«Wir Bauern haben langsam genug davon, als Umweltsünder, konservativ oder stur dargestellt zu werden – und zwar denken viele so: ÖLN-, IP-, Bio- und Demeterbetriebe», sagt Elmar Hüppi. Dies sagt er nicht als Privatperson, sondern als Präsident der Interessengemeinschaft Pro Kulturland. Diese wurde im Herbst 2022 in Gossau ZH gegründet und wehrt sich gegen die Pläne des Kantons, 1300 ha bestes Ackerland in Feuchtgebiete zu überführen. Potenzialflächen für Prioritäre Feuchtgebiete, abgekürzt PPF, nennt sich das Monsterwerk.

Pläne sind wie ein Servitut

Seit zwei Jahren erregen die PPF die Gemüter. Damals wurden erstmals in einem Artikel im «Zürcher Bauern» die Pläne des Kantons vorgestellt – nicht etwa als unverbindliche Absichtserklärung, sondern eins zu eins waren im GIS die 1300 ha verteilt über den ganzen Kanton schraffiert eingezeichnet.

In der Gemeinde Gossau, wo Elmar Hüppi in der Aussenwacht Herschmettlen seinen Betrieb hat, sind insgesamt mehr als 120 ha als PPF ausgeschieden. Eigentlich sei das Vorgehen des Kantons ein Angriff auf die Eigentumsrechte, denn damit war auch klar, dass auf diesen PPF-Flächen jegliche Veränderungen sistiert sind. Es können keine Bodenaufwertungen mehr durchgeführt werden, Bauprojekte schon gar nicht.

Ein Sechstel weniger

«Die vom Kanton schraffierten PPF-Parzellen sind quasi mit einem Servitut belastet und mit Wertverlust verbunden. Das hat für jeden einzelnen Betrieb finanzielle Auswirkungen», sagt Elmar Hüppi. Der 48-jährige Landwirt bewirtschaftet mit seiner Frau Theres seit der Hofübernahme vor über 20 Jahren einen 32-Hektaren-Milchwirtschaftsbetrieb. In den vergangenen Jahren stockte er den Betrieb auf, baute einen Kompoststall und konnte 7 ha kaufen. Eine Parzelle davon hat 5 ha am Stück, ist schön flach, sehr gut zu bearbeiten und bringt die besten Erträge auf seinem Betrieb. [IMG 2]

Just diese Parzelle wurde ihm als PPF ausgeschieden, obwohl es sich laut Hüppi um keinen typischen Moorboden handelt. «5 ha sind ein Sechstel meiner Betriebsfläche, das würde einen Sechstel weniger Dünger- und Futterfläche bedeuten und entsprechend weniger Kühe», fasst Hüppi die einschneidenden Veränderungen zusammen.

Drainagen als Druckmittel

Um den PFF Nachdruck zu verleihen, weigert sich der Kanton, bei den geplanten PPF Subventionen für die Drainagenerneuerung auszuschütten. Dieses Druckmittel des Kantons wirkt aber bei Elmar Hüppi nicht. Er ist Präsident der Flurgenossenschaft Gossau, einer der grössten des Kantons. «Ich bin seit 20 Jahren in der Flurgenossenschaft. In all dieser Zeit hat der Kanton nie an unsere Drainagen bezahlt», hält Hüppi fest. Jeder Bauer und Grundbesitzer zahle jährlich 50 Fr./ha ein. Damit finanziert die Flurgenossenschaft den Drainagenunterhalt. «Stand heute ist, dass alle Drainagen funktionieren», so Hüppi.

An der nächstens stattfindenden Generalversammlung der Flurgenossenschaft ist auch ein Antrag traktandiert, der festhält, dass der Kanton den Zustand der Drainagenrohre nur mit dem Einverständnis der Flurgenossenschaft und der Grundbesitzer sondieren kann.

Abo Infoveranstaltung IG Pro Kulturland Zürcher Amtschef Marco Pezzatti im Kreuzfeuer Thursday, 2. February 2023 Nach vielem «Bitti-Bätti-Machen» hätte die IG Pro Kulturland erreicht, dass der Kanton sich endlich bereit erklärte, breitflächig zu informieren. Die Informationsveranstaltung fand am 31. Januar statt. Darin verspracht der Amtschef, dass die Umsetzung der PPF in Absprache mit den Grundeigentümern erfolgen solle. Als erstes will der Kanton im Gossauerried mit der definitiven Ausscheidung von 65 ha bestem Ackerland zu Feuchtgebieten beginnen. Aber seit der Infoveranstaltung herrscht Schweigen im Wald.

«Wir wollen mitreden»

Abo Maya und Markus Hächler vom Schwobshof in Gossau verstehen weder das Vorgehen noch die Intention des Kantons. Kulturlandverlust Ein Drittel der Betriebsfläche des Schwobshofes fällt weg Thursday, 6. April 2023 «Wir wissen nicht, was die jetzt machen, obwohl wir klar gemacht haben, dass wir am Tisch hocken wollen, wenn über Entschädigungsansätze, Bewirtschaftungsauflagen, Folgebewirtschaftung oder Auswirkungen auf Nachbarparzellen gesprochen wird», sagt Hüppi und ist frustriert, dass das Amt nie von sich aus die Initiative ergreift, die Bauern beziehungsweise die IG einzubeziehen.

Die Zeit drängt. In seiner Antwort auf eine Anfrage im Kantonsrat hielt der Regierungsrat fest, dass bis 2025 das Flächenziel von 1300 ha zu sichern sei. Bis 2025 soll zudem auf 150 ha der gesicherten Fläche eine Wiederherstellung von Moor- und Feuchtbiotopen in ausreichender Qualität erfolgen. «Nur kann oder will uns bis heute niemand sagen, wo denn diese 150 ha sind!», ereifert sich Hüppi.

Für sanften Naturschutz

«Ich weiss genau, dass es dem Kanton nicht darum geht, einfach die Drainagenröhren zu verschliessen, sondern es wird brachial vorgegangen. Dafür haben wir genug Beispiele im Kanton», sagt Elmar Hüppi. Da werde mit Baggern aufgefahren, der Humus abgetragen und zum Teil in Deponien entsorgt. An anderen Stellen werde aufgeschüttet und Weiher künstlich angelegt.

«So etwas wollen wir verhindern. Aber wir sind nicht gegen den Naturschutz», sagt er und verweist darauf, dass der Kanton Zürich mit 16 % Ökoausgleich weit über den erforderlichen 7 % liege. Auch stellt ein Landwirt in Gossau 5 ha Fläche für das Kiebitzprojekt von Birdlife zurVerfügung. Dafür schliesst die Flurgenossenschaft die Drainagenleitungen, so haben die Kiebitze Nassstandorte.

«Niemand kann uns vorwerfen, dass wir nichts machen», sagt Hüppi. Seit der Ausarbeitung des Naturschutzkonzepts 1995 hat sich die Landwirtschaft zu einer ökologischeren Landwirtschaft entwickelt. Dies werde vom Kanton überhaupt nicht gewürdigt, denn die Ausscheidung der PPF-Flächen basiere auf den Annahmen von vor 1995. «Dieses Naturschutzkonzept schlummerte 25 Jahre in einer Schublade, wird jetzt hervorgeholt und, ohne zu überprüfen, umgesetzt. Das ist doch nicht seriös», sagt Hüppi.

«Wir und die Konsumenten, welche einheimische Nahrungsmittel wollen, bleiben auf der Strecke»

Elmar Hüppi

Die Regierung im Kanton Zürich, notabene des bevölkerungsreichsten Kantons, sollte sich langsam Gedanken über die Nahrungsmittelversorgung machen, findet Hüppi. Der Verlust an landwirtschaftlicher Nutzfläche ist beträchtlich.

Auch die Gewässerräume

Dazu zählen die PPF und Infrastrukturprojekte. Auch fallen im Kanton 2024 rund 1100 ha durch die 3,5 % BFF auf Ackerfläche weg, nicht zu vergessen die Gewässerräume. «Laut der Planung befinden sich diese nicht in den PPF-Flächen, sondern beanspruchen selbstredend weitere Flächen. So hat der Kanton den Fünfer und z Weggli. Wir und die Konsumenten, welche einheimische Nahrungsmittel wollen, bleiben auf der Strecke», sagt Elmar Hüppi.

Betriebsspiegel
Betriebsleitung: Theres und Elmar Hüppi
Ort: Herschmettlen (Gemeinde Gossau ZH)
LN: 32 ha, Naturwiesen und Kunstwiesen, Silomais und Gerste
Viehbestand: 50 Kühe mit Aufzucht, 40 Mastmunis