Möchte er das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (Esaf) nochmals bei sich, quasi auf dem Hof? «Nein, sicher nicht», sagt der Zuger Landwirt Philipp Freimann lachend, aber auch bestimmt. Nicht, weil er mit den Verantwortlichen des Esaf keine gute Zusammenarbeit gepflegt hätte, aber etwas in dieser Grössenordnung, das mache man genau einmal im Leben. Der gigantische Grossanlass – vom 23. bis 25. August werden gegen 350 000 Besucher erwartet, die Schwingarena bietet Platz für über 50 000 Personen – beschäftigt ihn und seine Familie in der Tat bereits seit sieben oder acht Jahren. So genau wisse er das gar nicht mehr.

Druck vorhanden

Damals hätten erste Gespräche stattgefunden mit dem Initiativkomitee. Freimann war «sehr skeptisch». Er spürte aber rasch einen grossen Druck, der auf ihm lastete. «Das ist eine gute Sache für die Region», «da kannst du doch nicht dagegen sein», bekam er von allen Seiten zu hören. So begannen Gespräche und erste Verhandlungen und mit der Zeit konnte so manches bereinigt und präzisiert werden. Stolperstein war das Weideland für seine Mutterkuhherde. Und zwar nicht nur während der drei Tage Ende August 2019, sondern bereits vier bis fünf Jahre zuvor. Auf Freimanns Land wurden massive Erdverschiebungen durchgeführt, während zwei Jahren gegen 60 000 m3. Es wurde ausgeebnet und Drainagen eingelegt. «Eingeschränkte Bewirtschaftung» bedeutete dies für den Präsidenten des Zuger Landtechnikverbandes.

«Einen Porsche können wir uns nicht kaufen.»

Esaf-Bauer Philipp Freimann zu den Entschädigungen für sein Land.

«Ich metzge keine Kühe wegen dem Esaf», war von Anfang an sein Standpunkt. So bekam er zwar Ersatz-Pachtland angeboten, aber zu weit weg für ein vernünftiges Weidemanagement. Sein «Okay» gab er dann allerdings, als er in unmittelbarer Nachbarschaft ein paar Hektaren pachten konnte. Offiziell zwar befristet, Freimann wäre aber nicht abgeneigt, die gut vier Hektaren auch nach dem Grossanlass zu bewirtschaften. Insgesamt hat der 42-Jährige rund 20 ha LN nicht unter dem Pflug, sondern in seinem Fall halt «unter dem Schwingfest».

Boden wird beansprucht

Hof und Wohnhaus stehen wenige hundert Meter neben der Arena. Nicht jede Fläche von Freimanns ist aber gleichermassen betroffen. Von der Evakuationsfläche, die während der drei Tage für Notfälle frei zugänglich sein muss, bis zur überbauten Arena ist alles dabei. Also Festzelte, WC-Anlagen, Camping, Parkplätze für Autos oder Velos. Die aufwühlendste Zeit sei die Phase der Vorverhandlungen gewesen, bis die Verträge standen, sagt er rückblickend. Danach arbeitete er auch oft im Lohn für das Esaf. Etwa für Ansaaten oder Tiefenlockerung der Böden. Gearbeitet wurde nur, wenn der Boden genügend abgetrocknet war. Das habe sehr gut geklappt. Nach dem Schwingfest hat er ausschliesslich Fruchtfolge-Flächen, was vorher nicht der Fall war. Die grosse Frage allerdings ist, was noch «versiechet» wird, wie er sagt. Sorgen bereitet ihm also vor allem der Abbau. Die wenigsten Involvierten hätten eine Ahnung vom Boden. Sein Tipp an Landwirte in vergleichbaren Situationen: Vorher definieren, was erlaubt ist und was nicht. Die Arbeiter müssten instruiert werden und es brauche einen Verantwortlichen für die Böden. Ja, ab und zu habe er sich schon genervt. Etwa als Ende Mai «jemand» mit dem Mulchgerät durch eine Ökowiese fuhr.

 

Betriebsspiegel Hof Freimann

Familie: Philipp und Beatrice mit den Kinder Severin (10), Jonas (8), Silvan (6)

Tiere: 45 Mutterkühe, Produktionsbetrieb Natura-Beef; 18 Mastschweineplätze

Flächen: 35 ha LN; Ackerbau und Getreide, Hochstammobstbäume (Kirschen, Birnen, Äpfel), veredelt zu Most und Schnaps

Arbeitskräfte: Betriebsleiter Philipp Freimann, Zusammenarbeit mit Nachbarn (gemeinsame Maschinen) bei Hofdünger/Düngung, Bodenbearbeitung, Dürrfutter, Aushilfen im Stall.

 

Eigenes Camping

Nun haben sich Freimanns noch zusätzliche Arbeit aufgehalst. 600 Gäste werden auf dem eigenen Camping auf zwei Parzellen rund ums Haus erwartet. So könne er auch etwas verdienen. «Wenn die Schwingfest-Kuh schon vorbeikommt, melken wir auch ein wenig», sagt er. Denn: Den Ärger und die Massen habe er ja in jedem Fall auch. Natürlich werde er für sein Land entschädigt. Er habe aber auch für 15 000 Franken Getreide und Stroh zu kaufen. «Reich wirst du nicht», kann er Entwarnung an eventuelle Neider geben. Freimanns haben vor einigen Jahren ein neues Wohnhaus gebaut, schon damals meinte man an einigen Stammtischen, das habe wohl das Esaf «hingestellt». Freimann kann heute darüber lachen. Er könne sich jedenfalls keinen Porsche kaufen mit den Entschädigungen vom Schwingfest. Eine schöne Reise durch Amerika mit der Familie sei aber angedacht.

Zurück zum Camping: Festbänke, Holzschnitzel für den Boden und Sonnenschirme sind bestellt. Ebenso ein «Duschwagen» (25 Duschen, mit Durchlauferhitzer für Warmwasser) aus Deutschland, den er für 6000 Franken mietet. Auch Schwingfans erwarten heute eben einen gewissen Komfort.

Er habe sich an den Gedanken gewöhnt, dass bald Tausende über sein Land und rund um den Hof spazieren werden. Aber was, wenn es stark regnen sollte? «Wie bringen wir die Autos aus den Feldern?» Ein paar Mal sei er nachts doch aufgewacht.

Hoffen auf Wetterglück

Bis Oktober ist das meiste rückgebaut von der Esaf-Infrastruktur. Die 33 Hochstämmer werden wieder gepflanzt. Was auf den beanspruchten Flächen bereits wieder möglich sein wird, lässt sich nicht sagen. «Ich hoffe auf ein gutes Fest und Wetterglück» sagt er, der hofft, etwas Zeit zu haben, um ebenfalls in der Arena die Gänge zu verfolgen. Wie oft er dann ans Telefon müsse wegen seinem Camping oder anderen «Sörgeli», könne er sich heute nicht ausmalen. Es sei schliesslich das erste (und das letzte) Mal, dass er 350 000 Besucher rund um den Hof habe.Armin Emmenegger