Die Tierärztin Sofia Benagli hat kürzlich etwas spezielle Ferien gemacht, sieben Wochen lang ist sie mit ihren Eseln Leopoldo und Batuffola durchs Land gezogen. Dabei hat das Trio grossmehrheitlich sehr schöne Erfahrungen gesammelt.
Abmarsch in Kleindöttingen
«Sie haben ihre eigenen Ideen», sagt Sofia Benagli auf die Frage, was sie an ihren Eseln schätzt. Diese gelte es zu respektieren, das sei eine der wichtigsten Grundlegen im Umgang mit den Langohren. Nur so könne man gut mit ihnen arbeiten.
Die Ideen kennenzulernen, dazu hatte die 25-jährige Tierärztin im vergangenen Mai und Juni mehr als genügend Gelegenheit. Gemeinsam mit dem 7-jährigen Wallach Leopoldo und der 19-jährigen Eselin Batuffola ist sie von Anfang Mai bis Ende Juni von Kleindöttingen AG bis fast ins Tessin gewandert.
Wenig Kartenstudium nötig
Dort ist sie in Novaggio TI, unweit von Lugano, aufgewachsen. Die Eltern sind zwar nicht Bauern, besitzen aber ein Stück Land, auf dem schon immer Esel gehalten wurden. Die Faszination ist nun auch auf Tochter Sofia übergesprungen, wie sie lachend einräumt. Ihre Qualitäten sind unwiderstehlich: «Sie sind ruhig und geniessen das Leben mehr als wir.»
Kleindöttingen an der Aare hat die Tessinerin als Ausgangspunkt für das Trekking ausgewählt, weil sie einem Fluss entlang wandern wollte. Die Gründe liegen auf der Hand: «Der Weg ist mehrheitlich flach und du brauchst kein Wasser zu schleppen», sagt Sofia, zudem brauche es nur wenig Kartenstudium, weil die Route auf der Hand beziehungsweise am Fluss liegt.
Ins Rutschen geraten
Ganz tückenfrei ging es aber nicht. Auf dem Weg entlang des Thunersees stieg Sofia Benagli etwas höher, Richtung Heiligenschwendi, um dem Verkehr auszuweichen. Der Wanderweg am Hang erwies sich dann aber als zu schwierig, weil die Esel auf dem steilen Weg beim Abstieg ins Rutschen gerieten. «So mussten wir umkehren und ein Stück der stark verkehrenden Strasse von Beatenberg hinunterlaufen», erinnert sie sich. «Es ist nicht immer einfach, eine für Esel geeignete Strasse zu finden.»
Es folgte eine heikle Passage im Sonntagsverkehr an der Hauptstrasse unten am Thunersee. Zuvorderst wie üblich Batuffola am Strick, dann in der Mitte die Tierhalterin und hinter ihr Leopoldo, ebenfalls am Halfter.
Oft gabs Platz in einem Stall
Üblicherweise waren die Wege aber etwas einfacher zu begehen und das Entgegenkommen der Menschen gross. Sofia Benagli kam meist ohne Weiteres unter, wenn sie auf Bauernhöfen nach Unterkunft ersuchte. Oft erhielt sie sogar ein Bett und für die Esel einen Platz im Stall oder auf der Weide samt Heu.
Mit sich trug sie einzig einen Sack mit etwas Kraftfutter und einen Leckstein. Bei der Unterkunftssuche bevorzugte sie Betriebe mit Rindvieh: «Pferde reagieren meistens eher nervös auf Eselbesuch», hat die Trekkerin beobachtet.
Unüberwindbare Hürden
Auf der Trekkingroute verlief fast alles nach Plan. Einzig im Gebirge gab es einige unüberwindbare Hindernisse. Die Grimsel war noch nicht schneebefreit, als sie dort Richtung Tessin passieren wollte.
Deshalb wich sie über den Brünig aus, strandete dann aber in Wassen, weil auch der Gotthard noch nicht passierbar war. Von dort liess sie sich und ihre treuen Begleiter dann abholen. «Wir waren alle ziemlich müde», blickt sie zurück.
Eine Route von 387 km
Das ist wenig erstaunlich nach einer Route von 387 Kilometern Länge. Pro Tag absolvierte das Trio jeweils zwischen 10 und 18 km. Das Eseltrekking ist der Tessinerin aber keineswegs verleidet, im Gegenteil. «Ich freue mich schon aufs Weitermachen», sagt sie. Bis dahin dauert es aber wohl einen Moment, Sofia Benagli hat soeben eine Stelle in einer gemischten Tierarztpraxis in Brienz BE angetreten. Hier werde alles behandelt, von Eseln bis Reptilien.
Die Esel hätten übrigens auf der Reise gewichtsmässig eher zugelegt, sagt Sofia Benagli. «Das Gras im Norden ist nahrhafter als dasjenige im Tessin», sagt sie mit einem Schmunzeln. Sie selber habe aber eher Gewicht verloren.