Vor rund drei Monaten ereignete sich auf der Liegenschaft Seebli im Gebiet Bramboden, Gemeinde Romoos, nach starken Niederschlägen ein grosser Hangrutsch (siehe BauernZeitung vom 12. Januar). Über zehn Hektaren Wiesen, Weiden und Wald vom Bauernhof der Familie Koch sind davon betroffen. Die direkt über dem Anriss stehenden Wohn- und Stallgebäude sind stark gefährdet. Die Situation bleibt ungewiss. Das Betriebsleiterehepaar Marietta und Bruno Koch und ihr Sohn Sämi im Interview.
Zuerst das Wichtigste: Wie geht es der Familie drei Monate nach diesem grossen Erdrutsch?
Marietta Koch: Es beschäftigt uns nach wie vor stark. Es stimmt uns vor allem traurig, wenn wir im Gebiet der Rutschung mit Leuten unterwegs sind oder wenn in Gesprächen das Geschehene wieder aufgefrischt wird. Auch die zwei Töchter, welche auswärts wohnen, machen sich Sorgen um uns und unsere Existenz.
Sämi Koch: Für mich als möglichen Betriebsnachfolger ist die Ungewissheit gross. Nach der Lehre als Landmaschinenmechaniker bin ich gegenwärtig in der Zweitausbildung als Landwirt mit dem Ziel, den Betrieb später von meinen Eltern zu übernehmen.
Bruno Koch: Für mich ist es vor allem wichtig, dass bisher keine Personen und keine Tiere zu Schaden gekommen sind. Man muss in dieser Situation trotzdem jeden Tag versuchen, positive Punkte zu sehen. Sonst zermürbt uns die unsichere Zukunft.
Welche Massnahmen wurden bisher ergriffen?
Bruno: Die wichtigsten Sofortmassnahmen sind von der Abteilung für Naturgefahren des Kantons Luzern eingeleitet worden. Die Messstationen und die Überwachung sind installiert. Das Oberflächenwasser ist grösstenteils abgeleitet. Nun beginnen die Arbeiten an der Erschliessung der Nachbarhöfe auf dem Egelshorn. Ausserdem ist im Rutschgebiet demnächst ein grosser Holzschlag geplant, damit vor dem Flug des Borkenkäfers das Holz geerntet ist.
Wie ist Ihre gegenwärtige Wohnsituation?
Marietta: Die Gemeinde hat für das Wohnhaus Seebli ein Übernachtungsverbot ausgesprochen und eine kleine Wohnung im Weiler Bramboden zur Verfügung gestellt. Wir sind dankbar für diese Hilfe.
Bruno: Die Tiere die ganze Nacht allein im Seebli zu lassen, ist für uns nicht einfach. Die Distanz ist jedoch nicht gross und die Beobachtung der Tiere ist gewährleistet.
[IMG 2]
Wie ist die Situation in den Stallungen rund um die Tiere?
Bruno: Man hat das Gefühl, dass die Tiere sehr feinfühlig sind und sich daher manchmal unruhig verhalten. Sie nehmen offensichtlich die kleinen Verschiebungen im Mauerwerk wahr. Wir haben vorsichtshalber bei Nachbarn abgeklärt, ob leere Stallungen vorhanden wären, wenn die Tiere aus dem Stall genommen werden müssten. Bei einem akuten Notfall würde die Evakuierung der Tiere durch die Feuerwehr vorgenommen, welche diese auf die benachbarten Betriebe bringt, die Platz zur Verfügung stellen könnten.
Sämi: Wir hoffen, dass die Tiere möglichst lange sicher im Stall verbleiben können und, falls notwendig, der Auszug geordnet und ohne grossen Stress für die Tiere vorgenommen werden kann.
Wie wird die Sicherheit der Gebäude überprüft?
Bruno: Die Messungen und die Alarmanlage bringen momentan Sicherheit, aber gleichzeitig Angst vor einer ungewissen Zukunft. Die sensiblen Geräte registrieren Änderungen im Millimeterbereich.
Bald kommt der Frühling auch im Berggebiet: Kann man in dieser Situation die Weidesaison und die Futterernte überhaupt planen?
Bruno: Es ist schwierig, die Weiden zu nutzen, weil grosse Spalten vorhanden sind und daher die Gefahr von Tierunfällen gross ist. Immer neue Spalten können entstehen, sowohl an der Oberfläche als auch im Untergrund. Bei den bis zu zehn Meter hohen Abrisskanten braucht es sehr stabile Zäune. Für uns planbar ist eigentlich nur das kontinuierliche Entleeren der Kanäle und des Güllensilos, damit bei einem Schaden in diesem Bereich keine Gewässerverschmutzung entsteht.
Sämi: Die Heuernte könnte hinsichtlich der Gebäudesituation schwierig werden. Wir wissen nicht, wie lange wir das Heulager noch benutzen können. Die Heukranbahn ist bereits etwas verzogen. Im Notfall besteht immer noch die Möglichkeit, Siloballen zu pressen.
Marietta: Eigentlich zieht es mich in den Garten. Dieser lenkt mich ab von der ungewissen Zukunft.
Gibt es in dieser Situation die Möglichkeit, Zukunftsperspektiven zu entwickeln?
Bruno: Risse an den Gebäuden und in den Wiesen deuten auf eine schwierige Zukunft für unseren Hof Seebli hin. Wie es mit unserem Landwirtschaftsbetrieb weitergeht, ist aktuell in Abklärung.
Unser Autor ist Agronom und pensionierter Lehrer und Berater BBZN. Er unterstützt Familie Koch im Auftrag des LBV.