Es gibt sie noch, die Metzgereien auf dem Lande. Doch auch diese Familienbetriebe müssen mit der Zeit gehen, damit sie überleben können. Eine von ihnen ist die Metzgerei von Monika und Adrian Gygax in Lützelflüh. Ein breites Sortiment, eine hohe Qualität, ein guter Draht zur Kundschaft und eine fachmännische Beratung, das sind die Erfolgsrezepte der Metzgerei Gygax. «Wir sind ein Betrieb mit 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, davon sechs Lehrlinge», hält der Betriebsleiter fest. Für den familiären Betrieb ist es wichtig, dass nicht nur die Kundschaft auf ihre Rechnung kommt, sondern auch, dass es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut geht.
Eine hohe Wertschätzung
Einmal pro Woche wird im eigenen Schlachthaus geschlachtet. Dazu kommen Lohnschlachtungen und ein Catering-Angebot. «Wir arbeiten eng mit den Landwirten aus der Region zusammen, bei denen das Tierwohl höchste Priorität hat», hält der Metzgermeister fest. Über die Qualität des Fleisches werde schon beim Bauern direkt im Stall entschieden. Und die Lieferkette ist von Anfang bis Ende nachvollziehbar. Die fachmännisch ausgebildeten Mitarbeiter(innen) versuchen zudem, das gesamte Tier zu verarbeiten. «Auch das hat etwas mit Respekt und Wertschätzung zu tun und wir wissen genau, was wir machen», hält der 52-jährige Lehrmeister fest. Aber das ist noch nicht alles: «Ein guter Service für die Kunden muss auch an der Theke stattfinden, indem wir fachmännisch beraten», sagt er. Dazu gehöre selbstverständlich auch der freundliche Umgangston. Denn am Ende entscheidet der Konsument, ob er beim Dorfmetzger oder lieber beim Discounter einkauft.
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Nicht aus der Ruhe bringen
«Preislich können wir mit dem Detailhandel nicht mithalten, da muss man auf die bewährten Stärken setzen, damit man noch überleben kann», ist Adrian Gygax überzeugt. Ein weiterer Pluspunkt ihrer Metzgerei ist es, dass sie rund 90 % der verkauften Fleischprodukte selbst herstellen. Geräuchertes, Cordon bleu, Rindsbraten, Gehacktes oder die verschiedenen Variationen an Wurstwaren zeugen von einem vielseitigen Angebot. Neben der eigenen Verkaufstheke werden auch einzelne Restaurants, Altersheime, Coop-Filialen oder die Prodega mit ihren Spezialitäten beliefert. Dazu kann die Metzgerei auch die Vereine aus der Umgebung bei Festanlässen beliefern – was Gygax besonders freut.
Auch an diesem Dienstagnachmittag geben sich die Kundinnen und Kunden in der Metzgerei Gygax die Türklinke in die Hand. Trotzdem lässt sich der Metzgermeister nicht aus der Ruhe bringen. Fragt eine ältere Dame beiläufig in seinem Emmentaler Dialekt, wie es ihr gehe, nennt sie dabei natürlich beim Vornamen. «In unserem Geschäft geht viel über die Sympathie. Wenn deine Kundschaft nicht gut über dich spricht, kommt auch niemand in deinen Laden», ist er überzeugt. Doch diese Wertschätzung müsse man sich zuerst erarbeiten. «Das ist wie bei der Landwirtschaft, dort muss der Bauer auch überzeugen können, welche guten Lebensmittel er produziert», sagt Gygax.
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Ein Heimvorteil
Da der Metzgermeister im Nachbarort von Lützelflüh, in Grünenmatt, aufgewachsen ist, kann er quasi von einem Heimvorteil profitieren. «Meine Eltern hatten einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb mit einem Restaurant dazu», erzählt er von seiner Herkunft. Metzger habe er eigentlich schon immer lernen wollen. «Ich habe hier in dieser Metzgerei in Lützelflüh bei der Familie Kirchhofer die Lehre absolviert», sagt Gygax. 1999 konnte er die Metzgerei dann pachten, zwei Jahre später kaufen. Dass er mit Monika auch noch die richtige Frau gefunden hat, die mit ihm am gleichen Strick zieht, sei schon ein Glücksfall gewesen. «Ohne ihre Unterstützung wären wir nicht so weit gekommen, denn immerhin können wir dieses Jahr das 25-jährige Firmenjubiläum feiern», hält der Metzgermeister anerkennend fest. Doch so einfach ist es nicht: Der Strukturwandel, gute Arbeitskräfte zu finden und die veränderten Essgewohnheiten – dies sind Herausforderungen, die man in Zukunft nicht unterschätzen dürfe.
«Obwohl der Metzgerberuf sehr vielseitig ist, steht er nicht unbedingt zuoberst auf der Wunschliste der Schulabgänger», bedauert Adrian Gygax. Doch der Beruf sei viel mehr als nur Schlachten. «Er ist sehr abwechslungsreich und die vielen Spezialitäten, die man dabei herstellen kann, geben dem Beruf seinen Stolz», so der 52-Jährige. Wer überleben will, muss mit der Zeit gehen. Dabei spielt auch der Informationsfluss eine grosse Rolle. Schnell ist heute ein Mail geschrieben, schnell eine Nachricht per Handy gesendet. «Das heisst für uns, dass wir permanent agieren müssen», sagt Gygax lachend.
Mehr Poulet
Doch auch die Kundenbedürfnisse haben sich verändert. «Heute wird weniger Schweinefleisch, dafür mehr Pouletfleisch gegessen», beobachtet er. Immer noch im Trend ist die Regionalität. «Der Kunde will wissen, wo das Fleisch herkommt», sagt der Metzgermeister aus Erfahrung. Darum glaubt Adrian Gygax auch weiterhin, dass es in 20 Jahren die Dorfmetzgereien noch geben wird. «Ein gutes Produkt und die Nähe zur Kundschaft, das sind wichtige Argumente, an denen wir weiterhin festhalten möchten.»