246 Frauen aus allen Regionen der Schweiz werden Ende Oktober an der zweiten Frauensession gleichstellungsrelevante Themen diskutieren. Nebst 46 amtierenden Politikerinnen konnten sich Schweizerinnen und Frauen, die in der Schweiz wohnen sowie 16 Jahre alt sind, um einen der 200 freien Plätze bewerben.
Es sind Bäuerinnen unter den Gewählten
Der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) unterstützt das Projekt und forderte seine Mitglieder aktiv zur Teilnahme auf. 1400 Frauen registrierten sich als Kandidatinnen und 12 000 als Wählerinnen. Von einem regelrechten Run auf die Sessionsplätze war in den Medien die Rede. Seit dem 22. Juni ist bekannt, wer nach Bern an die Session darf.
«Ich will mein Rollenmodell wählen können»
Regula Böhi, weshalb bewarben Sie sich für die Frauensession?
Wenn du nicht dabei bist, kannst du nicht mitreden. Die letzte Frauensession fand vor 30 Jahren statt, wenn es bis zur nächsten wieder so lange dauert, ist es für mich zu spät. Ich will jetzt die Gelegenheit nutzen. Zudem wollte ich, dass die Stimme des Ländlichen und des Traditionellen vertreten ist.
Was heisst für Sie Gleichstellung?
Ich will keine Rollenverteilung vorgegeben haben. Egal ob Frau oder Mann, jede und jeder soll wählen können, welches Rollenmodell am besten zur eigenen Situation passt. Für dieses muss man dann dem Umfeld gegenüber einstehen und vielleicht sogar dafür kämpfen. Ich bin gegen Quoten und zu viele regulierende Gesetze.
Was war Ihre Reaktion auf Ihr positives Wahlergebnis?
Ich war erstaunt und hatte nicht damit gerechnet.
Was sind Ihre Kernanliegen an der Session?
Ich habe an erster Stelle die Kommission «Frauen in der Landwirtschaft» gewählt. Die soziale Absicherung, das Thema Burnout und die Begegnung von Stadt und Land sind für mich wichtige Themen. Und ich möchte, dass Frauen für unbezahlte Arbeit, wie z. B. die Angehörigenpflege und andere Arten von Freiwilligenarbeit Anerkennung bekommen. Wichtig ist mir, dass wir tolerant sind mit Menschen, die etwas anders machen als wir.
Weshalb wurden Siegewählt?
Ich habe aktiv mein Netzwerk genutzt und meine Wahl via Whatsapp-Status sichtbar gemacht. [IMG 3]
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«Für das Gleiche das Gleiche bekommen»
Diana Siegrist, weshalb bewarben Sie sich für die Frauensession?
Aus Jux, deshalb weiss ich auch gar nicht so genau, auf was ich mich da eingelassen habe. Ich war noch nie im Bundeshaus, dabei sagte ich schon vor 20 Jahren, dass ich einmal Bundesrätin werden wolle. Zurzeit liegt ein politisches Amt wegen der Kinder nicht drin, aber die zwei Kommissionssitzungen und die beiden Sessionstage, die kann ich mir gut organisieren.
Was heisst für Sie Gleichstellung?
Für das Gleiche das Gleiche bekommen. Das beziehe ich nicht nur auf Frauen. Als Werkzeugmacherin war ich häufig die einzige Frau unter Männern, ich hatte aber immer den gleichen Lohn wie meine Kollegen. Das lag einerseits an meinem guten Chef, andererseits an meinem Verhandlungsgeschick.
Was war Ihre Reaktion auf Ihr positives Wahlergebnis?
Ich war total überrascht, denn ich hatte überhaupt keine Werbung gemacht.
Was sind Ihre Kernanliegen an der Session?
Ich habe mich für die Kommissionen «Frauen in der Landwirtschaft» eingeschrieben. Ich begreife nicht, weshalb Männer nicht wollen, dass ihre Frauen richtig versichert sind oder einen Lohn bekommen. Da stimmt doch etwas in der Partnerschaft nicht. Um das zu regeln, braucht es kein Gesetz, das ist bereits möglich. Darauf möchte ich hinweisen.
Weshalb wurden Siegewählt?
Ich habe meinen Werdegang in einer Männerbranche sichtbar gemacht.
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Grosse Teilneherinnenvielfalt an der Frauensession
Die Vielfalt der Gewählten ist gross: Nebst prominenten Frauen und Lokalpolitikerinnen findet man viele mit fremdländisch klingenden Namen und solche, die noch nie ein politisches Amt inne hatten. Es sind auch Bäuerinnen darunter. Wie viele es genau sind, konnten die Veranstalterinnen der Wahl auf Anfrage nicht sagen, da nicht zwingend die Berufsbezeichnung angegeben werden musste.
Die gewählten Frauen haben nun Zeit, sich einer von acht Kommissionen anzuschliessen. Eine davon organisiert der SBLV. Der Verband will Forderungen aus dem Feld «Frauen in der Landwirtschaft» in die Session einbringen.
«Ein bis drei Vorschläge»
Anne Challandes, sind Sie zufrieden mit der Beteiligung von Bäuerinnen und Landfrauen an der Frauensession?
Es freut mich, dass es unter den kandidierenden Frauen viele Bäuerinnen, Landfrauen, Landwirtinnen und Agronominnen gab.
Was für Frauen arbeiten in Ihrer Kommission «Frauen in der Landwirtschaft» mit?
Ich bekomme die Liste erst Anfang Juli. Es wäre schön, wenn die Frauen viele Ideen und Lösungsansätze haben, die gut realisierbar und mehrheitsfähig sind.
Welches Ziel verfolgen Sie mit der Session?
Ich hoffe, dass wir ein bis drei Vorschläge ans Parlament weiterleiten können und diese dann rasch bearbeitet und umgesetzt werden. Langfristig soll es konkrete Lösungen geben, die eine zeitgemässe Landwirtschaft für Frauen und Männer ermöglichen.
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«Ich würde wieder kandidieren»
Helen Schmid, weshalb bewarben Sie sich für die Frauensession?
Ich finde, dass es in solchen Runden immer zu wenig Bäuerinnen hat und ich wollte das Verständnis für die Lebensmittelproduktion in die Session bringen. Obwohl ich kein politisches Amt annehmen möchte, hätte mich die ganze Sache interessiert, schon wegen dem ganzen Netzwerk. Ich wollte mal mitbekommen, wie es in Bern läuft.
Sind Sie enttäuscht, dass es nicht für einen Sessionsplatz gereicht hat?
Nein, ich wusste, dass es viele Bewerberinnen gibt. Ich würde sofort wieder kandidieren.
Weshalb hat es nichtgeklappt?
Mein Umfeld hat mir zurückgemeldet, dass man sich entweder nicht einloggen konnte oder das ganze Anmeldeprozedere schlichtweg zu mühsam war. Da machte ich dann nicht mehr so viel Werbung.
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Weitere Möglichkeiten, als Frau den ersten Schritt in die Politik zu wagen: