«Wir produzieren im Schaufenster der Konsumenten.» Dass diese Aussage von Landwirt Patrick Gerber aus Bettingen im Kanton Basel-Stadt nicht nur eine Floskel ist, zeigte sich am Montag anlässlich des Tags der Landwirtschaft des Kantons Basel-Stadt. Das Thema «Nachhaltiger Obstbau und Direktvermarktung» führte Land­wirt(innen) sowie Behördenvertretende zunächst in Gerbers Obstplantage. Diese liegt direkt neben einem Wohnquartier in Riehen. Der zweite Teil mit Hofrundgang und Mittagessen fand mitten im Dorf Bettingen auf dem Betrieb von Patrick und Heidi Gerber statt. War die Land­gemeinde einst ein Bauerndorf, hat sich das grundlegend geändert. Es gibt nur noch zwei Bauernbetriebe. Entsprechend hat sich das Umfeld des Hofes verändert, das nun von nichtlandwirtschaftlicher Bevölkerung eng umgeben ist.   

Qualität trotz weniger PSM

Patrick und Heidi Gerber sind Pächter des Hofes, welcher der Einwohnergemeinde Basel gehört. 2004 übernahm der Hof Bettingen zudem die Obstanlage in Riehen. Den Betriebsleitern ist eine nachhaltige Produktion wichtig. «Ich habe mir Gedanken gemacht, wie ich Pflanzenschutzmittel (PSM) einsparen kann, ohne dass die Qualität leidet», betonte Patrick Gerber. Der Hof produziert nach den Richtlinien von IP-Suisse, doch zahlreiche Massnahmen gehen darüber hinaus und kämen nahe an die Bioproduktion, erklärte der Betriebsleiter.  

Betriebsspiegel Hof Bettingen

Betriebsleiterfamilie: Patrick und Heidi Gerber, drei Kinder (12, 11 und 8 Jahre)
Ort: Bettingen
Mitarbeitende: 3 Teilzeitmitarbeitende, darunter Vater Werner Gerber, zudem 4 Mitarbeiterinnen im Stundenlohn zur Mithilfe bei der Direktvermarktung
Produktionsform: Nach IP-Suisse-Richtlinien
Ackerfläche: 58 ha LN, davon 10 ha Biodiversitätsförderflächen und 28 ha Weideland
Ackerbauprodukte: Weizen, Urdinkel, Triticale, Silomais
Obstplantage: 2000 Apfel-, 350 Zwetschgen- und Mirabellenbäume, 100 Birnen- sowie 40 Aprikosenbäume mit grosser Sortenvielfalt, daneben einige Apfel- und Nusshochstammbäume
Tiere: 40 Mutterkühe mit Kälbern, 1 Limousin­stier, 200 Legehennen
Vermarktung: Direktvermarktung, ein Teil Fleisch geht in den Handel

Schorfresistene Sort sind die Zukunft

Schädlinge sind bei der Obstproduktion ein grosses Thema. Die Anlage wurde daher komplett eingenetzt. Das Gras zwischen und unter den Bäumen bedeutet Konkurrenz betreffend Nährstoffe und Wasser. Um die Streifen grasfrei zu halten, kommen zwei unterschiedliche Hackgeräte zum Einsatz. Während das Rollhackgerät die Streifen säubert, befreit das selbst gebaute Fingerhackgerät das Gras bis zum Baum heran. Patrick Gerber zeigte sich froh darüber, dass der Kanton mitgeholfen habe, derartige Anschaffungen zu finanzieren. Zudem werden nur noch schorfresistente Sorten gesetzt, was weitere PSM einspare. 

Wenn der Apfel bitter schmeckt

Obstfachmann Martin Keller aus der Ostschweiz vertrat Franco Weibel vom Ebenrain. Keller ist auch in der Forschung tätig. Das Wissen um die Schädlingsbekämpfung mit natürlichen Feinden sei ein grosses Gebiet. Er erklärte, dass er es sich zur Aufgabe gemacht habe, sein Wissen jungen Berufskollegen weiter zu geben. Er zeigte anhand Beispielen auf, welche Auswirkungen Schädlinge und Krankheiten haben. So werden etwa Einstichstellen von der eingeschleppten Marmorierten Baumwanze an Obst und Gemüse bitter, was sich auch im Apfelsaft bemerkbar mache. Ein PSM gibt es nicht.

Natürliche Feinde wären hilfreich

Er erklärte, dass Samurai-Wespen aus Asien nach Italien importiert wurden. Sie sind ein natürlicher Feind der Marmorierten Baumwanze. Eine Einfuhr in die Schweiz sei nicht erlaubt. Dass sich die italienischen Tierchen dann nicht an Landesgrenzen gehalten und den Weg ins Tessin gefunden haben, freut Martin Keller. «Wenn invasive Schädlinge ins Land eingeschleppt wurden, macht es keinen Sinn, mit Importen der Gegenspieler zuzuwarten», ist er überzeugt. 

Die Akzeptanz in der Nachbarschaft ist ohne die Fliegen grösser

Auf der Hofführung zeigten Patrick und Heidi Gerber, welche Veränderungen der Betrieb in den vergangenen Jahren erlebt hat. Wurden die Früchte nach der Übernahme der Obstanlage im Jahr 2004 noch vor dem Stall aus Harassen verkauft, stehen seit zehn Jahren ein geräumiger Selbstbedienungs-Hofladen und eine Backstube zur Verfügung. Verkauft werden mit Ausnahme von Kartoffeln und Zwiebeln nur Produkte vom Hof. Jeweils am Samstagmorgen backt und verkauft Heidi Gerber zahlreiche Brote, Brötchen und Zopf. Nur in dieser Zeit ist der Laden bedient. Sie schätzt den direkten Austausch mit den Kundinnen. Auch Vieh gehört zum Betrieb dazu. Seit der Aufgabe der Milchviehhaltung im Jahr 2008 sind die Mutterkühe nur im Winter im Stall und ansonsten auf der Weide ausserhalb des Hofes. Das dadurch kleinere Fliegenaufkommen im Sommer habe merklich zur Akzeptanz in der Bevölkerung rundherum beigetragen, so Patrick Gerber.