«Einfach funktionieren» scheint ein Leitsatz zu sein, der seit Generationen Frauen begleitet. Auch bei Anja Rühli aus Barzheim fallen diese Worte. Sie sagt: «Das waren happige anderthalb Jahre, wo wir einfach funktioniert haben und den Betrieb umkrempelten.»
«Wir haben vieles arbeitstechnisch umgestellt, so dass es für uns zwei machbar ist.»
Anja Rühli
Im Januar 2022 starb völlig unerwartet Anja Rühlis Mann Koni an einem Schlaganfall. Seither managen Anja Rühli (43) und Tochter Katia (20) den 33 ha grossen Milchwirtschaftsbetrieb, und Anja stellt grad klar: «Aufs Foto will ich nicht», bevor sie dann auf die Veränderungen auf dem Betrieb eingeht. Sie sagt: «Wir haben vieles arbeitstechnisch umgestellt, so dass es für uns zwei machbar ist.»
Zucht wird weitergeführt
Aufgeben kam nicht infrage, denn Katia hatte sich in ihrer Berufswahl für Landwirtin entschieden und schloss die Lehre im Sommer 2022 ab. Auch war ihr Vater Koni Rühli ein begnadeter Züchter. Dieses Erbe hält Katia hoch und will es weiterführen.
Nicht mehr wie früher, sondern mit angepassten Arbeitsabläufen, die kräftemässig für die beiden Frauen zu bewältigen sind. «Wir waren immer zu zweit im Stall und sanken am Abend einfach todmüde ins Bett», erinnert sich Anja und weiter: «Wir mussten uns entscheiden, entweder aufhören mit der Milchwirtschaft oder einen Melkroboter anschaffen.»
Astronaut bringt Entlastung
[IMG 2]
Gewonnen haben die Tierliebe und die Züchterleidenschaft – und durch den Roboter auch die Lebensqualität. Seit März 2023 steht ein Lely Astronaut für die 50 Kühe im Stall. «Wir haben das Glück, dass unsere Kühe sehr ruhig und selbstständig sind», sagt Katia und weiter: «Unsere Kühe waren genial. Sie haben ruckzuck kapiert, wie das mit dem Melkroboter läuft.» Durch den Roboter ist nicht nur das Arbeiten im Stall einfacher geworden, sondern auch auf dem Feld. So konnte die junge Landwirtin in dieser Saison auch mal ohne Unterbruch durch die fixen Melkzeiten bis am späten Abend die Feldarbeiten erledigen. Die bisherigen Zuchtziele verfolgt Katia Rühli weiter. So sollen ihre Kühe robust und gesund sein, von den Zellzahlen her tief bleiben und natürlich zählen Fruchtbarkeit und Langlebigkeit. «Im Moment sind zeitlich gesehen Viehschauen nicht das grosse Thema. Aber das Ziel ist schon, zukünftig auch an Viehschauen teilzunehmen», erzählt sie.
Eine Auszeichnung konnte sie schon einheimsen. Von Swissherdbook erhieltensie eine Hofplakette für die Lebensmilchleistung von über 125'000 kg. Geehrt wurde damit ihre Kuh Barbara. «Das ist Barbara», sagt Katia, während sie durch den Laufstall geht. Die Kuh Barbara, geboren im April 2009, brachte schon 13 Kälber auf die Welt und erreicht immer noch eine Milchmenge von rund 10'000 kg. Anja Rühli tränkt derweil die Kälber. «Wir achten auf Kuh- und Jungviehsignale, um möglichst frühzeitig zu erkennen, ob ein Tier Krankheitszeichen aufweist», sagt sie. Das ist ihr wichtig. Die Fütterungsplanung hatte Anja Rühlis verstorbener Mann aus dem Effeff im Griff. Dieses intuitive Erfahrungswissen fehlt den beiden Frauen noch, so dass sie mithilfe eines Futterplans füttern, den ihnen ein Futtermittelberater zusammenstellte.
[IMG 3]
Knecht Westermann
Arbeitserleichterungen im Stall brachte auch ein Westermann-Selbstfahrer Cleanmeleon, den Rühlis zum Mist- und Futterschieben sowie zum Wischen verwenden. Zudem bestellen sie Säcke nur noch mit 25 kg statt 50 kg. In Zukunft soll auf Big-Bag umgestellt und am Futtermischwagen soll noch eine Befüllschnecke für das Eiweissmischfutter eingebaut werden. Nicht nur im Stall gab es Veränderungen, sondern auch im Wohnhaus. «Wir hatten eine Stückholzheizung. Aber da von uns niemand in den Wald geht, um Holz zu schlagen, bauten wir eine neue Heizung mit Fernwärme ein», erzählt Anja. Im gleichen Zug malten sie im Wohnhaus auch alle Wände neu. Zum Wohnhaus gehört auch das Betriebsbüro, in dem Anja die Buchhaltung erledigt und der Aufzeichnungspflicht nachkommt. «Letzteres hatte ich früher nie gemacht und dafür musste ich mich intensiv einarbeiten», erzählt sie.
[IMG 4]
Anklopfen und fragen
Eine grosse Hilfe war ihnen, und ist es immer noch, die Unterstützung durch Verwandte und durch die Bauernfamilien in Barzheim. «Viele haben uns gesagt, dass sie uns helfen, aber nicht aufdringlich sein wollen», erzählt Katia. Und das habe super funktioniert. «Wenn wir nicht weiterwissen, klopfen wir einfach an und fragen», sagt Anja. Klar habe es anfänglich etwas Überwindung gebraucht. Aber alle hätten es ihnen leicht gemacht, seien mehr als nur hilfsbereit und würden mit Rat und Tat helfen. Rühlis haben in den vergangenen Jahren viel bewältigt. Sie sind noch immer dran und auf der Suche nach «geregelten Bahnen und eingespielten Arbeitsabläufen».
Aber durch die Arbeitserleichterungen gibt es Freiraum, so dass sich Katia vermehrt um ihre zwei Pflegepferde kümmern und mehr Zeit mit ihrem Freund verbringen kann. So dass auch ab und zu Ausgang drin liegt und sie am Abend nicht mehr zu müde ist, um mal wieder ein Buch zu lesen, das sie vorzugsweise in die Fantasy-Welt entführt. Anja Rühli möchte mehr Zeit für sich und vor allem Musse für ihr kreatives Schaffen haben. Bald wird sie sich in der Garage eine Werkstatt für ihr Hobby einrichten, nämlich für Holzarbeiten. Das macht ihr Freude – hat sie doch viele Möbel im Haus selbst geschreinert.
Betriebsspiegel
Name: Anja Rühli mit Tochter Katia
Ort: Barzheim
LN: 33 ha
Kulturen: Natur- und Kunstwiesen, Mais, Futtergetreide
Viehbestand: 50 Milchkühe, eigene Nachzucht