Wer sich die Suche nach Wildkräutern als abenteuerliche Entdeckungstour vorstellt, wird enttäuscht. Die gesuchten Pflanzen verstecken sich nicht, sondern wachsen direkt vor dem Haus. Brigitte Waser-Bürgi hat zum Herbst-Kräuterspaziergang ans BBZ Pfäffikon eingeladen und macht mit ihrer Gruppe schon nach wenigen Metern erstmals halt. Sie pflückt einen Spitzwegerich: «Das ist eine gute Pflanze zum Einsteigen.»

Zur Person:

Brigitte Waser-Bürgi arbeitete jahrzehntelang als Pflegefachfrau HF und führt heute die Heilpflanzenschule Sattel. Sie hat ein Buch über professionelle Wickel publiziert. 

Mit seinen langen, gerippten Blättern und dem dunklen Blütenköpfchen ist Spitzwegerich kaum zu verwechseln. Aus den jungen Blättern und geschlossenen Blütenköpfen lasse sich eine Suppe kochen, die nach Steinpilz schmecke, verrät Brigitte Waser-Bürgi. Bekannter ist die wohltuende und auswurffördernde Wirkung bei Husten; Spitzwegerich ist oftmals Bestandteil von Hustensirup. Dieser lässt sich selber machen: Mit Blättern wird ein Tee aufgegossen, abgesiebt und davon 1 Liter mit 1 Kilogramm Zucker eingekocht.

[IMG 3]

Und Spitzwegerich kann noch mehr. Sein Saft verschafft Linderung bei Insektenstichen. Die Kräuterfachfrau verreibt einige Blätter im «Handmörser» zwischen den Handflächen, bis Saft austritt. Die zerriebenen Pflanzenteile werden auf juckende Stellen aufgelegt. Bei Druckstellen oder Blasen an den Zehen hilft ein Spitzwegerichblatt um die Zehe oder ein Breitwegerichblatt um die Ferse gewickelt.

[IMG 2]

Zu dieser Körperregion findet Brigitte Waser-Bürgi eine weitere nützliche Pflanze an einer schattigen Stelle hinter dem Haus. «Ein Blatt Farn in den Schuhen hilft gegen müde Beine.» Farnblätter in einem Kissen könnten auch Wadenkrämpfe und Tinnitus lindern, «aber nehmt Blätter ohne Sporen, sonst stäubt es».

Farn nur äusserlich

Farn habe doch den Ruf, gegen Würmer zu helfen, bemerkt eine Kursteilnehmerin. «Nicht essen», ist allerdings gemäss Waser-Bürgi der heutige Wissensstand, Farn werde nur für die äusserliche Anwendung empfohlen. Sie erinnert daran, dass verschiedene Farnarten geschützt sind, andere hingegen, etwa Adlerfarn, wachsen in rauen Mengen.

An der nächsten Station legt die Kräuterfrau ein paar farbige Blümchen auf einer Decke aus und stellt die entscheidende Frage: «Geniessbar oder nicht?» Esparsette und Rotklee sind es, Hahnenfuss hingegen nicht, auch wenn er mit seinem satten Gelb hübsch aussieht. «Wenn ihr etwas in den Mund nehmt, müsst ihr todsicher sein, dass es essbar ist», kommentiert die Kräuterfrau das Thema Giftpflanzen. Von denen wachsen hochpotente in der freien Natur, etwa der Blaue Eisenhut, auch er eine hübsche Blume. Doch schon die Einnahme von wenigen Gramm kann tödlich sein, das Gift dringt zudem durch die Haut in den Körper ein.

Geniessbar hingegen ist die Brennnessel, sie und speziell der Samen gelten als proteinreicher, entwässernder Powerfood, der zu schönen Haaren und Nägeln verhilft. Nach einer dreiwöchigen Kur sei aber Pause angesagt, informiert Brigitte Waser-Bürgi, da die Pflanze austrocknend wirke. Gänsedistel wird von einer Kursteilnehmerin als «mühsames Unkraut in meinem Garten» identifiziert. Die Führerin hält dagegen, junge Blätter und Blüten seien fein zum Essen.

Nach anderthalb Stunden hat die Gruppe kaum einen Kilometer zurückgelegt und sich mit gut einem Dutzend Pflanzen befasst. Am Ende des Spaziergangs stehen am BBZ Pfäffikon eine Sirupbar und ein Häppchenbüffet parat und geben eine Idee, was alles möglich ist: z. B. Salbei-Ringelblumen-Butter, Sauerampfer-Gelée, Kornelchriesi-Aufstrich, Alantwurzel-Senf, Königskerzen-Sirup.

Natürlich munde nicht alles gleich gut, der bittere Löwenzahn schmecke kaum im Dessert, stellt Brigitte Waser-Bürgi klar. Ausser als Dicksaft, ergänzt sie und erinnert daran, dass die volkstümliche Bezeichnung «Löwenzahnhonig» offiziell nicht geht: Der Begriff Honig sei den Bienenprodukten vorbehalten.

Rezept brauchts nicht

Die Gäste fragen nach Rezepten. «Die braucht ihr doch nicht», sagt die Kräuterfrau und verweist auf Grundrezepte, etwa für Konfi, die liessen sich übertragen. «Jede Pflanze, die nicht giftig und nicht geschützt ist, könnt ihr verwenden. Wir unterscheiden zwischen der Verwendung in der kalten oder der warmen Küche – ansonsten probiert einfach aus.»