In meiner langjährigen Beratertätigkeit traf ich unzählige Bauernpaare, sowohl in guten als auch schlechten Tagen. Eines vermerkte ich dabei: Für den Erfolg einer Ehe ist es nicht entscheidend, ob eine Partnerin oder der Partner aus einem landwirtschaftlichen Umfeld kommt oder nicht.
Handelt es sich bei einer Partnerin um eine Bauerntochter, kann es sein, dass dadurch zwei ganz unterschiedliche Ansichten in Bezug auf die «richtige» Betriebsführung aufeinandertreffen. Die Frau bringt die Erfahrung aus ihrem elterlichen Betrieb mit und weiss, wie eine Arbeit «richtig» erledigt werden muss. Der Mann seinerseits hat eine andere Ansicht, wie man erfolgreich sein kann. Sich ewig darüber auszulassen, wie die Arbeit gemacht werden soll und wer nun der «Chef» ist, sorgt für Zündstoff. Aber das Paar könnte ganz einfach die Arbeit einmal nach der Vorstellung der Frau erledigen und dann nach der Idee des Mannes. Am Ende sollte das Paar gemeinsam entscheiden, wie weiter vorzugehen ist.
Respekt gegenüber dem Partner
Es ist für einen Partner zermürbend, wenn er nie seine Ideen und Vorstellungen umsetzen kann. Ganz schlecht ist es, wenn einmal etwas schiefgeht und es von der anderen Seite her Vorwürfe hagelt. Auch «Hättest du nur auf mich gehört» kommt schlecht an. Es darf nicht sein, dass immer nur eine Meinung gilt und die andere als untauglich beurteilt oder gar belächelt wird.
Kommt die Partnerin aus einem nichtbäuerlichen Umfeld, ist die Motivation für diesen Schritt manchmal entscheidend. Es zeigt sich, dass die Liebe dann zu wenig ausdauernd sein kann, wenn am Anfang die Vorstellung herrschte: «Es ist doch schön, immer in der Natur zu sein, sich immer mit Tieren beschäftigen zu können, den Mann und Vater immer zu Hause zu haben.»
Es braucht Einfühlungsvermögen
Auch diese Partnerschaft kann gelingen, wenn die Geduld des bäuerlichen Partners gross genug ist. Auch sollte sich der Mann genügend Zeit einplanen, dass sich die Neueinsteigerin an das Arbeiten auf dem Hof gewöhnen kann. Das braucht Einfühlungsvermögen. «Das weiss man doch von daheim» gilt hier eben nicht. Ist die Motivation aber die, den Beruf der Bäuerin richtig zu erlernen und dem Partner eine Stütze zu sein, kann das hervorragend zusammenpassen. Ganz andere Sichten können oft wertvolle Impulse geben. Der Ehepartner muss sie aber auch als solche sehen.
Ein anderes Beispiel für das erlebte Umfeld kann sein: Die Frau kommt aus einer Familie, wo der Vater alles für seine Liebsten gemacht hat. Den Kindern wurde stets alles aus dem Weg geräumt, sie mussten nie mitarbeiten. Jetzt heiratet eine Tochter dieser Familie einen Mann, in dessen Familie alle anpacken mussten, auch die Mädchen. Es liegt nahe, dass sich diese Frau weiterhin gerne verwöhnen lassen möchte. Der Mann seinerseits erwartet natürlich, dass seine Frau im Haushalt und im Betrieb mitarbeitet.
Nach den Hintergründen fragen
Für die Schwiegereltern sieht das auch bald einmal so aus, dass die Schwiegertochter eine gar bequeme Frau sei. Aber diese Frau hat gar nichts anderes erlebt oder gesehen, als dass der Vater daheim alles machte. Warum sollte dies aus ihrer Sicht in der Ehe nun anders sein? Statt sich gegenseitig zu beschimpfen und Vorwürfe zu machen, sollte jeder sich seiner Herkunft bewusst sein und sich fragen, warum verhält sich diese Frau so «bequem». Das Thema sollte auch ruhig angesprochen werden. So lassen sich Änderungen herbeiführen. Dann kann die Partnerschaft und auch das Auskommen unter den Generationen gelingen.
Zur Person
Pius Hager aus Jona SG ist ehemaliger Betriebsberater und Autor des Buchs «Leben – vom Streit zum Frieden, Generationenkonflikt – Partnerschaftskonflikt». Er schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.