpft!», schreibt sie auf ihrer Website. Bilder von Dario damals lassen den Frauen den Atem stocken. «Ich musste handeln.» Die gelernte Bäckerin-Konditorin hat das Leben der ganzen Familie geändert. Die Ernährung komplett umgestellt, verzichtet weitgehend auf Halbfertig- und Fertigprodukte, macht vieles selbst. Erfolgreich. Denn Dario ist heute gesund, erzählt sie stolz. Geblieben ist das Selbermachen.
Weniger Food Waste durch Team sälbermache
Frau Chlämmerlisack erklärt die vier Gründe, dem Team sälbermache beizutreten: Gesundheit, aber auch Planung, Finanzen und die Selbstbestimmtheit. «Ich behaupte, Team sälbermache produziert weniger Food Waste.» Zudem gebe es ein gutes Gefühl und mache Freude. Dabei macht sie eines deutlich: «Es ist absolut gleich, was die Familie nebenan macht.» Alles passiere immer völlig wertfrei. Sie gibt drei Lösungsansätze mit auf den Weg, die das Team sälbermache unterstützen.
Zutaten lesen: Etwas unglaublich Anstrengendes. Dabei gilt, sich nicht zu viel auf einmal vornehmen, sondern ein Produkt nach dem anderen.
Hinterfragen: Etwa beim Bäcker fragen, woher das Mehl stamme.
Ändern: Schritt für Schritt optimieren.
«Team sälbermache ist nicht von heute auf morgen machbar. Es ist ein Werdegang», macht Frau Chlämmerlisack deutlich. Und auch könne nicht alles selbst gemacht werden. Tauschen heisst das Zauberwort. Von einer Freundin bezieht sie selbst eingelegte Essiggurken, gibt dafür ab, was sie herstellt.
Tavolata, Apéro-Service und Haushaltshilfen – Angebote des SOBLV kurz erklärt
Das neuste Projekt des Solothurner Bäuerinnen- und Landfrauenverbands (SOBLV) heisst Tavolata – zusammen kochen, gemeinsam Essen. Bei diesem Projekt lädt die Gastgeberin fünf bis zwölfmal pro Jahr ältere und einsame Menschen aus ihrem Umfeld ein, um gemeinsam zu kochen und zu essen. Die Gastgeberin erhält eine Aufwandsentschädigung aus der Projektkasse sowie einen kleine Unkostenbeitrag der Gäste. Bei Interesse, Gastgeberin zu werden oder zu erfahren, ob es in der Nähe eine Gastgeberin hat, gibt Anna Barbara Gäumann per E-Mail unter projekt.tavolata@gmail.com Auskunft.
Der Apéro-Service kämpft
Die Massnahmen rund um die Pandemie haben derApéro-Service So-fein zugesetzt. Da keine Anlässe mehr stattfinden konnten, wurde das neue Angebot «so-fein to go» geschaffen. Das Basispaket umfasst ein Lunchsäckli mit Butterzöpfli, Apfel, Glückskäse und einem Päärli Landjäger. Dieses kann mit süssen Verführungen wie Spitzbub, Nusstörtli, Bretzeli gerollt oder Landfrauenküssli sowie Getränken ergänzt werden.
Hilfe für Haushalt und Garten
Unter dem Dach der Agro Personal AG bietet der SOBLV zwei Angebote zur Unterstützung und Dienstleistungen für Haushalt und Garten an: Den Haushaltservice und den Landfrauendienst Kanton Solothurn. Der Haushaltservice, mit aktuell 19 Mitarbeiterinnen, ist ein Personalverleih, bei dem Haushalthilfen zur Reinigung, Nahrungszubereitung, Wäschepflege, Betreuungsdienste und Unterstützung bei Einladungen und Überlastung oder auch Blumenpflege und leichte Gartenarbeiten vermittelt werden. Der Haushaltservice bildet die Brücke zwischen denen, die Hilfe im Haushalt benötigen und jenen, die Hilfe anbieten können. Schwarzarbeit unterbinden. Der Landfrauendienst ist eine Selbsthilfeorganisation mit neun Mitarbeiterinnen. Hilfe kann bei Krankheit, Unfall, Mutterschaft, Ferien, Arbeitsspitzen oder sonstigen Abwesenheiten angefordert werden. Er steht in erster Linie den SOBLV-Mitgliedern offen. Gemeinsam haben beide Angebote, dass die Mitarbeiterinnen Bäuerinnen und Landfrauen aus der Region sind, einen fairen Stundenlohn erhalten und die Schwarzarbeit im Bereich Hausarbeit unterbunden werden soll.