Im Vorarlberg, im Allgäu und in den Niederlanden gibt es Käseköniginnen. In der Schweiz jedoch, dem Land des Rohmilchkäses par excellence, gibt es keine Königinnen. Doch auch hier gibt es Frauen, die auf allen Stufen des Molkereigewerbes hart arbeiten, sei es, dass sie eine Käserei führen, käsen, an der Käsetheke stehen oder dass sie diplomierte Käsesommelière sind, wie Sarah Schönenberger.

Sollen nicht im Hintergrund bleiben

Sarah Schönenberger ist Präsidentin der «Käsefrauen Schweiz». Diese Vereinigung wurde im Frühling 2023 gegründet und will Frauen, die in der Käsebranche tätig sind, vernetzen und fördern. «Das war einmal, dass Käser ein typischer Männerberuf war. Heute sind etwa 30 Prozent aller Arbeitnehmenden in der Käsebranche weiblich», sagt sie.

Frauen würden auf allen Stufen der Käse-Wertschöpfungskette mitarbeiten, von der Milchproduktion über die Verarbeitung bis hin zum Verkauf, und sollten nicht im Hintergrund verschwinden, sagt sie, wohlwissend, dass berufstätige Frauen auch von Familie und Haushalt gefordert sind. Aber sie weiss: «Frauen wie wir müssen alles unter einen Hut bringen, aber das schaffen viele.»

Frauen müssen einen Tick mehr beweisen

Klar müsse frau sich den Respekt im Beruf verdienen – sich vielleicht auch einen «Tick» mehr beweisen als Männer in der gleichen Branche, fährt sie fort. Mit den Käsefrauen hätten die Frauen aber einen Freiraum, wo sie sich untereinander austauschen können und wo man sich gegenseitig unterstützt. «Niemand muss in unserer Vereinigung etwas beweisen, sondern man kann so sein, wie man ist», sagt Sarah Schönenberger.

Übrigens wüssten auch die Männer, Käser, was und wie viel die Frauen zum Erhalt des Käsereigewerbes beitragen. «Wir haben breiten Zuspruch. So unterstützt uns Hans Aschwanden, Präsident der Fromarte. Neben Christina Bachmann-Roth arbeitet zudem Michael Mathier von der Milka Käserei AG im Vorstand mit», hält sie fest. Auch Männer seien in ihrer Vereinigung willkommen.

«Ich weiss, was ich bin, was ich kann und wo ich hinwill.»

Sarah Schönenberger

Aus dem Toggenburg ins Käsewunderland

Die 33-jährige Käsesommelière sagt von sich: «Ich weiss, was ich bin, was ich kann und wo ich hinwill.» Sie ist in Bütschwil im Toggenburg SG aufgewachsen, eng mit der Land- und Alpwirtschaft verbunden. Lernte Detailhandelsfachfrau und verkaufte Autoersatzteile. Heiratete einen Milchtechnologen, liess sich scheiden und begann in einer Käserei zu arbeiten.

Dort packte sie die Passion zum Käse. «Käse ist grenzenlos. Ist puristisch, bodenständig, traditionell und passt zu salzig und süss. Hat seinen Platz beim Apèro, als Vorspeise, Hauptgang oder Nachspeise», zählt sie auf. Dazu kommen die zig Arten, wie man Käse veredlen kann – mit Pfeffer oder Trüffel. Man kann ihn wie üblich auf Fichtenbrettern lagern oder auch im Heu.

Die Aufzählung nimmt kein Ende und auch Sarahs Reise durch das Käsewunderland noch lange nicht. «In jeder Käserei, in jeder Stadt, im In- oder Ausland, ich steure immer eine Käsetheke an», sagt sie und degustiert jeweils mit Genuss und allen Sinnen neue Käsekreationen.

Der nächste Fixpunkt steht auch schon fest: Das Cheese Festival in der piemontesischen Stadt Bra (Italien) vom 15. bis 18. September. «Auf 3000 m2 sind Käse aus 14 Ländern ausgestellt», erzählt sie. Aber ob sie überhaupt die Zeit dafür findet?

Milchpreis und Margen
Was sagt die Käsefrau zum Milchpreis und zu den Diskussionen um die Margen der Detailhändler? «Ein heikles und schwieriges Thema», räumt Sarah Schönenberger ein und nimmt sich für die Antwort Zeit. «Letztendlich hängt es vom Endkonsumenten ab. So lange ein Konsument mehr Geld für Mineralwasser als für Milch ausgibt, wird sich wenig ändern.» Die Wertschöpfung von der Milch zum Käse werde kaum angemessen honoriert. «Auch die Milch ist viel zu günstig. Die Leistung erbringt ja die Kuh. Je mehr der Landwirt verdient, desto besser geht es auch den Tieren.»  Klar wolle der Detailhändler auch verdienen.

Vollgepackte Agenda

[IMG 2] Im Herbst schliesst sie nämlich auch ihre Weiterbildung als Detailhandelsspezialistin ab und absolviert zeitgleich den Basis-Weinkurs. Auch ist sie Dozentin am Wirtschaftsförderungsinstitut Niederösterreich in St. Pölten und bringt den angehenden Käsesommeliers aus Deutschland und Österreich den Schweizer Käse näher. Wie sie das alles neben ihrer Familie, den beiden Töchtern Svenja und Anna und ihrem Partner, dem Haushalt und ihrem Job in der Eberle-Käsekonditorei in Gossau SG unter einen Hut bringen kann, grenzt schon an Wunder.

Informativ und unterhaltsam

Zumal die Käsefrauen im Herbst ihren ersten Mitgliederanlass planen. Ort, Zeit, Thema sind noch offen. «Unsere Anlässe sollen Freude machen, informativ und gleichzeitig unterhaltsam sein», sagt Sarah Schönenberger. Sie weibelt derzeit darum, dass sich Frauen um die Mitgliedschaft bewerben. «Es lohnt sich. Wer sich bis Ende August anmeldet, nimmt an einem Gewinnspiel teil», ergänzt sie. Gewinnen kann man beispielsweise eine Übernachtung im Wohnfass für zwei Personen, gesponsert von der Emmentaler Schaukäserei.

Weitere Informationen: www.kaesefrauen.ch

Fünf Fragen

Haben Sie ein ­Lebensmotto?

Sarah Schönenberger: Weiss nicht. Vielleicht ist es das: Nie stillstehen, sondern immer neugierig bleiben, jeden Tag etwas Neues entdecken und lernen. Weitere Fähigkeiten, vor allem im sensorischen Bereich, erwerben und weiter entwickeln.

Was bedeuten Ihre ­Tattoos?

[IMG 3] Sie sind Ausdruck aller Facetten meiner Persönlichkeit. Die Tattoos auf dem linken Arm widerspiegeln meine verspielte Seite mit Comics und Disney. Auf dem anderen Arm sind es Rehe und Hirsche, sehr edle und freiheitsliebende Tiere – freiheitsliebend bin ich auch. Dann hat es auch noch keltische Symbole, die für Stärke stehen.

Welches Käsegericht ­haben Sie am liebsten?

Käsewähe und Knöpfli mit Käse. Ich halte mich dabei an das Grundrezept im Tiptopf-Kochbuch. Aber nehme immer die doppelte Menge Käse als im Rezept angeben. Für Wähe nehme ich Urdinkelteig und für Knöpfli Griessmehl.

Was ist Ihre Lieblings­musik?

Ich bin viel mit dem Auto unterwegs und beim Fahren höre ich immer Musik. Mir gefallen deutsche Schlager von anno dazumal, wie zum Beispiel Wolfgang Petry oder Matthias Reim. Aber auch Metallica gefällt mir. Es kommt ganz auf meine Stimmung an.

Welche Tätigkeit im Alltag liegt Ihnen nicht?

Geschirrspüler ausräumen und morgens den Wecker abstellen, der sollte gar nicht erst läuten.