Die Landwirtschaftliche Betriebs- und Familienhilfe Kanton Bern (LBF) hat Grund zur Freude. Das 30-jährige Bestehen wurde jüngst mit einem Referat von Hanspeter Latour, musikalischer Unterhaltung und einem Essen gefeiert. Im Vorfeld der Feier hat die BauernZeitung der LBF-Führung ein paar Fragen zu den letzten 30 Jahren gestellt. Die Präsidentin Ursula Aeschlimann sowie die Geschäftsführerin Aline Plüss haben unsere Fragen beantwortet.
Wenn man die Geschichte der LBF und die Zeit davor anschaut, fällt auf, dass die Finanzen von Beginn an stets ein Thema waren. Was macht es so schwierig, den Betrieb kostendeckend zu führen?
Aline Plüss: Die LBF ist bestrebt, möglichst tiefe Tarife für die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe anbieten zu können. Wir sind keine gewinnorientierte Organisation. Dank der Mitgliederbeiträge und der unterstützenden Krankenkassen Agrisano, Swica, Sumiswalder und KPT gelingt uns das. Mit den unterstützenden Geldern und Spenden können wir die Defizite decken. Wenn möglich, passen wir die Tarife zugunsten unserer Dienstleistungsempfänger an. So wie in diesem Jahr, als wir per 1. April die Tarife sogar senken konnten.
Was hat sich in den 30 Jahren seit der Gründung verändert?
Ursula Aeschlimann: Dieselben Themen, welche die gesamte Landwirtschaft der Schweiz beschäftigen, betreffen auch uns. Somit verändert sich der Anspruch der Landwirte infolge Digitalisierung und Automatisierung der Betriebe. Grössere finanzielle Belastungen, grössere Betriebe, schärfere Vorschriften – all das sind Themen, die zu grösseren Belastungen der Betriebsleiter führen und auch Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Somit werden unsere Betriebshelfer vermehrt infolge Arbeitsüberlastung und gesundheitlicher Ausfälle der Betriebsleiter eingesetzt.
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Seit 2003 werden die Landwirte aufgefordert, einen jährlichen Mitgliederbeitrag von Fr. 50.– zu bezahlen. War es noch nie Thema, diesen Beitrag zu erhöhen?
Aline Plüss: Seitdem der Kanton die Defizite der LBF nicht mehr deckt, sind wir auf die Solidarität der Landwirte angewiesen. Der Mitgliederbeitrag hilft, die Tarife weiterhin tief zu halten. Solange die Mitgliederzahlen konstant bleiben und die unterstützenden Krankenkassen ihre Beiträge leisten, wird der Mitgliederbeitrag gleich bleiben. Dank grosszügiger Spenden und der Unterstützungsgelder konnten wir im Jubiläumsjahr den Mitgliederbeitrag 2025 einmalig auf Fr. 40.– reduzieren.
Die LBF ist auf der Suche nach Einsatzhelfer(innen). Wie schwierig gestaltet sich dies?
Ursula Aeschlimann: Bei der LBF können die Betriebs- und Familienhilfen viel Erfahrung auf den verschiedenen Betrieben sammeln, das ist ein grosser Vorteil für viele Hilfen. Es ist viel Selbstständigkeit gefordert, was die Hilfen in ihrem Einsatzbereich fördert und vorantreibt. Wir beschäftigen auch viele Landwirte, die früh ihre Betriebe an die Nachfolge übergeben und dadurch Kapazität haben und die gewonnen Zeit sinnvoll als Betriebshelfer einsetzen. Von deren Erfahrung können die Landwirte in Not profitieren. Bei uns melden sich Landwirte jeder Alterskategorie, die wir je nach Bedürfnis der Dienstleistungsempfänger einsetzen können. Die LBF ist jederzeit offen für neue Helfer, Teilzeit und Vollzeit.
Stehen Ihnen immer genügend Hilfen zur Seite, oder mussten Sie Anfragen auch schon ablehnen, weil niemand verfügbar war?
Ursula Aeschlimann: Die Einsatzstellen sind in jedem Fall bestrebt, die passenden Hilfen für die betroffenen Familien zu finden. In den allermeisten Fällen gelingt dies. Auch wenn nicht sofort eine geeignete Betriebs- und Familienhilfe verfügbar sein sollte, hilft die LBF, eine gute Lösung zu finden.
Sie suchen aktuell neue Hilfen. Was für Personen wünschen Sie sich?
Ursula Aeschlimann: Motivierte, zuverlässige Landwirt(innen) und Familienhilfen.
Haben die Einsätze in den letzten 30 Jahren zugenommen oder gibt es weniger Personen, die diese Arbeit verrichten wollen?
Aline Plüss: Mit der Abnahme der Anzahl Betriebe im Kanton Bern sind die Einsatztage auch leicht rückläufig, die Nachfrage und Notwendigkeit sind aber immer noch sehr gross und sogar wachsend.
Ist die Arbeit für die Betriebshelfer mit der Zunahme der Mechanisierung auf den Feldern und im Stall anspruchsvoller geworden?
Ursula Aeschlimann: Die jungen Helfer sind mit den Veränderungen der Betriebe gross geworden und die anderen damit gewachsen.
In Zahlen
- 7730 Einsatztage leistete die LBF im Jahr 2000. Damals gab es laut Statistik im Kanton Bern 14 150 Landwirtschaftsbetriebe.
- 5600 Einsatztage leistete die LBF im Jahr 2022. Da waren im Kanton Bern noch 9200 Landwirtschaftsbetriebe (ohne Sömmerungsbetriebe) registriert.
- 165 bis 180 Betriebs- und Familienhilfen sind bei der LBF verfügbar. Diese Anzahl ist in den letzten Jahren stabil geblieben.
- 13 Einsatzstellen, verteilt über den Kanton, sind die erste Anlaufstelle für Bauernfamilien in Not.
- 50 Franken beträgt der Mitgliederbeitrag pro Jahr. Dieser hilft, die Tarife tief zu halten.
Kann den Helfern ein Minimumpensum garantiert werden?
Aline Plüss: Die Betriebshilfen werden je nach Bedarf und Nachfrage der betroffenen Landwirtschaftsbetriebe aufgeboten. Helfer mit dem Bedürfnis nach einem Vollzeiteinsatz werden auf Betrieben mit hoher Arbeitsnachfrage eingesetzt, Betriebs- und Familienhilfen mit kleinerem Arbeitspensum auf den Betrieben, die nur stundenweise Hilfe benötigen. Unsere Einsatzstellen koordinieren die Einsätze mit viel Einsatz und Bereitschaft auch ausserhalb der Bürozeiten für die Landwirte in Not.
Wie läuft es ab, wenn sich Personen bei der LBF melden, die einen Betriebshelfer benötigen?
Ursula Aeschlimann: Unsere 13 Einsatzstellen sind die ersten Ansprechpersonen. Sie nehmen die Kontaktdaten auf und besprechen, welche Arbeiten erledigt werden müssen. Danach werden die verfügbaren Einsatzkräfte je nach Bedürfnis eingesetzt. Auf der Geschäftsstelle werden die Lohnabrechnungen und sämtliche Aufwendungen in Sachen Versicherungen, Sozialversicherung etc. erledigt. Die gesamten Kosten für die Aufwendungen der Einsatzstellen, die Löhne der Angestellten, die Versicherungen etc. sind im Tarif der Mitglieder eingeschlossen. Die LBF unterstützt auch Mitglieder, die selbst eine Betriebshilfe organisieren, mit dem Angebot der administrativen Arbeiten zum günstigeren Tarif.