Sepp Sennhauser war bis 2024 Co-Präsident von Bio Ostschweiz. An vielen Versammlungen hatte er sich kritisch zu den früheren Bio-Suisse-Werbespots geäussert. Nun laufen neue TV-Spots, die statt «bäuerlicher Romantik Szenen aus dem Alltag der Menschen daheim» zeigen, wie Bio Suisse in ihrer Medienmitteilung zu den Werbungen schreibt.
Wie gefallen Ihnen die TV-Spots, die seit dem 23. September laufen?
Sepp Sennhauser: Positiv ist, dass keine Heidi-Welt mehr gezeigt wird. Auch die Dauer von kurzen 15 Sekunden finde ich gut. So sind sie auch für die sozialen Medien geeignet. Es hat witzige Szenen, zum Beispiel das Zwiebelschneiden mit Skibrille. Dass nichts vom Biohof gezeigt wird, kann man mal so machen.[IMG 2]
Was gefällt Ihnen nicht?
Der Text enthält einen groben Fehler. Es wird suggeriert, dass die Produkte frei von chemisch-synthetischen Spritzmitteln sind. Dies kann aber nicht zu 100 Prozent garantiert werden. Bei grossen Getreidesilos können kleinste Rückstände von den Förderanlagen gemessen werden. Dies wird ja auch toleriert. Der Text «ohne chemisch-synthetische Pestizide» muss ergänzt werden durch «angebaut oder produziert». Sonst ist es nicht korrekt.
Was sagen Sie zu den Szenen aus dem Alltag der Menschen daheim?
Die Bio-Suisse-Werbung ist etwas austauschbar geworden. Man sieht einen Kühlschrank und Menschen beim Essen. Das kann genauso gut Werbung für ein anderes Lebensmittel sein. Ein Detail: Die Spaghetti sind sehr wahrscheinlich keine aus Schweizer Knospe-Hartweizen.
Ist der Slogan «Egal wie du isst, Hauptsache Bio-Knospe – ohne chemisch-synthetische Pestizide» nicht irreführend?
Das ist immer wiederkehrend. Eigentlich hätte man auch andere Vorzüge von Bio hervorstreichen können, wie zum Beispiel, dass wir nur organische Dünger verwenden, also «ohne Kunstdünger». Oder was unsere Tierhaltung für Vorteile bietet. Zumal im Biolandbau auch Pflanzenschutzmittel verwendet werden wie Kupfer, Schwefel oder Pheromone, welche sehr wohl kritisch zu beurteilen sind.
Äusserten sich auch Ihre Kollegen zum Spot?
Es gibt sehr gemischte Reaktionen, von gut bis katastrophal. Es gefällt nicht allen, dass nichts von der Produktion gezeigt wird.
Die Spots sollen bis 2026 im Fernsehen laufen, aber auch online und in den sozialen Medien ausgespielt werden. Werden Sie oder Bio Ostschweiz bei Bio Suisse intervenieren?
Ich habe schon Reaktionen von Kollegen erhalten wegen der genannten Mängel beim Text. Es haben aber schon andere interveniert und hoffentlich Erfolg damit. Grundsätzlich soll man die Spots laufen lassen – mit der Textergänzung. Die Verantwortlichen haben sich Mühe gegeben bei diesem Spot und wollen vor allem die urbanen Konsumentinnen und Konsumenten ansprechen. Dies hilft dann hoffentlich, dass der Absatz wieder besser wird als zurzeit.