Am vergangenen Freitagnachmittag, dem 2. August, wütete im unteren Klettgau zwischen Hallau und Siblingen ein heftiges Gewitter. Laut Messungen der Meteostation Hallau dauerte das Unwetter mehrere Stunden. Für praktisch zwei Stunden verblieb es am selben Ort.
Zwischen 13 und 14 Uhr wurden in Hallau 11,6 mm Niederschlag, in der folgenden Stunde 24,3 mm und zwischen 15 und 16 Uhr gar 38,8 mm verzeichnet. Insgesamt wurden am Freitag 78,6 mm verzeichnet.
Keine Verletzten
Weitere private Messungen in Oberhallau oder Gächlingen haben teilweise noch deutlich höhere Niederschlagsmengen gemessen. Glücklicherweise sind trotz der teilweise fast sturzflutähnlichen Wasserströmen insbesondere in Oberhallau keine Menschen zu Schaden gekommen. Einzig ein Schaf musste gemäss aktuellem Informationsstand sein Leben lassen. Die materiellen Schäden werden aber in die Millionen gehen.
Aufräumarbeiten dauern an
Einige Tage nach dem verheerenden Unwetter sind die Spuren im unteren Klettgau zwischen Siblingen und Hallau vielerorts deutlich sichtbar. In den Dörfern Oberhallau und Gächlingen stehen am Strassenrand und auf Vorplätzen Dutzende grosse, mit verwüstetem Hausrat gefüllte Abfallmulden. Überall wird noch Wasser aus den Keller- und anderen Untergeschossen gepumpt, geputzt oder man ist nach wie vor daran, den arg in Mitleidenschaft gezogenen Hausrat auszuräumen. Ebenfalls betroffen sind Dutzende von Personenwagen in Tiefgaragen oder auch auf normalen Parkplätzen. Diese erlitten grösstenteils einen Totalschaden.
Gewerbe stark betroffen
Neben vielen privaten Haushalten wurde ebenfalls das Gewerbe arg getroffen. Der aus Oberhallau nach Hallau fliessende «Halbach» und der «Tüffebach» aus Gächlingen fliessen im südöstlich von Hallau gelegenen grösseren Industrie- und Gewerbegebiet «Braati» und «Nässi» zusammen. Da beide aufgrund der enormen Niederschlagsmengen in ihrem Einzugsgebiet Hochwasser führten, stieg das Wasser beim Zusammenfluss über die Ufer.
Getroffen wurde insbesondere hier die Weinkellerei Rimuss und Strada Wein AG, bei welcher die gesamten Kellerräumlichkeiten geflutet wurden. Auch schwer getroffen wurden zahlreiche Gewerbebetriebe sowie Unternehmen. Bei diesen drang das Wasser in Werkstätten ein und durchspülte zahlreiche Büroräume.
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Massive Hagelschäden
Zeitgleich zum Gewitter kam es auf einer Fläche von rund 500 ha zu einem grösseren Hagelschlag. Dieser traf besonders die Reben, aber auch andere landwirtschaftliche Kulturen, wie zum Beispiel Mais. Die Hauptschäden in den Reblagen liegen dabei bei Gächlingen und erstrecken sich über die Oberhallauer Reblagen bis zur Bergkirche St. Moritz in Hallau.
«Wir haben eher scheibenähnliche Hagelkörner festgestellt», erklärten beispielsweise die Gächlinger Rebleute Maya und Hanspeter Kramer bei ihrem Rebhaus in der Gächlinger Reblage «Schlemmwäg». Sie nahmen am Sonntag nochmals einen Augenschein in ihren eigenen Reben. Auch bei ihnen wiesen diese starke Schäden auf.
«Alle waren da zum Helfen»
Martin Beugger bewirtschaftet mit seiner Frau Annette Striffeler einen Landwirtschaftsbetrieb mit Ackerbau, Weinbau, Weinkelterung, Grünland und Schafhaltung in Oberhallau. Er wurde von dem Unwetter voll getroffen.
Herr Beugger, wie haben Sie das Unwetter am 2. August wahrgenommen?
Martin Beugger: Ich war von Beginn an dabei. Als ich um kurz nach 12 Uhr das Haus verliess, baute sich gerade eine mächtige schwarze Wolkenwand auf. Gegen 13 Uhr fing der Regen an, intensiver zu werden – um 13.30 Uhr floss das Wasser bereits oberflächlich die Strassen hinunter. Dazu kam dann Hagel, welcher in einer nie gesehenen Intensität herunterprasselte und sogleich die Abflussmöglichkeiten zu verstopfen begann. Mindestens anderthalb bis zwei Stunden lang tobten Sturm, Regen und Hagel über dem Klettgau, namentlich Oberhallau, Gächlingen, Neunkirch, Hallau und Siblingen.
Wie stark hat es Sie getroffen?
Wir selber sind betroffen, einerseits wurden sämtliche Gebäude, d. h. Wohnhaus, Ökonomiegebäude, das Weinkelterei-Gebäude und Remisen geflutet und bis zu 80 cm hoch mit Wasser und Schlamm gefüllt. Bei den Kulturen sind es namentlich die Weinreben, welche mit 5,5 ha betroffen sind. Auch Zuckerrüben, Mais und Sonnenblumen im dorfnahen Bereich sind massiv geschädigt. Die Schäden inkl. des Ausfalls bei der Weinbereitung betragen mind. Fr. 250 000.– bis Fr. 300 000.–.
Wie laufen die Aufräumarbeiten?
Die Aufräumarbeiten waren und sind geprägt von zwei Dingen: äusserst speditiv und getragen von einer grossen Hilfsbereitschaft und Solidarität. Eine ganze Familie rückte noch am 2. August an und kam am folgenden Tag erneut, um zu helfen. Freunde, Familie, alles war und ist noch da. Ein befreundeter Landwirt aus der Schweiz sowie ein deutscher Berufskollege rückten mit schwerem Gerät wie Bagger und Vibroplatte an, um Kiesplätze und Kieswege in Ordnung zu bringen. Wenn man eine solche Familie und Freunde hat, braucht man ein bisschen Regen und Hagel nicht zu fürchten!
Welche Schlüsse ziehen Sie aus dem Unwetter-Ereignis? Gibt es etwas, das Sie auf Ihrem Hof umsetzen werden?
Das versucht man selbstverständlich zu tun – wobei hier ein gewisser Pragmatismus angebracht ist: gegen solche Naturereignisse und in diesem Falle Wassermassen kann man sich schlicht und einfach nicht ausreichend schützen. Es gibt Dinge, die sind stärker. Wir haben dieses Frühjahr ein altes Gebäude rückgebaut und an gleicher Stelle eine neue Halle (gegenwärtig voll mit Brotgetreide) errichtet. Bei dieser neuen Lagerhalle ist das Bodenniveau um 25 cm angehoben worden. Das hat ausgereicht und die Halle wurde knapp verschont. Die Schlüsse, die ich daraus ziehe: Aufräumen – weitermachen – es kommen ganz sicher auch wieder gute Zeiten.
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