«Schau, dort trägt sogar eine eine Tracht.» Der ältere Herr, der diese Worte jüngst zu seiner Begleiterin sagt, scheint etwas erstaunt. Wir stehen mit vielen anderen im rappelvollen Bus vom Bahnhof St. Gallen zum Olma-Messegelände. Dicht an dicht stehen Menschen unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichen Dialekten. Ich schmunzle vor meinem allerersten Besuch am Tag der Bäuerin an der Olma leicht vor mich hin und denke im Stillen: «Du wirst dich noch wundern, das wird ganz sicher nicht die einzige Frau in Tracht gewesen sein, die du heute siehst.»

Trachten sind nur vereinzelt zu sehen

Abo Olma - Tag der Bäuerin «Immer mal wieder etwas aus der Reihe tanzen» Friday, 20. October 2023 Ich bin in diesem Moment der festen Überzeugung, dass am Bäuerinnentag zahlreiche Frauen in Tracht erscheinen. Tja, ich liege so was von daneben, wird mir beim Eintreffen im Foyer des Veranstaltungssaales bewusst. Wohl kein Dutzend der mehreren hundert Teilnehmerinnen, die sich bei Kaffee, Brötchen und Zopf angeregt unterhalten, trägt Tracht. Ein Gespräch mit einer Trachtenträgerin öffnet mir nach dem Anlass die Augen. Dieser endet nach dem Mittag und lässt Zeit, um sich auf dem weitläufigen Olma-Messegelände umzusehen. Die Tracht dabei den ganzen Tag zu tragen, ist nicht wirklich bequem. Wobei, die Tracht ginge ja noch. Vielmehr sind es die zugehörigen Trachtenschuhe, die einen längerdauernden Messebesuch zur Tortur machen können, wird mir beschieden. Leuchtet ein, denn auch ich gehe ja nicht mit Stögelischuhen an eine Messe. Zudem erfordert das Vorbereiten und Bügeln der Trachtenbluse und das Nachbereiten der Tracht mit einer aufwendigen Reinigung viel Zeit.

Früher war es einfacher - diese Aussage erstaunt

Ein weiterer Punkt lässt mich an diesem Tag auch erstaunen. Von den vier Frauen unterschiedlichen Alters, die erfrischend ehrlich aus ihrem jeweiligen Leben als Bäuerin erzählen, erklärt die Älteste von ihnen, die 80-jährige Milli Wittenwiler: «Wir hatten es früher einfacher. Auch wenn wir darum kämpfen mussten, den heutigen Stand zu bekommen, aber es ging immer ein wenig obsi.» Mmmmh. Ich dachte immer, wir heutigen Bäuerinnen dürften uns zufrieden schätzen. Klar, es gibt auch heutzutage Probleme zu lösen, die soziale Absicherung ist auch immer noch ein gewichtiges Thema, das nicht selbstverständlich ist. Aber im Arbeitsalltag haben wir doch viele, vor allem technische Errungenschaften, die uns das Leben einfacher machen.

Das Herzblut eint sie alle

Ich habe den Tag der Bäuerin zwar zum ersten, aber sicher nicht zum letzten Mal besucht. Einmal mehr habe ich gesehen, wie unterschiedlich Bäuerinnen unterwegs sein können, mit etwas, das sie alle vereint: das Herzblut für ihre tägliche Arbeit, so unterschiedlich die auch aussehen mag.