Mitten im Stadtquartier Bramberg in Luzern liegt der Kulturhof Hinter Musegg. Das Betriebsleiterpaar Walter und Pia Fassbind führen die kleinbäuerliche Landwirtschaft im Nebenerwerb seit dem Jahr 2000. Damals waren die Gebäude in einem so desolaten Zustand, dass es so nicht weitergehen konnte. Das Paar entschied sich, in Zusammenarbeit mit der Stadt Luzern, eine Stiftung zu gründen, um die Bauten zu erneuern und den Betrieb zu erhalten. So wurde die gemeinnützige Stiftung Kultur- und Lebensraum Musegg im Jahr 2013 geboren.
Die ersten Jahre standen im Zeichen der Mittelbeschaffung für den Umbau des Betriebes, dem Bau tiergerechter Stallungen und der geplanten Besenbeiz.
Stiftung mit Sinn
Der Zweck der Stiftung sind die Erhaltung, der Schutz und die Pflege des kulturellen Erbes, der natürlichen Umwelt und der heimischen Tierwelt an der Musegg. Durch das Betreiben des Bauernhofes Hinter Musegg möchte das Leitungsteam das allgemeine Wissen für kulturelle und ökologische Werte in der Öffentlichkeit fördern. Während Walter Fassbind weiterhin 80 Prozent auswärts arbeitet, leiten seine Frau Pia und Irene Wespi das Gesamtkonstrukt. Wespi wohnt und arbeitet seit acht Jahren auf dem Hof. Eine Ausbildung im Landwirtschaftsbereich hat sie nicht. «Learning by doing», erklärt sie lachend.
[IMG 3]
Nachhaltigkeit im Fokus
Das Duo baut den Kulturhof Hinter Musegg stetig aus und möchte in Zukunft die nachhaltige Entwicklung noch stärker hervorheben. Der Kleinbetrieb will neue Angebote in den Bereichen Ökologie, Gesellschaft und Wirtschaft schaffen und so die Bewegung der nachhaltigen Entwicklung lokal noch mehr unterstützen. Dabei bezieht sich der Kulturhof auf die SDG (Sustainable Development Goals, Nachhaltige Entwicklungsziele) der Agenda 2030 der UNO- Mitgliedstaaten. Diese 17 Nachhaltigkeitsziele umfassen alle Lebensbereiche.
Viele der Projekte auf dem Kulturhof streben bereits diese Richtung an. So wie die offenen Stalltüren und Stalldienste oder die Führungen zu Lebensraum-, Energie- und Klimaschutzthemen. Zudem findet man einen frei zugänglichen Sinnes- und Lehrpfad rund um den Hof und die Museggmauer. Auch findet man eine Hofbeiz und einen Hofladen mit regionalen und biologischen Produkten. Transparenz und die Wertschätzung von hiesigen Produkten liegen dem Team am Herzen.
[IMG 2]
Für alle offen
Dazu kommen Angebote wie die Erlebnistage für Schulklassen und Familien oder die Hofkindergruppen. Die Kinder aus dem Quartier helfen bei der Tierpflege, beim Ausmisten und Füttern und anderen der Jahreszeit entsprechenden Arbeiten auf dem Hof. Dabei erkunden die Hofkinder die Natur rund um den Lebensraum Hinter Musegg, beobachten und betreuen die Tiere über das ganze Jahr und erleben alle Veränderungen auf dem Hof.
«In der Stadt gibt es Kinder, die überhaupt keinen Zugang zu Tieren haben, nur schon das Betreten eines kleinen Stalles ist eine Herausforderung», erzählt Irene Wespi. Viele Anfragen flattern ins Haus, so auch aus anderen Stadtteilen. «Man merkt, die Menschen haben Lust, mitzuhelfen und dabei zu sein, auch wenn wir Blacken stechen gehen», meint Wespi schmunzelnd. Sie führt aus, dass der Kulturhof Musegg grundsätzlich immer für alle offen ist.
Tüftler als Betriebsleiter
Ein weiterer Punkt, auf den man Wert legt, ist das Energiekonzept mit integrierter E-Mobilität. Der Nebenerwerbsbauer vom Kulturhof Hinter Musegg, Walter Fassbind, arbeitet hauptberuflich als Stadtökologe in der Stadt Zug und kombiniert so Theorie und Praxis. Ein umgebauter alter Chevrolet fährt heute elektrisch und dient gleichzeitig als Solarstromspeicher. Mit dem auf E-Antrieb umgerüsteten Rapid 505 mäht er seine Wiesen, das Heu wird mit dem alten, nun elektrisch angetriebenen Schilter transportiert. Walter Fassbind ist ein Tüftler in Sachen Solartechnik, Elektromobilität und Stromspeicherung. Das Potenzial vom Bauernhof wäre nicht nur für Solarenergie noch gross, sondern auch für die Elektromobilität von landwirtschaftlichen Maschinen. Es müssten nicht immer neue sein, viele Motoren liessen sich auch umrüsten, meinte Fassbind kürzlich im Rahmen eines Referats in Meggen anlässlich der Tage der Sonne.
Das Kulturhof-Team wird seine Angebote für das laufende Jahr neugestalten und ergänzen. Beispielsweise mit Filmen, Workshops für Organisationen, Podien, Gesprächen oder auch Bühnenproduktionen im Themenbereich Nachhaltigkeit. Noch wird der Betrieb defizitär geführt, Ziel sei es aber, Wege zu finden, den Hof selbsttragend zu machen. «Da bleiben wir weiterhin dran», sagt Irene Wespi bestimmt.
Kulturhof Hinter Musegg
Betriebsleiter Pia und Walter Fassbind
Kulturhofleitung Pia Fassbind und Irene Wespi
Mitarbeiter(innen) Sommer: bis zu 25 Personen, Winter: zirka 10 Personen, viele freiwillige Helfer(innen)
Ort Luzern
LN 2,4 ha, 63 Hochstammbäume (Kirschen, Äpfel, Birnen, Mispel, Nuss, Kastanien)
Tiere 4 Hochlandrinder, 2 Alpakas, 4 Zwergschweine, 4 Zwergziegen, 12 Appenzeller Spitzhauben
Betriebszweige Hofladen, Hofbeiz, Eventgastronomie, Erlebnisangebote, Führungen, Workshops