Der Rickenpass verbindet das traditionsverbundene Toggenburg mit der fruchtbaren Linthebene. Auf 800 Meter über Meer erstreckt sich über den Pass ein Hochmoor, welches aufgrund seiner seltenen Pflanzen- und Tierbewohner zum Smaragd-Gebiet der Berner Konvention erklärt wurde. Markus Liechti und sein Sohn Gian verarbeiten die «Hochmoor-Milch» zu verschiedenen Käsespezialitäten. Unter der Dachmarke «Hochmoor-Chäs» produziert die Bergkäserei Liechti fünf verschiedene Käsespezialitäten. Sie alle werden mit einer besonderen Hochmoor-Kräutersulz geschmiert. Die in der Sulz enthaltenen Kräuter sind auf der Laibetikette abgebildet: Spitzwegerich, Kleblabkraut, Frauen- und Silbermänteli.

[IMG 2]

Familienbetrieb in vierter Generation

Die Bergkäserei auf dem Ricken wurde vor 1890 gebaut, seit 1939 befindet sie sich im Familienbesitz der Liechtis. Die Freude an der Milchverarbeitung konnte Markus gleich zwei seiner vier Söhne vermitteln. Mit Gian Liechti wird nun die Käsertradition in vierter Generation weitergeführt. Der 27-jährige Käsermeister lernte sein Handwerk in verschiedenen Ostschweizer Käsereien: «Es war mir wichtig, dass ich auswärts Erfahrungen sammeln und Neues lernen konnte.» Auch seine Frau Ramona ist Milchtechnologin. Während vier Jahren arbeitete sie als Stellvertreterin von Markus in der Bergkäserei Liechti. Heute ist sie als Aushilfsallrounderin im Betrieb tätig. Markus Liechti rühmt seine Schwiegertochter: «Sie ist unsere wertvollste Mitarbeiterin und überall einsetzbar.» In diesem Fall bedeutet «überall» in der Käserei, in den Schweineställen und auf dem Milchsammelwagen. Die Familie Liechti holt einen Grossteil der Milch mit dem eigenen Tankwagen ab. Ihre Route erstreckt sich vom Ricken in die Linthebene und Richtung Atzmännig. Die «Hochmoor-Milch» wird von sechs Betrieben auf dem Ricken vor Ort direkt abgeliefert. 

Sich gegenseitig freie Tage schaffen

Damit alle Tätigkeiten abgedeckt werden können, beschäftigt die Bergkäserei Liechti einen Chauffeur, eine Hilfskraft in Käserei und Stall und bildet einen Lernenden aus. Gutes Personal zu finden, das in den Betrieb passt, ist nicht einfach. «Wir brauchen flexibel einsetzbare Arbeitskräfte», erklärt der Fabrikationsleiter Gian Liechti. 

[IMG 3]

Die Fabrikationsleitung teilt er sich mit seinem Vater, der als sein Stellvertreter amtet. Sie haben die Arbeitsabläufe in der Käserei so konzipiert, dass grundsätzlich nur ein Käser vor Ort sein muss. Dadurch können sie sich freie Tage zugestehen. «Und durch die freien Kapazitäten habe ich Zeit, neue Projekte anzureissen», sagt Markus Liechti schmunzelnd. Eines davon ist die Chääswelt Toggenburg, bei deren Aufgleisung der Käsermeister aktiv mitwirkt. Die Interessengemeinschaft macht Käsespezialitäten, Brot- und Fleischprodukte aus dem Toggenburg erleb- und geniessbar, zudem unterstützt sie bei der Vermarktung. 

Eine konsequente Strategie fahren

Mit Marketingstrategien kennt sich Markus Liechti aus. Vor zehn Jahren beauftragte der Käsermeister eine Agentur, um verschiedene Verkaufsstrategien für die Zukunft der Bergkäserei Liechti zu erarbeiten. Zuvor produzierte er regionale Spezialitäten wie den Atzmännig-Bergkäse oder den Rickenbergkäse. «Die Käsesorten liefen gut, doch ich schaffte es nicht aus der Region hinaus», erklärt der 58-Jährige. Die Agentur zeigte ihm auf, dass es für eine erfolgreiche Expansion eine konsequente Dachmarkenstrategie braucht. Zusammen entwickelten sie den Brand «Hochmoor-Chäs» mit der wertvollen Kräutersulz, unter welchem die Familie nun seit 2014 ­erfolgreich ihre Käse- und Molkereispezialitäten vermarktet. Ein Teil davon wird sogar nach Deutschland und Frankreich exportiert. Aus den jährlich 4,5 Millionen Kilogramm Milch produziert die Bergkäserei heute 80 Prozent Emmentaler AOP und 20 Prozent Hochmoor-Chäs. ­Optimistisch blickt Gian Liechti in die Zukunft: «Ziel ist es, dass wir eine Produktion von 50 Prozent Hochmoor-Chäs absetzen können.»

Eine besondere Kräutersulz mit Rotwein

Am beliebtesten ist der Rahmkäse. Dieser Halbhartkäse wird zusätzlich mit Rahm aufgefettet. Im Käsekeller findet man auch eine Käsespezialität mit schwarzer Rinde. Markus Liechti erklärt: «Diesen kräftigen, würzigen Halbhartkäse pflegen wir zusätzlich zur Kräutersulz mit Rotwein. Dadurch verfärbt sich die Käseoberfläche.» Die fünf Hochmoor-Chäs-Spezialitäten lagern zwischen 6 und 15 Monaten, bevor sie verkauft werden. Momentan stellt die Familie Raclettekäse her, nach viermonatiger Lagerung wird dieser auf die Weihnachtszeit perfekt genussreif sein. «Sehr beliebt ist unser Stockbergspeck-Raclette, den wir zusammen mit der Toggenburger Metzgerei Metzger erstellen», erläutert Markus Liechti. Auch dies eine Innovation aus der Chääswelt Toggenburg. 

[IMG 4]

Dank guter Verhältnisse mit Berufskollegen aus der Region können Synergien genutzt werden. Beispielsweise stellt die Molkerei Neff aus dem Rahm der Liechtis Butter her. Mit ihren Milchlieferanten pflegen Gian und Markus Liechti eine erfolgreiche und loyale Zusammenarbeit. Markus Liechti lobt die Ausbildung der Bauernfamilien: «Die Ausbildung der Landwirtinnen und Landwirte werden immer besser, das spürt man in der verbesserten Milchqualität.»

Mit Erweiterungsbau die Zukunft investiert

20 Jahre käste Markus Liechti im alten Teil der Käserei mit ­einem 5000-Liter-Käsefertiger. Der Platz ist sehr beschränkt, man kann sich vorstellen, dass es hier eng wird, wenn mehrere Personen zusammenarbeiten. Um seinen Betrieb für die Zukunft aufzurüsten, realisierte der innovative Käsermeister 2010 einen eindrücklichen Erweiterungsbau. «Mein Ziel war es, einen schönen Betrieb zu schaffen. Entweder für die nächste Generation oder um ihn verkaufen zu können», erläutert er seine damaligen Überlegungen.

Entstanden ist eine moderne Käserei. Durch die hohe Decke und die Fensterfront strömt viel Tageslicht in den Raum. Im Zentrum steht ein imposanter, drei Meter hoher Käsefertiger mit 12 000 Liter Fassungsvermögen. Als sich vor zwei Jahren abzeichnete, dass Gian sich aktiv am Heimbetrieb beteiligen möchte, wurde zudem in eine grössere Presswanne für 80 Käselaibe investiert. Dank Innovation und Unternehmertum steht die Bergkäserei Liechti produktions- und marketingtechnisch auf guten Beinen, gerüstet für die Zukunft und vielleicht die fünfte Generation? Der stolze Grossvater sagt lächelnd: «Am liebsten würden die Kleinen jetzt schon käsen, doch so schnell höre ich nicht auf.»

Weitere Informationen

In Zahlen
4,5 Mio Kilogramm Milch verarbeitet die Käserei Liechti jährlich
400 Tonnen Käse produziert sie. Davon entfallen
80 Prozent auf Emmentaler AOP und
20 Prozent auf Hochmoor-Chäs.
16 verschiedene Joghurt­sorten und pasteurisierte Milch gehören ebenfalls zum Sortiment.
26 Betriebe aus der Region liefern die Milch.

 

Sommerserie «So ein Käse!»
Die BauernZeitung besucht für die diesjährige Sommerserie fünf Käsereien in der Region Ostschweiz/Zürich und stellt deren Spezialitäten vor.  Bereits erschienen:
Sternerberger von der Käserei Preisig aus Sternenberg ZH 
- Magoth von der Käserei Thönen aus Wängi TG 
- Chili- und Pfefferkäse von der Wagi’s Farm in Bibern SH