«Wir wollten etwas machen, das nicht jeder macht. Das brauchte etwas Abenteuerlust und Risikobereitschaft», sagt Thomas Fuchs. Seit 2013 stehen im Stall in Wysshus bei Bolligen BE japanische Wagyu-Rinder, die mit den berühmten Kobe-Rindern verwandt sind.

Das Fleisch gilt als Delikatesse

Anders als bei anderen Rindern ist das Fett im Muskelfleisch nicht punktuell, sondern gleichmässig in sehr feiner Marmorierung verteilt. Das sorgt für einen Geschmack, der von Sterneköchen und Gourmets gleichermassen geschätzt wird. «Es ist kein Alltagsfleisch, sondern ein Luxusprodukt», sagt Ursula Fuchs.

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Hohrücken von einem Wagyu der Familie Fuchs. (Bild Ursula Fuchs)

Berner Spitzenköche

Die Familie vermarktet diese Delikatesse direkt. Zu den Kunden gehören Spitzenköche wie Ivo Adam vom Berner Casino, Domingo S. Domingo vom Mille Sens und Tom Christen vom Landhaus Liebefeld. Das Casino kauft jeweils ganze Tiere, die anderen Restaurants halbe.

Privatpersonen können 10-Kilo-Mischpakete à 670 Franken bestellen. Sie haben auch immer eine kleinere Auswahl an Einzelpor-tionen zu verkaufen. «Unsere Privatkunden sind kochinteressiert und wollen etwas Spezielles», sagt Ursula Fuchs. Sich den Kundenstamm aufzubauen, dauerte ein paar Jahre. Die Vermarktung nehme sehr viel Zeit in Anspruch. Sie haben im Internet geeignete Restaurants gesucht, angerufen und das Fleisch vor Ort gezeigt.

Fett als Geschmacksträger

Die Berner Köche seien gut untereinander vernetzt und so wirkte irgendwann auch die Mund-zu-Mund-Propaganda. Das Ehepaar priorisiert den regionalen Verkauf. Wenn sie Anfragen aus Zürich oder Graubünden bekommen, verweisen sie auf dortige Züchter. Das Verhältnis der 30 Züchter im Schweizerischen Wagyu-Zuchtverein sei gut, sagt Thomas Fuchs.

Die Kunden müssten wissen, worauf sie sich einlassen. Das Wayu-Fett ist ein «wahnsinniger Geschmacksträger», sagt Thomas. Ein Teil davon läuft bei der Zubereitung aus. Aus diesem Grund legt man Wagyu-Fleisch auf eine Platte und nicht auf einen Rost, weil das hinunter tropfende Fett entflammt.

«Sie sind lange schmächtig»

Entscheidend sei auch die Wahl des Metzgers. Das Fleisch reift zirka drei Wochen lang am Knochen und ist schwieriger zum Zerteilen. «Ich muss beim Metzger bessere Büez verlangen, das bezahle ich aber auch», sagt Ursula Fuchs. Pro Jahr werden acht bis zehn Munis geschlachtet, das Fernziel sind 12 bis 15. In die Metzg gehen die Tiere erst mit dreieinhalb Jahren. Das Lebendgewicht sollte dann 900 kg betragen, das Schlachtgewicht 450 kg. «Sie sind lange schmächtig, erst nach zwei Jahren bildet sich der Schlachtkörper richtig aus», erklärt Thomas Fuchs. Auch die Marmorierung des Fleisches ist erst nach drei Jahren wie gewünscht.

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Die Wagyus bleiben lange zart gebaut und werden deshalb erst mit 3,5 Jahren geschlachtet. (Bild Belinda Balmer/BauernZeitung)

Fernsehbeiträge gesehen

Die Bauingenieurin und der Holzbautechniker haben Ursulas elterlichen Betrieb 2009 übernommen. Ein Jahr später stellten sie von Milchproduktion auf Aufzucht um, 2013 kauften sie die ersten Wagyus. Die Idee dazu hatte Thomas. Sie hatten schon öfters TV-Beiträge über das Fleisch gesehen. «Eines Tages kam er dann und sagte, komm, das machen wir. Und ich war dabei», sagt Ursula Fuchs. «Ich gehe solche Dinge immer recht naiv an, Ursula ist jene, die dann in die Tiefe recherchiert, was ein solches Projekt überhaupt bedeutet.»

Hohe Investitionen

Nachdem sie viel im Internet gelesen, Fleisch probiert und Tiere besichtigt hatten, kauften sie die ersten zwei Rinder für je 8000 und 9000 Franken. Vermutlich hätten die hohen Investitionen beim einen oder anderen Bauern in der Umgebung schon Kopfschütteln ausgelöst.

Aus Australien bestellten sie die ersten sieben Embryos. 1500 Franken kostet es, bis ein Embryo importiert und eingepflanzt ist. Die Chance, dass es anwächst, liegt bei 50 Prozent. Deshalb musste bald eine andere Methode her. Als die Herde genug gross war, konnten sie selbst Embryonen züchten. Bis zu 15 gab es bei einem Mal. Das kam viel günstiger und die Wahrscheinlichkeit, dass die Embryonen anwachsen, war höher, weil sie ohne Einfrierzeit wieder eingesetzt werden.

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«Wir möchten nicht mehr zurück», sagen Ursula und Thomas Fuchs über ihren Einstieg in die Wagyu-Zucht. (Bild Belinda Balmer/BauernZeitung)

Bei der Genetik setzen sie auf japanische Linien, damit die Tiere möglichst nah an der Ursprungsrasse bleiben. Mittlerweile läuft ein Wagyu-Stier in der Herde mit und 60 der 74 Tiere sind Vollblut-Wagyus. Dazu kommen einige Fleischrinder anderer Rassen und neu einige Pinzgauer. «Die haben wir uns zu Weihnachten geschenkt. Wir wollen einen Farbtupfer in unserer sonst so schwarzen Herde haben», erzählt Thomas.

Eher intensive Rasse

Bei den Wagyus seien Haltung, Fütterung und das Schlachtalter entscheidender als aus welcher japanischen Linie die Rinder genau stammen. «Manche Züchter machen gerne ein Geheimnis um die Fütterung, aber wir sind da eigentlich recht offen.» Wichtig sei es «genügend zu fuehre», sagt der Berner Oberländer Bauernsohn. Es sei eine eher intensive Rasse.

Das Futter wird auf dem eigenen Hof produziert. Nur beim Eiweissfutter für die Ausmast werden im Lohnfutterbetrieb der eigenen Futtergerste und dem eigenen Futterweizen noch einige andere Komponenten zugemischt. Im Sommer können die Tiere Tag und Nacht auf die Weide.

«Kälber sind Finöggeli»

Die Wagyus sind umgänglich, gegenüber Fremden eher scheu und kalben einfach ab. Allerdings sind die ersten vier Monate heikel: «Unser kleinstes Kalb war nur 15 kg schwer. Sie sind Finöggeli und in der ersten Zeit sehr anfällig», sagt Ursula. Bei der Herdengrösse ist das Paar nun bald dort, wo sie sein wollen. «Wir möchten nicht mehr zurück», bilanzieren die Eltern zweier Teenager.

Website: www.berner-wagyu.ch

 

Betriebsspiegel

Name: Ursula und Thomas Fuchs

Ort: Wysshus BE (Gemeinde Bolligen)

Fläche: 31 ha

Kulturen: Weiden und Kunstwiesen zur Futterproduktion, Futterweizen, Futtergeste, Mais, Brotweizen

Viehbestand: Mutterkuhherde mit 74 Tieren (60 Vollblut-Wagyus)

Betriebszweige: Neben der Mutterkuhhaltung Pferdestall als Selbstversorgungsstall vermietet, Ursula Fuchs arbeitet Teilzeit als Bauingenieurin