Die Währung Sambias, der Kwacha, verliert laufend an Wert. Die Pensionskasse damit auch. Mais, das Hauptnahrungsmittel, wird immer teurer. Wie soll man jetzt und im Alter durchkommen? Diese Frage beschäftigt viele Sambier, darunter auch Kapampa Belinda Chilese Zulu und ihren Mann. Ihre Antwort darauf lag in der Landwirtschaft.

Wer durchs Tor zum Zulu-Grundstück in der Kupferstadt Kitwe schreitet, bleibt staunend stehen. Anstatt Palmen wie bei den Nachbarn wachsen hier Avocado- und Mangobäume. Statt Poinsettie gedeihen hoher Mais, Kassava-Büsche und Gemüse. Überall ranken Kürbisse. Dieser üppige, aber unübliche Stadtgarten sichert der Familie Zulu gesunde Nahrungsmittel und einen Beitrag zur finanziellen Unabhängigkeit. 

Wenig Sinn für Landwirtschaft

«Die Menschen in der Stadt sind faul», behauptet die 47-Jährige. «Sie haben etwas Boden ums Haus, aber sie möchten das Gemüse lieber kaufen.» Seit zwölf Jahren betreibt sie Bio-Anbau. «Ich will wissen, was ich esse.» Besonders liebt sie die traditionellen kleinen Kürbisse, die buttrig weichen Imyungu, die jetzt Saison haben. Diese geben ihr «cooles Geld», wie sie sagt. Geld, das ohne viel Aufwand hereinkommt. Gesät zwischen dem Kassava und dem Mais wachsen sie einfach so und geben eine Fülle von Früchten. «Ich verkaufe sie für drei bis fünf Kwacha», erklärt Belinda Zulu. Das sind umgerechnet etwa sechs Rappen. «Das ist nicht viel, aber wenn man davon 300 Stück verkauft, gibt es doch ein ordentliches Sackgeld.»

Belinda Zulu und ihr Mann haben beide eine feste und gute Anstellung, was in Sambia bei weitem nicht in allen Familien der Fall ist. Mrs. Zulu, wie sie allgemein genannt wird, unterrichtet angehende Lehrkräfte in den Fächern Geographie und Sozialwissenschaften. Genauso wichtig ist es ihr, die Studenten finanzielle Unabhängigkeit zu lehren. «Was ist, wenn euch der Job gekündigt wird?», fragt sie. Leidenschaftlich spricht sie über kleine Business-Projekte, über den Nahrungsmittel-Anbau und den Verkauf.

Vor vier Jahren kauften Zulus 16 Hektaren Land, anderthalb Autostunden entfernt von Kitwe, und begannen mit dem Mais- und Kassava-Anbau. Weitere fünf Hektar kamen dazu, etwas näher bei der Stadt. Dort halten sie Schweine und Hühner und pflanzen Gemüse für den Markt. Ein Angestellter ist zuständig für die kleine Farm, aber Belinda Zulu fährt mindestens einmal pro Woche und während den Schulferien fast täglich selbst dorthin.

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Begeistert von Kassava

Belinda Zulu verliebte sich in den Kassava-Anbau. Kassava ist auch als Maniok bekannt. Es ist eine genügsame Pflanze, die, im Vergleich zum Mais, mit wenig zusätzlichen Nährstoffen und Niederschlag auskommt; besonders wichtig bei den vermehrten Dürreperioden. Die frischen Blätter sind beliebt, gehackt und gekocht wie Spinat. Die Wurzelknollen werden zubereitet wie Süsskartoffeln oder getrocknet und zu Mehl gemahlen. Zurzeit suchen Firmen grössere Mengen Kassava zur Herstellung von Ethanol. Belinda Zulu gründete mit anderen Farmern eine Genossenschaft, um die Menge sichern zu können.

Das Wohnhaus von Familie Zulu, zu der auch zwei Töchter im Alter von 21 und 17 Jahren sowie ein elfjähriger Sohn gehören, ist gemietet. Es ist ein geräumiges, aber einfaches Backsteinhaus. Das Geld wird nicht in Luxus investiert.

Eine jüngere Schwester von Belinda Zulu, die eine Ausbildung absolviert, wohnt mit im Haus der Familie. Zudem lebt eine ehemalige Schülerin dort, die Belinda Zulu vor neun Jahren in einer Notsituation zu sich nahm. Die meisten Sambische Familien nehmen hilfsbedürftige Menschen wie Nichten oder Neffen bei sich auf, die das Schulgeld nicht bezahlen können. Vielleicht, weil ein Elternteil oder beide verstorben ist. Wer eine Arbeit oder sonst Geld hat, steht in der Verantwortung, der Familie zu helfen.

Als Belinda Zulu vor 25 Jahren ihre erste Stelle als Primarschullehrerin antrat, wurde ihrem Vater die Arbeitsstelle gekündigt. Als drittes von acht Kindern bezahlte sie jeweils einen Anteil an den Haushalt sowie für die Ausbildung einer ihrer Schwestern. Vielleicht ist es ihr darum so wichtig, dass jeder die Möglichkeit besitzt, den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten.

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Praktische Fähigkeiten

Die älteste Zulu-Tochter studiert Pharmakologie. Die Mutter ermutigte sie, vorher einen Schneiderinnenkurs zu besuchen: «So kann sie etwas Geld verdienen, auch wenn sie nicht gleich eine Arbeit kriegt», erklärt Belinda Zulu. Das ist leider oft der Fall für ausgebildete Studenten. Die zweite Tochter absolvierte vor dem Agronomiestudium einen Backkurs. Zusammen mit ihrer Tante bietet sie Kekse zum Verkauf an. Der Sohn kauft und verkauft Kaugummi, die Haushälterin handelt mit Speiseöl.

Im Zulu-Haushalt wird das «Chilimba»-Konzept praktiziert: das sambische System der kollektiven finanziellen Unterstützung. Jede Person im Haushalt spart täglich fünf Kwacha oder sechs Rappen. Ende Woche wird das Ersparte an eine bedürftige Person gegeben. Was für Schweizer wenig erscheint, ist für diese Person ein grosses Geschenk. Ein Teil des Erlöses aus der Landwirtschaft und des Gehalts wird in Miethäuser investiert. Die Mieteinnahmen bezahlen Schulgelder und sollen das Alter sichern. Belinda Zulu hofft, mit ihrer Tochter eine kleine Drogerie aufmachen und eigene Salben und Cremen verkaufen zu können.  «Ich bin halt ein Risikomensch», erklärt sie mit breitem Lachen ihre Pläne.

Fünf Fragen
 
Worüber können Sie lachen?
Wenn ich mich an die schönen Tage mit meinem Vater erinnere.

Was rührt Sie zu Tränen?
Wenn ich meinen Vater vermisse. Ich bin noch nicht ganz über seinen Tod hinweg, denn er war mein guter Freund.

Ihr Rezept für Entspannung?
Normalerweise entspanne ich mich am Wochenende, besonders sonntags, wenn ich Gospelmusik höre.

Welches Kompliment freut Sie?
Wenn ich eine gute Ernte habe und dafür Komplimente bekomme.

Wohin möchten Sie gerne einmal reisen?
Alle europäischen Länder interessieren mich sehr.