Die Gemeinde Albula/Alvra will Spezialzonen schaffen, falls eine Umsiedlung der Brienzer Bevölkerung nötig sein wird. Die Zukunft von Brienz/Brinzauls ist ungewiss.
Seit dem vergangenen Sonntag ist das Bergdorf Brienz/Brinzauls menschenleer. Aller Wahrscheinlichkeiten muss sich die Brienzer Dorfbevölkerung darauf einstellen, dass es mehrere Monate dauern wird, bis sie ihr Dorf wieder bewohnen können – wenn überhaupt. So ist nicht nur die Schutthalde hoch über Brienz/Brinzauls mit rund 1,2 Millionen Kubikmeter Schutt in Bewegung geraten, sondern auch die Rutschung Dorf bewegt sich rasant, mit 2,30 m hochgerechnet auf ein Jahr. Falls es mit dem Entwässerungsstollen, der 2027 fertig erstellt sein sollte, nicht gelingt, die Rutschung zu verhindern, droht tatsächlich eine Umsiedlung.
Aktuell ist aber der Schuttstrom für das Dorf bedrohlicher. Dieser bewegt sich 20 bis 40 Zentimeter pro Tag talwärts. Die Masse könnte sich zu einem sehr schnellen Schuttstrom entwickeln und das Dorf zerstören. Der Projektverantwortliche Silvio Sauter und Benno Burtscher (Präsident Siedlungskommission) präsentierten zusammen mit Daniel Albertin an der Informationsveranstaltung in Tiefencastel zwei Spezialzonen, die für eine Umsiedlung infrage kämen. Dort könnten Doppel- und Mehrfamilienhäuser gebaut werden.
Alvaneu oder Tiefencastel
Der eine Standort befindet sich in Alvaneu Dorf beim Alters-und Pflegeheim. Dort müssten 3100 m2 Land eingezont werden und man könnte bis zu drei Mehrfamilien- und sechs Doppeleinfamilienhäuser für rund 70 Personen bauen.
Der zweite Standort mit 9500 m2 befindet sich in Tiefencastel beim Schulhaus Cumpogna. Dort könnte man Bauland für bis zu vier Mehrfamilien- und zwölf Doppelhäuser schaffen. Diese Spezialzonen sollen ausschliesslich der Umsiedlung dienen, und zwar sowohl den Einwohner(innen) mit Wohnsitz in Brienz/Brinzauls als auch den Zweitwohnungsbesitzern.
Wunschstandorte sind Alvaneu und Tiefencastel für die Brienzer aber nicht. Das wäre Vazerol, wie eine Umfrage 2020 bestätigte. Seitens der Gemeinde will man in einer weiteren Umfrage bei den Betroffenen den Standort Vazerol nochmals abfragen. Die Einzonung müsste der Gemeindeversammlung noch 2025 vorgelegt werden.
Bei der Zuweisung von Parzellen werden die ständigen Bewohner(innen) bevorzugt, weil sie bei einem Umsiedlung ein neues Domizil benötigen. Dieses Bedürfnis ist dringender als ein neuer Standort für eine Zweitwohnung.
Finanzierung noch nicht geklärt
Auch Fragen rund um die Finanzierung wurden besprochen, ebenso wie die Reglemente einer möglichen Umsiedlung. Die Gebäudeversicherung kommt für den Wert von Gebäuden auf, wenn sie unbewohnbar sind. Einen Verlust an Landwert deckt sie aber nicht.
Der Kauf und die Erschliessungskosten von Umsiedlungsstandorten kann aber von Bund und Kanton subventioniert werden. Zudem soll auch eine Umsiedlung finanziell unterstützt werden, wenn jemand aufgrund der Risikosituation nicht mehr in Brienz/Brinzauls leben kann.
Fixfertige Finanzierungslösungen liegen aber noch nicht vor. Insbesondere konnte noch nicht gesagt werden, wie gross die Beteiligung von Bund und Kanton an den offenen Kosten sein würde.
Noch ist vieles offen. «Nächstens werden wir alle Bewohner(innen) zu einer weiteren Gesprächsrunde und Informationsrunde einladen – unter Ausschuss der Öffentlichkeit», sagt Gemeindepräsident Albertin. Er versteht die Sorgen der Brienzer. «Als im Sommer die Initialzündung für die Sprengung des Entwässerungsstollen erfolgte und die Bauarbeiten begannen, war die Zuversicht gross. Seither haben sich aber die Ereignisse überschlagen», sagt Daniel Albertin.