Dass es in der breiten Bevölkerung manchmal an Verständnis für die Landwirtschaft und die Sachzwänge fehlt, ist nichts Neues. Auch dass der Anstand bisweilen flöten geht, wenn Leute das Gefühl haben, sich beschweren zu müssen, ist bekannt. Doch der anonyme Brief, der jüngst bei einem Lohnunternehmen aus dem Bernbiet im Briefkasten lag, übertrifft sowohl im Tonfall als auch in der Wortwahl die meisten «Beschwerden». Oder auf gut Deutsch gesagt: Er schlägt dem Fass den Boden aus. Die BauernZeitung hat das Lohnunternehmen kontaktiert und mit den Betroffenen gesprochen.

Kein Verständnis für den Drescher

Auslöser des Zorns war offenbar ein Mähdrescher, der bei seiner Fahrt auf einer schmalen Landstrasse schlecht bis gar nicht ausstellen konnte. Die Folge war, dass mehrere Autos nur langsam vorwärts kamen. Was für viele Leute vom Land während der Dreschsaison einfach dazugehört, passte einem Autofahrer (oder einer Autofahrerin – bei anonymen Schreiben lässt sich das nicht feststellen) dermassen nicht in den Kram, dass er sich zu Hause hinsetzte und wutentbrannt einen Hass-Brief verfasste – natürlich ohne seinen oder ihren Namen zu nennen.

Ein böser Brief im Briefkasten

Die untenstehenden Zeilen wurden anonym an das Lohnunternehmen gerichtet. Dabei hat die schreibende Person nicht nur  gezeigt, dass es ihr an Kinderstube mangelt, sondern auch, dass sie wenig von der Landwirtschaft versteht. Ein Beispiel: Auf Anfrage der BauernZeitung erklärt das Lohnunternehmen etwa, dass man – entgegen den Behauptungen im Brief – keine Direktzahlungen beziehe und dass die Maschinen des Unternehmens allesamt aus der eigenen Tasche bezahlt worden seien. 

Aber am besten lesen Sie selbst – seien Sie jedoch gewarnt: Es könnte Ihnen bei den folgenden Zeilen «den Deckel lupfen». 

Hasserfüllte Zeilen ohne jeden Anstand

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Auf Anfrage hat das Lohnunternehmen der BauernZeitung erlaubt, den Brief zu zitieren. Folgendes wurde geschrieben (wir geben den Brief mitsamt allen Fehlern usw. wieder):

Hallo du elender Scheisskerl

Gegen zehn Ausweichmöglichkeiten hätte es gegeben um die 7 Autos, mehrere Velos und Motorräder vorbeiziehen zu lassen. Aber nein, arrogant und protzig bleibst du DIE GANZE STRECKE mitten auf der Strasse, damit ja alle hintendran bleiben und mitschleichen.

Was meint ihr verdammten Bauernlümmel eigentlich wer ihr seid? Gehört euch die Welt? Strohdumme eingebildete Kotzbrocken auf euren Panzern, die wir teuer bezahlen. So schafft ihr euch sicher keine Freunde ihr niederträchtigen Dreckschweine. 

Eigentlich kann man von so primitivem gesellschaftlichem Abschaum auch nicht mehr erwarten. Der einzige Trost bleibt, dass ihr mit eurer dreckigen und schädlichen Landwirtschaft auf dem Holzweg seid.

Versperrt nur weiter die Strassen ihr verdammten Sauhunde, die Zeit spielt gegen euch.

Das Lohnunternehmen hat gut reagiert

Anstatt im selben unanständigen Tonfall zu antworten – etwa über die sozialen Medien – hat das Berner Lohnunternehmen gut reagiert. Die Betroffenen haben den Brief auf ihrer Facebookseite veröffentlicht und in wenigen kurzen Sätzen gesagt, was Sache ist. Zudem hat das Unternehmen den Absender des Briefs dazu eingeladen, zu Besuch zu kommen, damit man ihm (oder ihr) zum einen die Arbeit und zum anderen die Ausweichmöglichkeiten (oder eben deren Fehlen) erklären könne. 

Anmerkung der Redaktion:
Die BauernZeitung möchte in dieser Sache eine sachliche Diskussion eröffnen und fordert Betroffene auf, uns solche Fälle per Mail auf redaktion(at)bauernzeitung.ch zu melden.

In Kürze wird in der BauZ ein Artikel zu diesem Thema erscheinen, in dem die Redaktion mögliche Lösungen aufzeigen und Tipps für das richtige Verhalten geben will. 

Wichtig: Lassen Sie sich bei der Diskussion unter diesem Artikel oder auf den sozialen Medien nicht auf das Niveau des Briefschreibers hinab und bewahren Sie ruhig Blut. Solche Einzelfälle gibt es immer wieder und gerade im Strassenverkehr vergessen viele Leute jeden grundlegenden Anstand. Wir wollen ein besseres Beispiel abgeben.