Die Schafhirt(innen) feierten. An ihrer fünften nationalen Schafhirtentagung, die nur alle zwei Jahre stattfindet, präsentierte Daniel Mettler, an der Agridea verantwortlich für ländliche Entwicklung und Herdenschutz, das neu erschiene Handbuch «Schafalp».
Angereist waren die Autoren, die darin porträtierten Schäfer(innen) sowie 50 Kursteilnehmende aus der ganzen Schweiz. Stattgefunden hat das Ereignis auf dem Betrieb von Sabrina Otto und Bruno Zähner, die den Hof Guggenbüel in Illnau ZH bewirtschaften. Der Biobetrieb hält rund 200 Milchschafe, einige Ziegen, Schweine und Pensionspferde.
Kompakte Herdenführung
Eine der porträtierten Schafhirtinnen im Handbuch «Schafalp» ist Sara Müri aus Oberems VS. Sie ist auch auf dem Titelbild mit ihren Schafen auf ihrer Schafalp zu sehen. Die 42-jährige Schafhirtin, eigentlich gelernte Vermessungszeichnerin, hat ihre Berufung gefunden – es sind die Schafe. Sie hält 80 Schafe, die sie im Sommer zusammen mit rund 200 Schafen von drei Betrieben auf der Alp Raaftalpu im Turtmanntal VS auf rund 2400 m ü. M. betreut.
Ihre Alp liegt im Territorium des Augstbord-Rudels und im Einzugsgebiet des Val-d’Anniviers-Rudels. «Aber noch nie hat ein Wolf eines meiner Schafe gerissen», sagte sie. Müri ist also eine Expertin für Herdenschutz und ist am landwirtschaftlichen Zentrum in Visp für die Schafhirtenausbildung zuständig. Sie erklärte an der Schafhirtentagung ihr einzelbetriebliches Herdenschutzkonzept.
Mit den Vorbereitungen beginnt sie im Frühjahr, indem sie alle Schafe, die gealpt werden sollen, auf den Betrieb nimmt. Dort gewöhnt sie die Schafe daran, von Hunden gelenkt zu werden, und formt sie zu einer kompakten Herde. Die Alp teilt sie in Sektoren ein und installiert neben dem Nachtpferch auch einen Mittagspferch und eine Schlechtwetterweide. Der Nachtpferch ist nahe bei ihrer Hütte. Sie sagte, dass sie diesen mindestens jede Woche neu macht.
Die schwierigsten Weiden nimmt die Schafhirtin an den Anfang des Alpsommers. Die gut zäunbaren Flächen werden bis zum Schluss nach Möglichkeit nicht gehütet. Die erste Hälfte des Alpsommers hat sie Hilfe, die zweite Hälfte ist sie allein mit ihren Hüte- und Herdenschutzhunden. «Darum habe ich immer einen Notfallplan im Kopf», sagte Müri.
Das 4x4 der Schafalp
Es ist klar, dass so ein Alpsommer an den Kräften zehrt. Regeneration ist wichtig für mich, sagt denn auch Sara Müri. «Gewissenhafte Hirten denken immer zuerst an die Schafe – und vergessen sich selbst», kündigte Daniel Mettler das nächste Referat an. «Das darf nicht sein», sagte Kasimir Schuler. Er war selber lange als Älpler unterwegs und bewirtschaftet heute den Bergbiohof Am Bach in Avers GR.
Schuler ist Bergführer und hält sich an das «4x4-Prinzip». «Das gilt auch für Schafalpen», sagte er und zählte auf, worüber Hirten sich im Klaren sein müssen:
- Passt diese Alp zu mir?
- Passt meine Sektorwahl?
- Passt meine Tagesplanung?
- Passt meine Aktion im Jetzt?
Im Handbuch ist dazu auf Seite 66 eine Matrix abgebildet. Kasimir Schuler zeigte damit auf, wie eine realistische Selbsteinschätzung und gutes Schuhwerk Unfälle verhindern können. «Viele tragen auf der Alp Gummistiefel. Die Füsse bleiben trocken, aber ihr habt keinen Halt», so Schuler. Gute, berggängige Schuhe, die Halt geben, seien unerlässlich. Klar gehört auch ein Hirtenstab zur Älplerausrüstung, aber Feldstecher, Taschenlampe, bei Gefahr von Steinschlag einen Helm und auch Steigeisen seien in gewissen Situationen nicht fehl am Platz, so Schuler.
«An heiklen Stellen sollten Sie auch ein Fixseil befestigen», riet er, und wo der Handyempfang unsicher sei, lohne sich ein Inreach-Satelliten-Kommunikationsgerät, sodass man im Notfall die Rega anrufen könne.
900 Schafe und 200 Ziegen
Wer neben den Schafen noch eine Schippe drauflegen will, nimmt zusätzlich Ziegen auf die Alp. «Ziegen können die Hirten um einiges mehr beanspruchen als Schafe», sagte Bruno Zähner. Ziegen gehen gerne eigene Wege. Zähner hat die Alp Zanai GR gepachtet und sömmert dort 900 Fleisch- und 300 Milchschafe; seit einigen Jahren auch Ziegen. Die Ziegenherde ist von fünf auf 200 Tiere gewachsen und wird separat behirtet. «Schafe und Ziegen können sich gegenseitig Krankheiten anhängen», begründete er die Herdentrennung. Auch soll man zuerst die Ziegen auf einer Fläche weiden und dann erst die Schafe auf diese Weide lassen. «Nie Ziegen auf Schafe», brachte es Zähner auf den Punkt.
Zwei Herdenschutzhunde werden extra für die Ziegenherde gehalten. Dank eines gezielten Bewirtschaftungsplans gegen die Verbuschung konnte er mit den Ziegen in zehn Jahren 30 ha Weidefläche zurückgewinnen. «Aber die Ziegenherde ist finanziell nicht selbsttragend», meinte er – das muss es einem aber Wert sein.
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Das Handbuch «Schafalp – von Hirten, Herden und Hunden», 336 Seiten mit 300 Bildern und Illustrationen, ist im Zalpverlag von Giorgio Hösli erhältlich und kostet 48 Franken plus Versandkosten.