Wenn man zum Hof von Corinne Kählin gelangen will, kommt man nicht umhin, zuerst einigen Hühnern auszuweichen, die scharrend auf der Strasse ihrem Tagesgeschäft nachgehen. Als Zweites fällt das geschäftige Treiben auf: Kinder und Erwachsene streicheln Hunde, beschäftigen sich mit Ponys, reiten los oder kommen zurück und unterhalten sich angeregt miteinander.

250 Tiere auf dem Hof

Es ist der Valurhof mit dem Verein Lebenshof Wendy Welt, den Corinne Kählin leitet. Auf dem Hof wohnen immer um die 250 Tiere, wobei aber immer ungefähr 100 davon Hühner seien, meint Kählin augenzwinkernd. Des Weiteren seien es um die 50 Pferde und Ponys, je etwa 25 Ziegen und Schafe, 7 Kühe, Kaninchen, Truten, Perlhühner und 7 Hunde. Kählin nennt die Anzahl der Tiere nur geschätzt, sie variiere immer mal wieder, da komme eines dazu oder eines sterbe, das sei der Lauf der Dinge.

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Die 54-Jährige beschreibt ihre Liebe zu Tieren so: «Ich hatte schon immer einen ‹Viecher-Tick›.» Zum Leidwesen ihrer Mutter habe sie schon als Kind immer wieder Tiere nach Hause geschleppt. Reiten gelernt hat sie bei einem Bauer im Dorf, gegen Mithilfe auf dem Feld, wie es damals üblich gewesen sei. Ihm hat sie dann als Teenager ihr erstes Islandpferd Valur abgekauft.

Gelernt hat Corinne Kählin Konditorin. Der Vorteil dabei sei gewesen, dass sie jeweils in der Nacht arbeiten, danach direkt in den Stall gehen und nach ein paar Stunden Schlaf Reitstunden habe geben können. Denn die Zahl der Ponys, die sie in einem Selbstversorgerstall unterhielt, und auch diejenige der Reitkinder, stiegen stetig an. Mit 25 Jahren habe sie sich entschieden, nur noch mit den Pferden zu arbeiten. Es sei nicht mehr anders gegangen. «Wichtig ist: Ich hatte keinen Plan, ich wusste einfach immer, dass ich etwas mit Tieren machen wollte.» Vor rund 18 Jahren konnte sie dann zusammen mit ihrem damaligen Partner, einem Landwirt, den Hof in Hagenfirst kaufen. Mit ihrer langjährigen Erfahrung als Betriebsleiterin wurde sie als Landwirtin anerkannt und konnte den Betrieb dann selbst führen. [IMG 3-4]

Zu allen etwas zu erzählen

Die Reitschulpferde und die Pensionäre leben in einer Grossgruppe, das funktioniere erstaunlich gut. Corinne Kählin vergleicht mit uns Menschen: «Unter drei Leuten einen Freund zu finden, ist viel schwieriger, als wenn du 30 zur Auswahl hast.»

Zum Betrieb gehören 9 ha Land, mit diversen Hochstammbäumen. Diese habe sie weniger wegen des Ertrages als mehr wegen der Ökologie. Auch auf dem Hofareal hat es diverse Büsche und Bäume, die meisten gerade dort, wo sie eben gewachsen sind. Dies seien schöne Schattenspender, meint Kählin.

Zu fast jedem Tier oder jeder Tiergattung hat sie etwas zu erzählen. So auch zu den Perlhühnern, die nicht nur ein schön gepunktetes Gefieder haben, sondern auch echte «Tüpflischiisser» seien. Sobald ihnen etwas nicht passe, zum Beispiel, wenn jemand im Winter abends noch den Reitplatz nutze, stünden sie wieder auf und reklamierten in ohrenbetäubender Lautstärke. Die Tierliebhaberin erzählt, sie habe wirklich grosses Glück mit ihren Nachbarn. Nicht nur die vielen Leute, sondern auch die Hühner, oder früher ihr Pony Wendy, welches um die 46 Jahre alt wurde und zuletzt frei um den Hof laufen durfte, stellen kein Problem dar.

Kuhplätze gesucht

Die Schafe, Ziegen und Kühe habe sie zwischen Frühling und Herbst alle auf externen Weiden bei anderen Landwirten oder auf zukünftigen Bauparzellen platziert, erzählt Corinne Kählin. Im Winter seien sie dann eingestallt.

«Es ist durchaus ein lukrativer Geschäftszweig.»

Corinne Kählin, Betriebsleiterin Valurhof, Gründerin vom Lebenshof Wendy Welt.

Und da kommt Kählin auch schon auf das Thema zu sprechen: Es würden immer wieder Lebensplätze für gerettete Kühe gesucht. Als sie ihre ersten Kühe von einem auf Mutterkuhhaltung umstellenden Betrieb gekauft habe, habe sie sicher 20 Landwirte angefragt und keiner habe ihre Kühe beherbergen wollen. Dabei sei dies durchaus ein lukrativer Geschäftszweig, denn der Landwirt erhalte Geld für die Pension der Kuh. Klauenpflege- oder Tierarztkosten lägen in der Verantwortung der «Kuh-Retter(in)». Dabei habe man nicht so viele Besucher(innen) wie bei Kleintieren oder Pferden, was viele abschrecke. Man könne beispielsweise einmal im Monat nach Voranmeldung die Kuh besuchen oder jährlich ein Hoffest veranstalten und werde so allen gerecht.

Vegane Brunchs

Corinne Kählin, die seit einigen Jahren vegan lebt, veranstaltet jeweils auch einen Muttertags- und einen 1.-August-Brunch. Beide seien, seit sie das Ganze anbiete, vegan. «Dabei ist es nicht mein Ziel, jemanden zu bekehren, sondern ich freue mich, wenn jemand sagt, es sei besser gewesen, als er gedacht hätte, oder nachfragt, ob das wirklich vegan war.» Sie möge auch die Doppelmoral vieler Leute nicht, so wenn jemand Küken ausbrüten lasse und wenn es dann einen Hahn zu viel in der jungen Herde gebe, dieser wieder abgestossen werde und zu ihr auf den Hof kommen solle.

Allerlei Tierliebhaber

Es sind derweil auch nicht ausschliesslich Privatpersonen, die Tiere zu Corinne Kählin bringen, nebst denen, die sie selbst zu sich hole. Francesca, ein Schaf, das nicht mehr aufgenommen habe, hat sie von einem Landwirt, dessen Tochter es nicht übers Herz brachte, das Tier zu schlachten. Der Hammel Luca stammt aus der Uni und diente dort als Versuchs- und Studientier. Er ist unglaublich verschmust. Auch da wollten die Studierenden wegen seines lieben Charakters nicht, dass er sterben musste.

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Sie möge alle Tiere sehr, die da seien. Aber ihre Stute Dögg, welche sie seit 30 Jahren begleite, sei ihr Lieblingstier, sagt Corinne Kählin. «Wir sind zusammen alt geworden», meint sie mit liebevollem Blick zu ihrer vierbeinigen Seniorin.

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