Die Uni Luzern hat den Betrieb ihrer Mensa neu an die Genossenschaft ZFV-Unternehmungen vergeben. Diese setzt ab Ende August in erster Linie auf ein rein vegan-vegetarisches Verpflegungskonzept. Dieses habe die Verantwortlichen überzeugt, weil es auf Nachhaltigkeit, Regionalität und Saisonalität fokussiere, so Doris Schmidli von der Uni Luzern.
Vor allem in landwirtschaftlichen Kreisen und der Fleischbranche hat dieser Entschied und die Begründung für Stirnrunzeln gesorgt. Der Schweizer Bauernverband und der Schweizer Fleischfachverband haben deshalb an den Rektor der Uni Luzern geschrieben und einige kritische Fragen zu diesem Entscheid aufgeworfen (siehe Kasten).
Überwiegend positive Rückmeldungen
Auf Anfrage teilt die ZFV-Unternehmungen mit, dass das Verpflegungsangebot in erster Linie den Bedürfnissen und Wünschen der Gäste entsprechen muss. An der Uni Luzern seien in den vergangenen Jahren diverse Rückmeldungen aus Studierendenkreisen eingegangen, dass ein nachhaltiges Menüangebot gewünscht werde.
Eine überwiegend vegetarische Ernährung ist laut dem ZFV «erwiesenermassen umwelt- und klimafreundlich». Die ersten Reaktionen der Studierenden der Uni Luzern fielen gemäss ZFV überwiegend positiv aus. Kritische Stimmen würden geschätzt und auch gerne angehört. Zudem seien in Luzern Formate in Planung, bei denen trotzdem punktuell Fleisch und Fisch angeboten werden sollen, z. B. ein mobiler Essensstand.
Der ZFV betreibt an der Universität Zürich bereits zwei Mensen, die ausschliesslich oder nahezu auf ein komplett vegan-vegetarisches Angebot setzen. Diese erfreuten sich grosser Beliebtheit unter den Studierenden.
Der Kunde entscheidet
Neben den ZFV-Unternehmungen ist die SV Group ein grosser Player in der Schweizer Gemeinschaftsgastronomie. Sie betreibt über 300 Mitarbeitendenrestaurants, Kantinen und Gastronomiebetriebe in diversen Institutionen. Bis anhin führt die SV Group kein Restaurant, das ausschliesslich auf vegane oder vegetarische Menüs setzt. Allerdings muss sich die SV Group wie auch die ZFV-Unternehmungen stark an den Vorgaben der Auftraggeber orientieren.
Die Nachfrage nach einem vegetarischen und veganen Angebot habe seitens der Kundinnen in den letzten Jahren stark zugenommen, wie die SV Group mitteilt. «Ein entsprechender Punkt für ein umfassendes vegetarisches Angebot ist praktisch in allen Ausschreibungen enthalten.» Schlussendlich entscheide der Kunde, welches Konzept er bei sich umgesetzt haben möchte.
Fleisch und Milch gehören dazu
Aus Sicht der SV Group gehören Fleisch- und Milchprodukte jedoch zu unserer Ernährungstradition und haben in der Menüplanung einen festen Platz. Grundsätzlich wird die SV Group ihr pflanzenbasiertes Angebot stetig ausbauen, Fleisch soll aber weiterhin auf den Tellern Platz haben. Es komme «auf die Menge und den Mix» an, lässt die SV Group verlauten.
Die Akzeptanz ist zentral
In der Stadt Zürich hat sich eine klare Mehrheit der Stimmbevölkerung für die Förderung einer umweltschonenden Ernährung ausgesprochen – in diesem Rahmen wurde eine Strategie zur nachhaltigen Ernährung erarbeitet. Die Stadt Zürich sieht momentan kein komplett vegetarisch-veganes Angebot für ihre Verpflegungsbetriebe vor. Universitäten und Hochschulen gehören nicht dazu. In den städtischen Betrieben wie Altersheimen, Pflegezentren, Spitälern, Schulen und Personalverpflegung werden täglich mehrere Menüs angeboten, mindestens eines davon ist jeweils vegetarisch.
Mehr attraktive Auswahl bei den pflanzlichen Menüs ist ein zentraler Hebel der Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt, erklärt Yvonne Lötscher, Leiterin des Fachbereichs Ernährung der Stadt Zürich, auf Anfrage. Zentral sei die Akzeptanz für Veränderungen, welche je sich je nach Zielgruppe unterscheide.
Reaktionen gehen weit auseinander
Bei landwirtschaftlichen Verbänden und landwirtschaftsnahen Verbänden stösst die Ankündigung der Universität Luzern auf Unverständnis. Der Schweizer Bauernverband (SBV) und der Schweizer Fleisch-Fachverband (SFF) sind in einem Brief an Rektor Bruno Staffelbach gelangt. «Täuscht der Eindruck, dass man sich bei Ihrem Entscheid vor allem an allgemeinen, publizitätsträchtigen Trends in der heutigen Gesellschaft orientierte, ohne diesen auch nur ansatzweise zu hinterfragen?», heisst es in dem Schreiben.
«Mit den Füssen abstimmen»
Für den SFF handelt es sich um eine «unverständliche Bevormundung von erwachsenen und mündigen Bürgern», wie Alexandra Bechter, Leiterin Kommunikation, auf Anfrage mitteilt. «Den hier praktizierten Eingriff in die persönliche Wahlfreiheit der Mensa-Besucher(innen) lehnen wir mit aller Entschiedenheit ab.» Sollten die Einwände nicht gehört werden, so bliebe den Mensa-Besucher(innen) «wohl nur die Möglichkeit, mit den Füssen abzustimmen», fügt Bechter an.
Auch beim SBV schüttelt man über den Entscheid der Universität den Kopf: «Wir finden es vor allem fragwürdig, dass die Uni Luzern eine nachhaltige, regionale Ernährung fördern, aber gleichzeitig Fleisch und andere tierische Produkte verbannen will. Gerade in der Innerschweiz lassen sich viel Flächen nur über Raufutterverzehrer für die menschliche Ernährung nutzen», hält Mediensprecherin Sandra Helfenstein fest.
«Chancen für Bauern»
Ganz anders sieht das die wohl bekannteste Veganerin der Schweiz: «Ich finde es super, dass mit der Universität Luzern ein Betrieb in der öffentlichen Beschaffung mit gutem Beispiel vorangeht», sagt Nationalrätin Meret Schneider (Grüne/ZH) auf Anfrage. Dass die Mensa auf vegane und vegetarische Menüs setze, sei gut für die Umwelt, das Klima und «natürlich auch für die Tiere», so die Initiantin der Initiative gegen Massentierhaltung. Schneider sieht darin auch Chancen für die Schweizer Bauern und Bäuerinnen, «gerade auch im Kanton Luzern, wo man aktuell über eine Reduktion der Tierhaltung und eine Stärkung der pflanzlichen Produktion diskutiert».
«Sturm im Wasserglas»
Dass landwirtschaftliche Verbände empört über die Ankündigung der Universität Luzern wettern, ist für Meret Schneider «ein Sturm im Wasserglas». Bestimmt mache es mehr Sinn, dass an der Uni pflanzliche Produkte aus der Region auf den Tisch kämen, statt Poulet aus Brasilien, hält die Politikerin fest.