Ich war zu Besuch in einem Bauernhaus, in dem ich noch nicht war. In der Küche hängt neben dem grossen Esstisch ein schwarzes Bakelit-Telefon an der Wand. Mit Wählscheibe, zwei sauber glänzenden Schellen obendrauf, einem Haken links am Apparat und einem unten, um den Hörer aufzuhängen, und mit geringelter schwarzer Schnur. Verzückt schaute ich den antiken Apparat an, das Kopfkino lief, ich fühlte mich um Jahrzehnte zurückversetzt.
Erinnerungen an die Kindheit kommen hoch
Ich besuchte die Bauernfamilie wegen eines Porträts, war aber nur halb bei der Sache. Immer wieder schaute ich nach rechts, erinnerte mich an den guten alten Apparat, der im Elternhaus oben an der Treppe hing, die in den ersten Stock führte. Das bedeutete, dass die Person, die nach dem Schellen ans Telefon ging, einige Stufen hinaufgehen und auf der Treppe stehend schwatzen musste. Dauerte das Gespräch länger, konnte sie sich auf die Stufen setzen.
Der alte Kasten hat den Übergang in die digitale Welt überstanden
Diesen Gedanken hing ich nach, als plötzlich das Telefon schellte. Ja, der alte Kasten an der Wand, er meldete sich wie früher, als es nur einen Klingelton gab. Ich erschrak, fiel fast vom Stuhl, wusste nicht, wo ich war. Allgemeines Gelächter um mich herum, das mich in die Gegenwart zurückholte. Ob ich nicht gewusst hätte, dass diese alten Apparate wieder funktionstüchtig gemacht werden könnten, fragte mich die junge Bäuerin. Ich sei allerdings nicht die Erste, die so reagiere. Es belustigt mich, dass Leute von heute sich an so einer Antiquität erfreuen und mehr Geld ausgeben für die Installation als für ein modernes Gerät.
Ein einfaches Mittel gegen unliebsame nächtliche Anrufe
Meine Gedanken schweifen weiter zurück, in die gute alte Zeit. Damals, als es noch nicht in allen Haushalten einen Telefonanschluss gab. Auch wir hatten Nachbarn, die wir holen gingen, wenn sie von Verwandten und Bekannten angerufen wurden. Viel zu erfahren gab es nicht, weil Gespräche wegen der hohen Kosten nur kurz dauerten. Anonyme Anrufe blieben anonym, denn es wurden keine Nummern angezeigt. Auch für den einzigen Anbieter, die PTT, war es schwierig, einen Anrufer ausfindig zu machen. Meine Familie wurde Anfang der 1950er-Jahre eine Zeit lang von jemandem oft aufgeschreckt mitten in der Nacht. Vater bat die PTT um Hilfe. Der Monteur erklärte, er solle den Hörer abnehmen, diesen an den unteren Haken hängen und dort hängen lassen. Nach ein paar Tagen tauchte der Monteur wieder auf und meinte, wir könnten den Hörer wieder normal aufhängen. Sie hätten herausgefunden, wer uns belästige, und hätten die Person verwarnt.
Damals wurden Kinderstreiche mit dem Telefon verübt
Dank der Anonymität konnten auch Leute zum Narren gehalten werden. Ich erinnere mich, dass meine zwei ältesten Brüder und ich als Teenager zum Zeitvertreib Personen in Nachbargemeinden anriefen und fragten, wann sie den Hund abholen würden. Es geschah stets das Gleiche, der Angerufene schrie ins Telefon: «Wassss, e Hund? Ich habe keinen Hund bestellt.» Wir fuhren weiter: «Sie sind doch diese Person? Vor mir liegt eine Postkarte, wo Sie schreiben, Sie hätten grosses Interesse am Hund und würden ihn gerne bald abholen.» Die Geschichte endete meistens damit, dass der Angerufene erbost den Hörer aufhängte. Genau: Er konnte ja damals nicht lautstark auf die Gabel geknallt werden.