An der Delegiertenversammlung des Solothurner Bauernverbands (SOBV) vom Montag am Wallierhof stand sicher die Wahl eines neuen Präsidenten im Mittelpunkt. Andreas Vögtli stand dem SOBV zwölf Jahre als Präsident vor. Er führte den Verband zu dem, was er heute ist: ein Verband, der vielseitig unterwegs und für die Bäuerinnen und Bauern zu einem wichtigen Ansprechpartner geworden ist. Als einziger Kandidat stand Robert Dreier aus Metzerlen-Mariastein zur Wahl. Der 55-Jährige bewirtschaftet mit Mitarbeitenden und seiner Familie einen grösseren Milchwirtschafts- und Ackerbaubetrieb mit Schweinehaltung und Hochstammbäumen. Einstimmig wurde Dreier zum neuen SOBV-Präsidenten gewählt.
Mit Kosten verbunden
Kathrin Lindenberger, Vizepräsidentin des SOBV, hielt noch einmal Rückblick auf die zwölf Jahre Amtszeit von Andreas Vögtli. Er habe Unglaubliches geleistet, war überall präsent. Unter Standing Ovations wurde Vögtli zum Ehrenmitglied ernannt. In seinem Jahresrückblick kam der scheidende Präsident auf die vielen Initiativen zu sprechen. «Diese Zunahme macht mir grosse Sorgen», hält er fest. Viele davon würden die Landwirtschaft wieder stark treffen. «Die Trinkwasser- oder die Massentierhaltungs-Initiative konnten wir bodigen, nun steht im Herbst mit der Biodiversitäts-Initiative wieder eine gegen uns an», ärgert sich Vögtli. Damit man diese Initiative wieder bodigen könne, sei dies mit viel Arbeit und Kosten verbunden. «Der ganze Papierkram und die vielen Prospekte, die bei jeder Initiative gedruckt werden müssen, ist das denn auch noch ökologisch?», fragt er sich.
Steht finanziell gut da
Erfreulicheres durfte der SOBV-Geschäftsführer Edgar Kupper verkünden. «Der Verband steht finanziell auf gesunden Beinen», sagt er. Dank des guten Ergebnisses konnten die Mitgliederbeiträge unverändert belassen werden. Im Talgebiet und der Hügelzone sind es Fr. 9.–/ha, im Berggebiet Fr. 5.50/ha und im Sömmerungsgebiet Fr. 2.–/ha. «Uns geht aber die Arbeit nicht aus», versichert Kupper. «Die Richtplananpassung in Egerkingen, der Bodenverbrauch in der Region Gäu oder auch die Ausscheidungen von Grundwasserschutzzonen bedeuten für den SOBV wie auch für die Solothurner Landwirtschaft grosse Herausforderungen.»
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Einen wichtigen Beitrag
Grosse Herausforderungen in der Landwirtschaft seien die Bürokratie, die hohen Kosten und die tiefen Produzentenpreise. «So kann es bestimmt nicht mehr weitergehen», moniert Andreas Vögtli. Viele Rednerinnen und Landwirte schlossen sich seinem Votum an. Brigit Wyss, Volkswirtschaftsdirektorin und Solothurner Regierungsrätin, sieht es ähnlich. «Die Landwirtschaft leistet einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit», sagt sie. Trotzdem vermisse sie bei den Diskussionen oftmals den Respekt.
Ein grosses Zeichen
Auch für Martin Rufer, Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes, sind die momentanen Mahnwachen der Schweizer Landwirtschaft ein Ausdruck für die Unzufriedenheit. «Es braucht eine Neuausrichtung des Direktzahlungssystems», ist er überzeugt. Weniger Bürokratie und höhere Produzentenpreise, um nur einige Beispiele zu nennen. «Die Landwirtschaft muss heute mit höheren Kosten von einer Milliarde zurechtkommen, von denen sie nur 300 bis 400 Millionen weitergeben kann, den Rest trägt sie selbst», ärgert sich Rufer. Vor allem die zunehmende Überwachung – Digiflux lässt grüssen – stösst den Bauern sauer auf.
Ist Realität
Die Meisterlandwirtin Andrea Hürzeler aus Gretzenbach findet es schade, dass immer nur noch negativ über die Landwirtschaft geredet wird. «Wie sollen da die jungen Berufsleute, die noch Freude am Bauern haben, den Mut aufbringen, weiterzumachen, wenn wir nur noch am Jammern sind», hält sie fest. Diese Aussage lässt der junge Landwirt Adrian Eberhard aus Schnottwil nicht gelten. «Optimistisch sieht anders aus. Ich bin tagtäglich im Büro, muss mit sinkenden Produzentenpreisen zurechtkommen und am Schluss bin ich als Landwirt der Buhmann der Nation, das ist die Realität», sagt er klar und deutlich.
Diskussionen gab es an der Delegiertenversammlung auch wegen der 1:85-Initiative. Diese kommt im Kanton Solothurn am 3. März vors Stimmvolk. Die Initiative will der Bürokratie in der Verwaltung Einhalt gebieten. Der SOBV-Vorstand hatte hier keine Parole gefasst und Stimmfreigabe empfohlen. Dies passte einigen Landwirten nicht, so auch Markus Dietschi, Landwirt und FDP-Kantonsrat. Dietschi erzwang an der Versammlung, über eine Parole abzustimmen. Diese wurde von den Delegierten angenommen und mit 52 Stimmen die Ja-Parole zur 1:85-Initiative gefasst.
«Es ist ein richtiges Trauerspiel auf dem Futtergetreidemarkt»
Im Anschluss an die Delegiertenversammlung des Solothurner Bauernverbands referierte Fritz Glauser, Präsident des Schweizerischen Getreideproduzentenverbands (SGPV), über die aktuelle Situation auf dem Getreide- und Ölsaatenmarkt. «Ich will nichts schönreden, vor allem auf dem Futtergetreidemarkt und beim Raps sehe ich grosse Herausforderungen», bilanziert Glauser. Beim Raps werde es immer schwieriger, wegen der nicht vorhandenen Pflanzenschutzmittel eine befriedigende Erne einzufahren, und beim Futtergetreide fehlten zunehmend die Produzenten.[IMG 3]
Die Situation ist angespannt
«Beim Futtergetreide ist es ein richtiges Trauerspiel», hält Fritz Glauser fest. Der Selbstversorgungsgrad sei beim Futtergetreide auf 45 Prozent gefallen. Die Situation ist nach wie vor angespannt. Derzeit befinden sich die Importpreise bei rund Fr. 34.50/dt für Futtergerste, Fr. 37.–/dt für Futterweizen und Fr. 35.50/dt für Körnermais. Der Grenzschutz sei zwischen Fr. 1.– und Fr. 1.50 zu tief und erreiche die Schwellenpreise nicht.
Potenzial beim Brotgetreide
Hingegen sieht Glauser beim Brotgetreide eher noch Potenzial. Jedoch: «Im Brotgetreidemarkt besteht die grösste Konkurrenz nicht im Import von Getreide, sondern von Fertigprodukten», sagt Fritz Glauser. Während die Schweiz jährlich rund 130 000 Tonnen Backwaren importiert (eine Menge, die sich seit dem Jahr 2000 vervierfacht hat und fast einen Drittel des Marktes ausmacht), stellt dieser Mangel an Transparenz nicht nur für die Konsumenten, sondern auch für die einheimische Getreidebranche ein Problem dar. Diese importierten Billigprodukte konkurrierten direkt mit der heimischen Getreideproduktion, aber auch mit den nachgelagerten Stufen wie Müllern und Bäckern, während die Margen der Wiederverkäufer enorm seien. Um eine Grössenordnung zu nennen: «Ein für 30 Rappen importiertes Gipfeli kann ohne Weiteres zum einheimischen Preis weiterverkauft werden, während die Herstellung eines in der Schweiz produzierten Gipfelis bereits einen Franken kostet», ärgert sich Glauser. Seit dem 1. Februar 2024 muss nun das Herstellungsland von Backwaren endlich deklariert werden. Im Restaurant, an Tankstellen und generell an Verkaufsstellen muss das Herkunftsland schriftlich angegeben werden. «Ein importiertes Brot, das einfach nur aufgebacken wird, kann somit nicht mehr die Illusion erwecken, es sei schweizerisch», so Glauser.
Für jeden Rappen kämpfen
Beim Brotgetreide würden bald die Preisverhandlungen anstehen und es werde bestimmt kein Zuckerschlecken, so Fritz Glauser. Aber man werde für jeden Rappen kämpfen, umso mehr, wenn man weiss, mit welchen Kosten die Landwirtschaft zu kämpfen hat. «Wenn wir nur um zehn Franken die Getreidepreise anheben könnten, würde das für den Kunden nur fünf Rappen für ein Brot ausmachen», rechnet Glauser vor. Doch die Verarbeiter und Müller wehrten sich vehement gegen eine Preiserhöhung mit dem Argument, das könne man dem Kunden nicht zumuten.