Im Zimmer über mir rumpelt es unüberhörbar. Ich schleiche mich die Treppe hoch, öffne leise die Türe zum Zimmer meiner Tochter. Wie zwei Soldaten aus dem Schützengraben kommen zwei winzige Köpfchen mit Kulleraugen aus der zerwühlten Bettdecke hervor. Ganz ehrlich, wem würde beim Anblick der beiden winzigen, süssen Katzenbabys nicht das Herz aufgehen und wer hätte nicht ein Lächeln auf den Lippen, während er die Reste der Schlacht im Zimmer zusammenräumt? Eigentlich mag ich keine Katzen. Sie sind mir zu anarchistisch. Und da ich mir selbst einen relativ eigenständigen Lebenswandel zugestehe, muss um mich herum ein gewisser Grundgehorsam vorhanden sein. Hunde, die einen bedingungslos anhimmeln, sind mir daher lieber. Oder meine Freibergerstute, die meine Ideen mit stoischer Ruhe erträgt. Klappt bei allen, nur bei Katzen nicht.

Die Katze im Bett - ein Graus

Und so sehr die Dinger wohl mitschuldig an meinem hohen Blutdruck sind, wenn sie im Zehnminutentakt einen Portier brauchen und Essen vom Tisch klauen, so senken sie ihn auch zuverlässig, wenn sie sich auf dem Sofa an mich kuscheln. Noch vor wenigen Jahren hätte ich alleine beim Gedanken, meine Kinder könnten eine Katze ins Bett nehmen, Flöhe bekommen. Doch dann wurde ich irgendwie altersmilde oder habe zu lange in die Augen von zwei süssen, hilflosen Katzenbabys geschaut. Jedenfalls war es in diesem August recht kühl und man konnte die beiden unmöglich draussen schlafen lassen. Und spätestens beim Anblick eines friedlich schlafendes Kindes, das seine Katze im Arm hat, wird jedes Herz schwach. Wer wollte den beiden vor diesem Glück stehen? Und ab und zu habe auch ich das Glück, einen schnurrenden Fusswärmer im Bett zu haben. Manche Pfütze haben wir mit einem Lächeln geputzt, hervorgewürgte Mäuse und Schlimmeres entsorgt, denn sind sie einmal in unseren Herzen, dann lassen sie uns so schnell nicht wieder los. Und wenn, dann tut es weh.

Der Verlust des Tieres

Was haben wir geweint, als sich die Katze meiner Tochter im Kippfenster den Rücken brach. «Warum konnte die nicht einfach auf meinem Bett schlafen, bis wir wieder zuhause waren», schimpfte meine Tochter unter Tränen, während wir gemeinsam einen Stein für das Katzengrab bemalten. Wir wissen nicht, warum sie an diesem Morgen so dringend raus musste, während kein Portierzuhause war. Ich bin sicher, es wartete ein wichtiges Abenteuer.  Mein sonst so zerstreuter Sohn wirft seither jeden Morgen mit viel Schwung seine Zimmertüre ins Schloss, damit keine Katze mehr in sein Kippfenster kriechen kann. In vielen Kulturen erzählt man sich, dass Katzen böse Geister von denjenigen Menschen fernhalten, die sie lieben. Daran zweifle ich keinen Augenblick, wenn ich an die beiden Soldaten in der Bettdecke denke. Die beiden kaum faustgrossen Wesen haben erfolgreich die Tränen getrocknet. Und es macht Eindruck, wenn die Winzlinge ihre Haare stellen, einen Buckel machen und fauchen, als würde ihnen jemand aus dem Katzenhimmel sagen, wie das geht. Also wäre ich ein böser Geist, der Fall wäre klar. Und Katzen fragen ja auch nicht um Erlaubnis, bevor sie einen Geist vertreiben, sich in unsere Herzen schleichen oder auf dem Sofa eine Wolke Haare hinterlassen. Und das macht es so schön, weil wir nicht entscheiden müssen, ob wir von ihnen geliebt werden möchten – sie tun es einfach.