«Zeigt nicht nur, was ihr in eurem Verein anbietet, sondern auch, was ihr bewirkt.» Diesen Rat gibt der Vereinscoach Hanu Fehr rund 50 Landfrauen und einem Mann mit auf den Weg. Der Verband Bernischer Landfrauenvereine engagierte den Referenten aus Frauenfeld TG, um in einem humorvoll gestalteten Online-Kurs Impulse zum «Vereinsleben heute» mitzugeben. Angesprochene Punkte sind etwa die Vorstandsarbeit und deren Strukturen, Wertschätzung, attraktive Hauptversammlungen zu gestalten und, ganz wichtig, die Mitgliederwerbung.
Alte Zöpfe abschneiden
Bei allem wird eines immer wieder deutlich: Hanu Fehr plädiert dafür, «alte Zöpfe abzuschneiden», Veränderungen zu wagen und eingefahrene Gewohnheiten zu hinterfragen. Und er macht deutlich: «Der Satz ‹Das haben wir aber immer so gemacht›, ist der Motivationskiller Nummer eins!» Für die eine oder den anderen der Teilnehmenden, scheinen einige Vorschläge, die ein Verein prüfen könnte, wie etwa die Abschaffung des Präsidiums, unmöglich. Doch anhand diverser Beispiele aus seiner Beratungstätigkeit zeigt der Coach auf, dass sogar das möglich ist.[IMG 2]
Der wichtige Faktor Zeit
«Liebe Vereinsvorstände, ihr seid nicht der Chef / die Chefin vom Dienst. Die Verantwortung obliegt der Vereinsversammlung», macht Hanu Fehr deutlich. Ein Grund, warum Vereine Mühe hätten, Vorstandsmitglieder zu finden, oder das Präsidium neu zu besetzen, sei die Tatsache, dass ein solches «altes» Ehrenamt mit langfristiger Verpflichtung einhergehe und verantwortungsintensiv ist. «Etwas, das die Jungen nicht mögen», weiss der Referent.
Auch die Aussicht auf lange, langweilige Sitzungen schrecke viele ab. Seit in seinem Verein, in dem er als Präsident amtet, der Kassier «aus dem Vorstand geworfen wurde» und daher nicht mehr an jeder Sitzung teilnehmen muss, hätten sie keine Mühe mehr, einen Kassier zu finden.
«Das haben wir schon immer so gemacht.»
Für Hanu Fehr gehört dieser Motivationskiller abgeschafft.
Option: Das Präsidium streichen
Der Coach empfiehlt, zu überlegen, den Vorstand mit den traditionellen Ehrenämtern zu verkleinern und/oder das Präsidium zu streichen. Der Vorstand bilde dabei die Vereinsleitung, bei der die Ressorts normal verteilt würden. Wechselnd werde für ein Jahr ein Vereinsvorsitz ernannt. Daneben würden, quasi als erweiterte Vereinsleitung, «neue Ehrenämter» geschaffen, wie Hanu Fehr es nennt. In diesen weiteren Funktionen könnten Aufgaben, die zeitlich befristet sind, wie beispielsweise die Organisation der Jahresversammlung, den Vereinsmitgliedern als kleinere Engagementpakete angeboten werden.
Die jüngere Generation sei bereit, projektbasierte und zeitlich begrenzte Arbeiten zu übernehmen. Die müssten aber sinnvoll und transparent sein. Jegliche Vorstands- und Ehrenamtsarbeit müsse gewürdigt und wertgeschätzt werden. Zudem plädiert er dafür, dass der Nachwuchs langsam an Führungsarbeiten herangeführt werde, etwa indem man sie in Kurse schicke.
Mitglieder ernst nehmen und einbeziehen
Im Verein solle jedes Mitglied ernst genommen werden, erklärt Hanu Fehr. Um die Befindlichkeiten zu eruieren, sei eine Mitgliederumfrage mit fünf Fragen ein gutes Mittel. Werde diese an der Jahresversammlung aufgelegt und am Schluss unter allen Antwortenden ein kleiner Preis verlost, lockere das die Versammlung auf. Hanu Fehr warnt aber auch: «Seid vorbereitet, wenn ihr die Umfrage anonym durchführt. Da kann einiges kommen. Habt aber trotzdem den Mut, da die Antworten anonym ehrlicher ausfallen.» Die fünf Fragen könnten zum Beispiel lauten:
- Wie haben dir die letzten sechs Monate im Verein gefallen?
- Was ist dir dabei besonders positiv aufgefallen?
- Wo können wir uns deiner Meinung nach noch verbessern?
- Gibt es etwas, das du dir vom Verein in den nächsten sechs Monaten wünschst?
- Wie können wir als Verein, deiner Meinung nach attraktiv für neue Mitglieder werden?
Neue Mitglieder gewinnen
Bei der Werbung auf der Website oder auf Flyern sei mehr Bildanteil, der zeigt: «Hey Leute, wir haben Spass», und weniger Text mehr. «Bei Mitgliederschwund muss man sich fragen: Stimmt das Angebot?», erklärt der Coach. Zudem sollte man offen sein und etwa auf der Website eine Telefonnummer preisgeben, die Auskunft gibt, und auf Mails rasch antworten. Nicht zu vergessen ist: «Mitglieder sind euer grösster Werbekanal.» Ein einfaches Werbemittel sei, mit «canva.com» Whatsapp-Statutsvorlagen zu erstellen, die die Vorstandsmitglieder in ihrem Status hochladen. «Viele Personen sind nicht auf Facebook und Co. Aber auf Status geht die Post ab», weiss Hanu Fehr. Die Mitglieder könnten auch gebeten werden, bei Anlässen ein Bild mit kurzem Text hineinzustellen. «Irgendwo erzählen, dass sie in einem bestimmten Verein sind, machen heute viel zu wenige», bedauert der Coach.
Die Vereinsversammlung attraktiv gestalten
«Ich finde es schade, dass viele Versammlungen so langweilig und schlecht besucht sind.» Hanu Fehr wählt deutliche Worte. Für ihn sollte die Jahresversammlung den Höhepunkt des Vereinsjahres darstellen, der Gemeinschaft, Tradition, demokratische Entscheidungen und Transparenz vereint. Der Vereinscoach wählt nicht nur markige Worte, sondern gibt auch Tipps, wie sich eine Versammlung gestalten lässt, damit sie attraktiv und besuchenswert wird.
Standort: Durchführungsort jährlich wechseln. Es muss nicht immer das «Rössli» sein.
Vorstand: Der Vorstand sitzt bei den Mitgliedern und nicht in einer Reihe vor den Mitgliedern, schon gar nicht erhöht auf der Bühne. Wer spricht, kann aufstehen und ans Rednerpult treten. «Ihr müsst zwischen die Mitglieder rein und ein Teil von ihnen sein. Das ‹Glöitsch› hat Wirkung», verspricht der Coach.
Ablauf: Der statutarische Teil muss eingehalten werden, alles andere kann ändern. Dazu gehört, keinen Jahresbericht vorzulesen, es sei denn, er sei spannend und attraktiv gestaltet. Abstimmungen über das Jahresprogramm weglassen. Es werde zu viel über Unnötiges abgestimmt. Attraktives Rahmenprogramm, aber keine langweiligen Ansprachen.
Jahresbericht: Jährlich neu an ein Mitglied delegieren, anstatt den Präsidenten schreiben zu lassen.
Ehrungen / Danksagungen: Zeitgemässe und coole Geschenke wählen. Zinnbecher und Geschnitztes sind laut einer Studie nichts für Junge. Gutscheine von regionalen Fachgeschäften oder Restaurants seien besser. Angehörige nach Wünschen fragen.
Rahmenprogramm: Jährlich den oder die Vereinsheld(in) küren. Ein Quiz von kahoot.com oder ein «Buzzword-Bingo», einplanen. Dazu am Eingang statt Lottokarten mit Zahlen, Zettel mit Schlagwörtern, die während der Versammlung fallen könnten, verteilen. Gefallene Wörter werden durchgestrichen. Wer eine Reihe voll hat, steht auf und schreit Lotto. Das bringe Leben in die Versammlung.