Man nennt ihn nur «Dome». Dominique Schürch, Jahrgang 1981, lacht, wenn er das erzählt. «Das ist französisch – meinen Eltern konnte es nicht kompliziert genug sein.» Seit der fünften Klasse sei er für fast alle nur noch Dome. «Die halbe Post kommt an diesen Namen. Es gibt Leute in meinem Umfeld, die wissen vermutlich nicht einmal, dass ich eigentlich Dominique heisse.»

Sein Weg begann mit einem Traum: «Ich wollte Bauer werden. Schon in der siebten Klasse hatte ich die Idee, Direktvermarktung zu machen.» Doch aufgewachsen ist Dome in einer ganz anderen Welt – einer Schreinerei. «Mein Vater hatte eine Einmann-Bude, die alles andere als florierte. Schreiner wollte ich daher nicht werden.»

Vom Traum zum Handwerk

Also half er bei Nachbarn mit, verbrachte Ferien in Saanenmöser. Zu Hause hielt er viele Kaninchen. «Ich brachte sie zum Metzger, holte das Fleisch ab und dachte dann: Wieso nicht selber schlachten?» So verdiente er sein erstes Sackgeld. Der weitere Weg war gelegt: Nach der Bauernlehre folgte erst eine Metzgerlehre, dann die Ausbildung zum Milchtechnologen. «Ich wollte alles selber machen können.»

Heute lebt Dome mit seiner Frau Annika und den beiden Töchtern Lea und Zoe in Freimettigen in einem uralten Bauernhaus: «Villa Durchzug – und richtig abgelegen, wenn man das mag, so wie wir.» Ins Obergeschoss geht es durchs Ofenloch oder aussen herum. «Es wäre ein Traum, das Haus zu erwerben – ich will hier nicht mehr weg», sagt er.

«Weder Bauern noch Käser sind nur Produzenten.»

Dome Schürch, gelernter Käser, Landwirt und Metzger

Das Holz für die kalten Monate lagert in Schlosswil im Emmental, oberhalb der alten Mühle. «25 Ster brauche ich fürs Haus. Wenn man im oberen Stock 16 Grad will, lebt man unten in der Sauna», erklärt Dome und lacht dabei. Ihm gefällt es. Pro Jahr macht er bis zu 60 Ster Holz, hilft beim Holzen einem Kollegen und kommt so zu seinem Vorrat. Denn diesen braucht er nicht nur fürs Heizen des Hauses.

Seinen aktuell ausgeübten Beruf erlernte Dome in Gerzensee, dort hat er auch seine Lehre gemacht. Nach einigen Stationen, unter anderem in der Käserei Kleinroth im Emmental, ist er seit anderthalb Jahren wieder zurück in Gerzensee. «Kleinroth gehörte bei meinem Stellenantritt zu Koppigen. Der ehemalige Besitzer nahm sich jung das Leben. Dann änderte sich alles. Dieser Käserei gränne ich ein wenig nach – oder sogar sehr», sagt er.

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Die Macht der Grossen

Der Strukturwandel in der Käsewelt berührt ihn tief. «Das tut weh. Der Rückgang des Emmentalers ist das eine, aber die Vielseitigkeit und die kleinen Betriebe, die damit verschwinden, das ist das andere.» Die Marktmacht der Grossen werde immer stärker. «Da verlieren wir mehr als nur wertvolle Strukturen. Ich bin ein Traditioneller, das gilt für mich etwas», ergänzt er.

Gefragt danach, was das Rezept gegen das Käsereiensterben sei, muss Dome schmunzeln: «Wenn ich das wüsste, wäre ich Berater und nicht Käser.» Für ihn ist Flexibilität das Wichtigste. «Heute baust du nicht mehr für die nächsten 40 Jahre. Weder in einem Stall noch in einem anderen Betrieb. In zwei Jahren kann schon alles anders sein.» Und gerade bei Käse wie dem Emmentaler, der lange lagert, mache es genau dieses Kurzfristige schwierig. «Heute muss man rasch auf den Markt reagieren.» Und: «Weder Bauer noch Käser sind heute einfach Produzenten. Wir sind Unternehmer. Es reicht nicht mehr, zu produzieren und abzuwarten, dass es jemand abnimmt. Du musst an die vorderste Front mit deinen Produkten.» Und da würden nicht selten die Preise nicht mehr stimmen. Das sei oft so im Handwerk. «Aber wir leben von der Wertschöpfung, nicht von der Arbeit, die uns nur Rückenschmerzen verursacht», sagt er.

Neben der Käseproduktion lebt Dome noch eine andere Leidenschaft: den Grill. Begonnen hat alles mit Jugend- und Sportlagern, die er leitete. Am Abschlussabend gab es traditionell Spanferkel. «Ich habe nie eines gesehen, das durchgebraten war – also machte ich es selber.» Aus einem alten Boiler baute er einen grossen Grill, der bald zum Markenzeichen wurde.

Bis vor fünfeinhalb Jahren war er mit diesem Grill unterwegs. «Dann kam der Tag, an dem ich ihn hätte sanieren müssen – das war zu aufwendig.» Jener Moment war die Geburtsstunde der «Loki» – einem Grill, der ihn dereinst überleben soll. 940 Stunden steckte er in den Bau, mit Ausstattung waren es 1060.

«Danach ist es mit den Anfragen fürs Catering explodiert. Die ‹Loki› hatte viel mehr Wirkung, als ich geglaubt hätte. Aber ich wollte es immer als Hobby behalten.» Corona bestätigte ihn darin – und: «Wenn es Hobby ist, behalte ich die Freude. Ich kann auf das Thema eines Festes eingehen, meine Salate schmücken. So wie ich das mache, könnte man nicht davon leben – das wäre unbezahlbar.»

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Die «Loki», das Meisterwerk

Dome ist viel unterwegs. Am Abend, an den Wochenenden. Seine Frau lernte ihn so kennen. «Früher waren viel zusammen an solchen Events. Seit die Kinder da sind, hat sich das entsprechend verändert. Aber es ist ihr sicher recht, wenn ich nicht mehr jedes Wochenende unterwegs bin.» Weniger oder gar ganz aufzuhören, ist aber kein Thema für ihn. «Ich bin so veranlagt – zurückzuschrauben, ist extrem schwer. Und zum Glück ist meine Frau Annika auch ‹grillangefressen›», resümiert er.

In die Ferien fährt die Familie daher auch mit ihren Grills im Gepäck. «Meine Tochter nimmt ihren, ich meinen – sonst sind das keine Ferien.» Ganz so einfach ist das aber nicht. Die «Loki» ist 2,75 Meter lang, 1,15 Meter breit und wiegt leer 580 Kilogramm. Mit Raclette-Ausrüstung sind es 720 Kilo, mit Pizzaausstattung 860. Transportiert wird sie in einem Anhänger – auch heiss, und aufgeladen wird mit Seilwinde.

Dome ist ein Macher. Nein zu sagen, fällt ihm schwer. «Das ist immer noch ein Prozess», erklärt er. Juli, August und September sind oft bereits ein Jahr im Voraus ausgebucht. «Die Buchungen im September wusste ich zum Teil drei Jahre vorher. Das ist heute etwas weniger – zum Glück. Aber der September 2026 ist schon voll.»

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Etwas Gutes erschaffen

Für ihn ist klar: Die Arbeit, die er macht – ob im Käsekeller oder am Feuer vor der «Loki» – lebt von Begeisterung, von Freude und vom Willen, etwas Gutes zu schaffen. Doch er weiss auch, dass sich die Welt um ihn herum verändert. «Wenn die Leidenschaft für etwas verschwindet, verlieren wir mehr als nur Arbeitsplätze – wir verlieren ein Stück unserer Identität.» Statt tatenlos zuzusehen, dreht er weiter am Spiess – manchmal wortwörtlich, manchmal im übertragenen Sinn – und sucht nach Wegen, wie es weitergehen kann. Auch wenn das manchmal einfach nur bedeutet, den Grill anzuheizen und für ein paar Stunden die Welt so zu lassen, wie sie ist.

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