Pausen im Alltag – viel zu oft gehen sie einfach so vergessen. Dies, weil gerade keine Zeit dazu ist, die Kinder quengeln, der Mann Unterstützung bei einer Arbeit braucht oder eine Chauffeuse, die irgendwo etwas abholt, ein Amt im Verein oder der Gemeinde volle Konzentration erfordert, oder ein Berg Wäsche darauf wartet, versorgt zu werden. Die Liste der Gründe kann beliebig verlängert werden. «Doch Pausen sind immens wichtig», weiss Renata Bürki, Lehrerin am bernischen Bildungs-, Beratungs- und Tagungszentrum Inforama. Am Bäregg-Frauen-Forum in Bärau BE, spricht sie zum Thema «Pausen im Alltag integrieren».
Kurze Pausen helfen auch
Pausen sind enorm wichtig, auch kurze von fünf oder zehn Minuten. Denn genau wie Ein- und Ausatmen, Einschlafen und Aufwachen, sei auch Arbeiten und Pause machen, Teil des menschlichen biologischen Rhythmus. Wissenschaftlich erwiesen sei ausserdem, dass Pausen positive Auswirkungen auf Körper, Geist und Seele haben. Stresshormone würden abgebaut, die Atmung werde tiefer, das Hirn finde zurück zu besserer Leistungsfähigkeit und Pausen seien gut fürs Immunsystem, ruft die Referentin in Erinnerung.
Aber nicht nur. Denn für Renata Bürki haben Pausen auch viel mit Selbstfürsorge zu tun. Und die beginne bereits morgens beim Zähneputzen vor dem Spiegel. Sie habe sich auch schon dabei ertappt, dass die Gedanken darüber, was alles erledigt werden müsse, wild umher tanzen würden und sie ihr Spiegelbild gar nicht wahrnehme. Sie rät den Frauen, sich vor dem Spiegel ein Lächeln zu schenken und mit den Gedanken ganz bei sich zu sein. «Innezuhalten und sich selbst ein Lächeln zu schenken, hat nichts mit Egoismus zu tun», erklärt sie. Um sich selbst jeden Tag vor dem Spiegel daran zu erinnern, hat sie sich ein Smiley an den Spiegel geklebt. Frauen würden die Prioritäten oftmals so legen, dass zuerst Zeit für Kinder, Haushalt, Garten, Betrieb und zum Schluss sie selbst investiert wird. Dazu erklärt Renata Bürki bestimmt: «Gönn dich dir selbst!» Weiter fordert sie dazu auf, sich den Spruch: «Ich darf es auch mir recht machen», zu Herzen zu nehmen.
Vergleich mit Äpfeln und Birnen
Dazu notwendig sei es, Grenzen zu setzen und auch mal Nein zu sagen. Das sei ein Anfang. Doch das fällt oftmals sehr schwer. Gründe dafür sind:
- Angst, zu verletzen
- Helfersyndrom
- Angst davor, Anerkennung zu verlieren
- Schuldgefühle
- Angst vor drohenden Konflikten
«Ja, es kann auch mal Funkstille herrschen, wenn man nein sagt», weiss die Referentin aus Erfahrung. Das gelte es auszuhalten.
Oftmals seien Frauen auch stark darin, sich mit anderen zu vergleichen. «Wer kennt die Situation nicht, dass man sich fragt, wie die andere dies, das und jenes unter einen Hut bringt und rund ums Haus trotzdem alles tadellos sauber aussieht», fragt sie. Das verhaltene Lachen bei den rund 20 Teilnehmerinnen lässt vermuten, dass dies ein bekanntes Phänomen ist. «Doch da werden Äpfel mit Birnen verglichen, denn jede hat eine andere Belastungsgrenze», ruft die Referentin in Erinnerung. «Aber ich kann euch sagen, es brodelt hinter manch schöner Fassade.»
Renata Bürki hat ein paar Techniken parat, die das Nein-Sagen erleichtern. Sie macht deutlich, dass zu etwas Nein zu sagen, zwar begründet werden könne, dass man sich jedoch nicht rechtfertigen müsse.
Techniken zum Nein-Sagen
- «Ein andermal gerne – heute habe ich bereits etwas geplant», sei ein Nein mit Begründung, aber ohne Rechtfertigung.
- «Dass du so in Zeitnot bist, tut mir leid – heute kann ich dir nicht helfen», zeige Verständnis.
- «Heute geht es leider nicht, ich kann dir anbieten, es morgen zu erledigen», sei ein Teil-Nein mit Gegenangebot.
- «Das ist ein schönes Kompliment, trotzdem kann ich die Aufgabe nicht annehmen.» Mit Bedanken, könne man eine Anfrage ablehnen, für die man mit dem Zusatz, «dafür besonders gut geeignet zu sein», angefragt wurde. Denn die Anfrager würden ja meist clever agieren und Komplimente machen.
- Und dann gibt es auch noch die «Schallplatte mit Kratzer», die meistens bei Kindern zum Zuge kommen könne. «Nein, heute gibt es keine Glace. Ich weiss, dass du eine möchtest, heute gibt es keine Glace.»
Renata Bürki macht aber darauf aufmerksam: «Kommt ein Nein nicht aus dem Bauch heraus, wirkt es auch nicht!»
Tipps für den Alltag
Nach dem Inputreferat absolvieren die Teilnehmerinnen einen kleinen Parcours mit vier Posten. Zu den Themen: «Tipps im Alltag – was tun, wenn Pausen vergessen gehen», «Erfahrungen im Umgang mit Doppel und Mehrfachbelastungen», «Was gibt mir Energie?», und «Nein-Sagen», tauschen die Teilnehmerinnen in kleinen Gruppen ihre ganz persönlichen Erfahrungen aus.
Dabei wird deutlich: So vielfältig wie Frauen sind, so vielfältig sind auch die Dinge, die den Frauen wieder Energie geben und so vielfältig verbringen sie kleinere und grössere Pausen. Denn dazu sind Pausen da, um wieder Energie zu tanken. Einige tanken Energie bei Spaziergängen, andere beim Lesen, Qi-Gong, Yoga oder mit Atemübungen. Und wiederum andere tanken Kraft beim Bewegen in der Natur, dem Lauschen von Vogelgezwitscher oder bei einem guten Gespräch. Und auch Tipps, damit Pausen zu machen nicht vergessen gehen, gibt es. Diese können sein:
- Kaffeepause zu einer bestimmten Uhrzeit als Ritual
- Kleber am Spiegel anbringen
- Wecker stellen
- Erinnerungsfunktion auf dem Handy einrichten
- Eintrag in die Agenda machen.