Mit ein paar Jahren Abstand blickte der Luzerner Bauernsohn Matthias Gisler anlässlich der Herbsttagung der Schweizerischen Katholischen Bauernvereinigung – kürzlich in Willisau – auf seine Zeit als Gardist im Vatikan zurück. Zwischen 2017 und 2019 leistete der heute 26-Jährige Dienst in Rom. Aufmerksamkeit erlangte Gisler wegen seiner Rückkehr. Mit seinem Pferd Brio ritt und marschierte er vom Vatikanstaat zu seinem Wohnort im luzernischen Gunzwil, begleitet von einem Kamerateam des Schweizer Fernsehens im Rahmen einer mehrteiligen Serie «SRF bi de Lüt».
Mit dem Pferd heimwärts
Damals hatte er die Lehre bei der Landi im Detailhandel abgeschlossen und die Rekrutenschule absolviert. Eine Voraussetzung, nebst der Zugehörigkeit zur Kirche und der Firmung, für den Dienst beim Papst (siehe Kasten). Gisler ist Mitglied der Reitermusik Gunzwil, die Idee mit der Rückreise per Pferd kommt nicht von ungefähr. Dazu definitiv entschlossen habe er sich an einem lustigen Abend im Kreis seiner Gardisten-Kollegen in Rom. Man habe ein wenig «plagiert», berichtet er mit einem Schmunzeln. Bald schon hatte er die Bilder der Rückreise im Kopf.
Die Gardisten heute liessen sich nicht mehr in ein Schema pressen, so Gisler, der aktuell an der Pädagogischen Hochschule mit dem Ziel Seklehrer studiert. Waren es vor Jahrzehnten vor allem Bauernsöhne aus den katholischen Kantonen, seien heute auch Zürcher und Berner dabei. Nicht selten Secondos aus katholischem Haus. Auch altersmässig liessen sich einige etwas mehr Zeit und gingen nicht gleich nach der Rekrutenschule nach Rom.
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Grosse Gastfreundschaft erfahren
Was motivierte den jungen Gisler damals? «Es war in erster Linie die Auslanderfahrung», sagt er. Ein Abenteuer, ohne sprachliche Vorkenntnisse nach Rom zu gehen. Natürlich hätte man sich innerhalb der Garde auch auf Deutsch durchschlagen können. Die Gardisten geniessen aber Italienisch-Unterricht. Und in der Freizeit geht es, wenn immer möglich, «raus in die Stadt», wie Gisler es nennt. Es brauche Selbstdisziplin. Auch während des Dienstes natürlich. Es sei längst nicht so, dass alle Gardisten sehr gläubig wären. Es sei aber sicher motivierender, man stehe oft und habe auch Nachtdienst. Es helfe, wenn der Sinn dahinter klar sei.
Zurück zu seiner Heimreise. Mit einer derartigen «Schnapsidee» ist er nicht allein. Jährlich würden ein bis zwei Gardisten auf unkonventionellen Wegen heimreisen, berichtet er der BauernZeitung im Nachgang seines Referats in Willisau. Die Zeit sei jetzt reif für Abenteuer, sagte er sich damals. Fast zwei Monate habe die Rückreise gedauert. Unterwegs war er vornehmlich auf Pilgerrouten. Rund die Hälfte der 1000 Kilometer marschierte er neben seinem Brio, die andere Hälfte auf dessen Rücken. Wobei Matthias Gisler keine gesundheitlichen Probleme bekundete, wie er sagt. Dafür hatte das Pferd auf halber Strecke eine Krise. Koliken und eine Entzündung im Huf sorgten für einen zehntägigen Marschhalt. Der Wallach kam aber wieder auf die Beine und lebt noch heute auf dem Bauernhof eines Kollegen. Gisler reitet noch ab und zu mit ihm aus.
30 Kilometer pro Tag
In der Regel legte das Gespann rund 30 Kilometer täglich zurück. An einem Tag pro Woche war Ruhetag. Geplant waren lediglich die ersten paar Tage mit Übernachtung. Der Rest ergab sich spontan auf der Route. Dabei erlebte der Luzerner grosse Gastfreundschaft in beiden Ländern. Nur einmal gab es eine Absage, aber auch nur aus Platzgründen. Das Projekt und sein Status als «Ex-Gardist» sorgten offenbar für Sympathien.
Vornehmlich übernachtete er auf Reithöfen. Dies aus praktischen Gründen: «Für mein Pferd gab es dort immer passendes Futter, Weide und eine Box.» Ab und zu kehrte er auch auf einem Bauernhof ein. Manchmal sei er mehrere Tage «weitergereicht» worden. Die Gastgeber organisierten für ihn also bereits die nächste Übernachtung ein paar Dörfer weiter. Dabei wurde er allermeist eingeladen.
Die Zeit in Rom nie bereut
Eine Herausforderung war die Sommerhitze. Es war August, als er sich auf die Rückreise machte. «Meistens waren wir von 6 bis11 Uhr unterwegs», berichtet Gisler. Dann gab es eine lange Siesta. Gegen Abend ging es dann weiter. Respekt hatte er vor der Überquerung des Gotthards. Dies verlief aber gut – auch dank Wetterglück. Eine Woche davor hatte es noch geschneit.
«Meistens waren wir von 6 bis 11 Uhr unterwegs.»
Matthias Gisler über seine Rückkehr mit Pferd bei Sommerhitze.
Einen grossen Wert habe für ihn diese Zeit rückblickend. Noch heute werde er vor allem auf das Rückreise-Projekt angesprochen. Auch an der Pädagogischen Hochschule hätten seine Kolleginnen und Kollegen mit Neugierde auf seine Vergangenheit bei der Schweizergarde reagiert. Und Fragen gab es natürlich auch rund um die Abstimmung zur Unterstützung des Kasernenneubaus für die Päpstliche Schweizergarde im Vatikan. Man dürfe auch ein wenig stolz sein auf die Schweizergarde, habe er jeweils gesagt.
Anforderungen an Gardisten
Seit über 500 Jahren steht die Schweizergarde in den Diensten der Päpste und wacht über den Vatikan. Voraussetzung für neue Gardisten:
- Praktizierender Katholik
- Schweizer Bürger
- Männlich
- Zivilstand ledig
- Alter zwischen 19 und 30
- Körpergrösse von mind. 1,74 m
- Gesund und belastbar
- Einwandfreier Leumund
- Ausbildung EFZ oder Matura
- Abgeschlossene Rekrutenschule
- Verpflichtung für 26 Monate