«Wir haben so gebaut, dass wir flexibel bleiben», erzählt Simon Gschwind beim Rundgang über den Betrieb. Seit 2021 führt der gelernte Elektroinstallateur und Meisterlandwirt den Hof Sennmatt im solothurnischen Leimental. Vor 18 Jahren siedelten seine Eltern den Betrieb vom Dorfzentrum an den heutigen Standort etwas ausserhalb des Wohngebietes um. «Das war erst dank der Melioration möglich», erklärt der Betriebsleiter, «zuvor war unser Land zu stark zerstückelt.»
Eine robuste Rasse sollte es sein
Mit dem Umzug änderte sich auch die Produktionsrichtung: die Milchwirtschaft wurde eingestellt, stattdessen kauften die Eltern Brigitta und Werner Gschwind die ersten Mutterkühe. «Wir brauchten eine Rasse, die robust genug ist, um die Winterzeit bis zum Einzug in den neuen Stall zu überbrücken. So kamen wir auf die Galloways», erinnert sich der Betriebsleiter. Rund zehn Jahre später entschied sich Simon Gschwind nach absolvierter Ausbildung zum Meisterlandwirt, den Betrieb seiner Eltern zu übernehmen. Mit dieser Entscheidung war nun auch klar, dass die zweite Etappe (Bau Wohnhaus und Remise) realisiert werden musste.
Die Galloways überzeugten und sind geblieben
Was zuerst als Übergangslösung gedacht war, entpuppte sich schnell als Betriebszweig mit Potenzial. Die Direktvermarktung des Galloway-Fleisches lief gut an und die Nachfrage wuchs rasant. «Wir hatten schon bald eine lange Warteliste», erzählt Simon Gschwind, «also haben wir den Tierbestand aufgestockt.» Heute leben rund 50 Galloway-Tiere (Mutterkühe, Kälber, Aufzucht und Zuchtstier) auf dem Hof Sennmatt. Gschwind ist Mitglied im Zuchtverband, remontiert seine eigenen Muttertiere und verkauft Kühe und Stiere für die Weiterzucht.
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Viele Vorteile überzeugen auch die Kundschaft
Dabei setzt er ganz auf eine extensive Haltung. So verbringen die Tiere die Zeit von zirka April bis Ende November auf der Weide und werden im Winter mit betriebseigenem Heu und Grassilage gefüttert. Im Alter von zwei Jahren sind die Jungtiere dann schlachtreif. Die Qualität des Fleisches sei durch das langsame Wachstum besonders hoch, rühmt Simon Gschwind. Verglichen mit herkömmlichem Rindfleisch sei der Gehalt an wertvollen Omega-3-Fettsäuren höher. «Nebst dem schätzen unsere Kunden besonders das kräftige Fleischaroma und die tierfreundliche Haltung», so der Meisterlandwirt.
Die Kirschen sind Äpfeln gewichen
Doch nicht nur in der Tierhaltung änderte sich vieles. Während der Fokus heute auf der Süssmostproduktion liegt, machten vor einigen Jahren noch die Kirschen einen Grossteil des Obstbaus aus. So bewirtschaftete die Familie Gschwind mehrere hundert Kirschen-Hochstammbäume und verkaufte die Ernte direkt ab Hof und über den Zwischenhandel. «Doch der Preis- und Qualitätsdruck stieg immer mehr», erinnert sich Simon Gschwind. Die Nachfrage nach Obst von Hochstammbäumen sank und die Möglichkeiten zum Pflanzenschutz wurden weiter eingeschränkt. Eine gedeckte Anlage wäre nötig gewesen, um wirtschaftlich zu produzieren, überlegt der heute 34-Jährige. Aufgrund der starken Parzellierung sei dies aber nicht möglich gewesen. «Das war der Moment, wo wir dann endgültig einen Schlussstrich zogen», fährt er fort.
Jedem Kunde der Saft seiner eigenen Früchte
Stattdessen begannen seine Eltern, vor der Umsiedlung in einer kleinen Mosterei Obst zu verarbeiten. «Wir hatten von Anfang an den Anspruch, dass die Kunden den Saft ihrer eigenen Äpfel bekommen», erklärt Simon Gschwind. Und auch dieses Geschäft lief super an: mit dem Einzug in das neue Gebäude mit integriertem Produktionsraum wurde die Mosterei grösser und die Anfragen nahmen zu. «Es gab Zeiten, da haben wir Tag und Nacht gemostet», erinnert er sich, «aber ich wusste, dass es so nicht weitergeht. Ich will meine Eltern ja auch mehr entlasten als belasten.» So investierte er vor Kurzem in eine neue, effizientere Presse, die in der kommenden Saison etwas Entlastung bringen soll.
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Mit der Expansion der Mosterei verändert sich der Kundenstamm
Denn Simon Gschwind ist in den Spätsommermonaten nicht nur in der Mosterei anzutreffen, sondern führt mit seinem eigenen Mähdrescher auch Lohnarbeiten aus. «Die Maschinen sind schon meine Leidenschaft», gesteht er lachend, «darum ist es gut, wenn neben dem Mosten ein wenig Zeit übrig bleibt.» Mit der Expansion der Hofmosterei vergrösserte sich auch der Kundenstamm. Zusammen mit einem befreundeten Obstproduzenten aus dem Nachbardorf bekam Simon Gschwind das Angebot, Apfelsaft für den Basler Zolli zu liefern. Statt den Most wie herkömmlich in Boxen abzufüllen, setzen sie auf PET-Flaschen.
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Nicht alle Experimente gelingen auf Anhieb
Inzwischen ist der Most vom Hof Sennmatt in verschiedenen Packungsgrössen und Geschmacksrichtungen erhältlich. Dafür experimentiert die Familie Gschwind immer wieder mit neuen Zutaten und Geschmäckern. «Manchmal funktioniert es gut, wie zum Beispiel beim Himbeermost», meint Mutter Brigitta schmunzelnd, «und manchmal war es einfach einen Versuch wert.»
Gemeinsam gelingt es besser
An neuen Projekten fehlt es auf dem Hof Sennmatt also nicht, im Gegenteil: Um die eigenen Maschinen in Eigenregie zu reparieren, bauten Gschwinds eine Werkstatt mit integriertem Hebekran. In den Wintermonaten verbringen Vater und Sohn dort viele Stunden und halten Traktor, Mähwerk und Hoflader in Schwung – und wagten sich gar an einen Motor. «Das war schon das Grösste», sagt Simon Gschwind, «doch das Tüfteln und Flicken macht uns beiden einfach viel Spass.»
«Am Schluss ist es nie nur meine Idee – sondern unsere.»
Simon Gschwind schätzt den Austausch mit seinen Eltern.
Die Geschister auch mit einbeziehen
Nach dem Geheimnis hinter dem guten Verhältnis gefragt, schmunzeln beide. Man habe immer offen über die anfallenden Schritte gesprochen und sich zusammen mit den beiden anderen Kindern beraten lassen, erklärt Vater Werner und ergänzt: «Ich glaube, es braucht Toleranz und eine offene Kommunikation.» Und auch Sohn Simon stimmt zu. «Meine Eltern haben meinen Ideen immer zugehört und sie mit mir diskutiert. Am Schluss ist es nie nur meine Idee – sondern unsere.»
Auch die Übergabe ist geglückt
Ausserdem hätten beide Parteien von einem fliessenden Übergang profitiert. So habe Sohn Simon nach und nach die Verantwortung für die einzelnen Betriebszweige übernommen, erklären sie das gewählte Modell. Die Eltern arbeiteten weiterhin auf dem Hof und sind bis heute angestellt. «Dadurch hat sich für mich mit der Übernahme nicht viel verändert», meint Simon Gschwind, «ausser dass ich ab Januar 2021 viel mehr Post bekommen habe.» Schliesslich sind sich die beiden Generationen einig: «Die Übergabe ist wirklich gelungen und es lohnt sich, flexibel zu bleiben.»
Betriebsspiegel Hof Sennmatt
Betriebsleiter: Simon Gschwind
Ort: Hofstetten SO
Fläche: LN 50 ha, davon rund 25 ha Naturwiese
Betriebszweige: Direktvermarktung von Fleisch, Ackerbau, Kundenmosterei, Pensionspferde, Dreschen im Lohn.
Tierbestand: 20 Galloway-Mutterkühe mit Kälbern, eigener Nachzucht und Stier. Saisonale Abkalbung. Das Fleisch wird ab Hof vermarktet. Weiter: fünf Pensionspferde.
Acker- und Obstbau: Auf 25 ha Weizen, Triticale, Raps, Speisehafer und Kunstwiese. Zudem rund 600 Hochstammbäume, davon 80 Apfelbäume für die Mostobstproduktion.
Arbeitskräfte: Betriebsleiter Simon Gschwind, Eltern Brigitta und Werner, Lehrtochter im dritten Lehrjahr, Schwestern Nicole Pfirter und Stephanie Wetzel im Stundenlohn.