Susanne Spaltenstein ist seit Anfang Januar Beraterin an der Fachstelle«Paralandwirtschaft und Hauswirtschaft» am Strickhof. Sie ist Nachfolgerin von Lilo Keller, die auf Ende Jahr pensioniert wurde und teilt sich die Leitung mit Véronique Keller, die schon seit 11 Jahren in diesem Bereich tätig ist.

Sie haben vor Kurzem Ihre neue Stelle angefangen: Wie geht dies in Zeiten der Pandemie, wenn viele Berufstätige von zu Hause aus arbeiten?

Susanne Spaltenstein: Ein Netzwerk aufzubauen, ist zur Zeit nicht ganz einfach. Immerhin ist es möglich, telefonisch mit Aussenstehenden in Kontakt zu treten und eine Stimme zum Namen zu erhalten. Beratungen und Coachings im Bereich Betriebsentwicklungen sind unverändert auf den Höfen möglich. Fachtagungen, an denen wir Konsumtrends (z. B. Healthy Food) aufnehmen, Nachhaltigkeit fördern und die Vernetzung zwischen Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie stärken, sind plan- aber noch nicht durchführbar. Weiterbildungskurse im Bereich Direktvermarktung kann ich im Homeoffice entwickeln. Die strategische Planung stellt derzeit eine Herausforderung dar, weil nicht sicher ist, was letztendlich umsetzbar ist. Daher versuche ich, vermehrt in Varianten zu denken. Einer meiner Grundsätze ist: «Geht nicht, gibts nicht.»

Sie unterrichten bereits seit 10 Jahren als Lehrperson am Strickhof. Wie hat sich das Berufsbild der Bäuerin in dieser Zeit verändert?

Die Mehrfachrolle als Frau auf dem Landwirtschaftsbetrieb. Einerseits ist die Bäuerin eine gleichgestellte Geschäftspartnerin mit verantwortungsvollen Funktionen und Aufgaben, anderseits Ehe- und Familienfrau. Das bietet viel Chancen, birgt aber auch Gefahren der Überbelastung. Leider ist der Bereich Hauswirtschaft noch immer nicht als Betriebszweig anerkannt und wird entsprechend zu wenig gewichtet.Wie hat sich dagegen im Laufe der Zeit das Interesse der Männer an hauswirtschaftlichen Themen entwickelt?

In den vergangenen Jahren durften wir erfreulicherweise einige Männer im Kurs «Nachhaltig Haushalten» unterrichten, aber noch immer sind sie schwach vertreten. Kommenden Sommer startet am Strickhof zum ersten Mal ein Mann die Ausbildung zum bäuerlichen Haushaltsleiter, zusammen mit mindestens 23 Frauen in der Ausbildung «Bäuerin mit eidgenössischem Fachausweis BP». Des Weiteren wurde in der Betriebsleiterschule erstmals das Wahlmodul BF14 Hauswirtschaft angeboten und erfolgreich von einigen Männern besucht. Gesellschaftliche Veränderungen sind zwar im Gange, aber sie brauchen viel Zeit.

Wie geht die junge Generation mit dem Thema Nachhaltigkeit um, insbesondere mit Themen wie Food Waste?

In der Schule erlebte ich, dass die jüngere Generation grossen Wert auf die Qualität von Lebensmitteln legt und wissen will, woher das Fleisch oder das Gemüse kommt und wie es produziert wurde. Auch in Bezug auf die Verpackung zeigt sich, dass sie mit dem Thema Nachhaltigkeit selbstverständlicher umgeht. Diesen Trend nehme ich auch in unserem Hofladen wahr: Jüngere Kundschaft bringt häufiger eine Stofftasche mit, während ältere eher erwarten, beim Einkauf einen Plastikbeutel zu erhalten.

Welche alten hauswirtschaftlichen Techniken erleben heute ein Revival?

Im Bereich der Produkteverarbeitung zum Beispiel das Sterilisieren. Mit modernen Küchengeräten, wie dem Dampfgarer, lässt sich ganz einfach Sugo, Siedfleisch, Apfelmus, Babybrei und vieles mehr haltbar machen. Wer für sich entdeckt hat, wie wertvoll und zeitsparend es ist, im Handumdrehen ein vollwertiges Menü aus dem Vorrat zu zaubern, ist schliesslich begeistert.

Auch das Thema Brotbacken erlebt ein Revival. Dabei werden alte Methoden wieder thematisiert und angewendet, wie lange Triebführung, Vorteig, Sauerteig.

Wer sein Wissen vertiefen und professionalisieren will, kann an unserer Schule Weiterbildungskurse besuchen. Und wer beim Umsetzen von Techniken oder Projektideen fachliche Unterstützung braucht, erlangt Beratung an der Fachstelle «Paralandwirtschaft & Hauswirtschaft».

Sie sind auch Beraterin für Direktvermarktung. Welche Chance sehen Sie darin für Betriebe?

Direktvermarktung ermöglicht, Konsumenten mit hofeigenen Produkten zu bedienen, ohne lange Transportwege und Zwischenhandel. Nicht zu unterschätzen ist der Arbeitsaufwand, auch bei Selbstbedienung. Wer erfolgreich seine Produkte ab Hof verkaufen will, muss bereit sein, direkte Kundenkontakte zu pflegen. Die Kunden kommen nämlich nicht nur wegen den Produkten, sie wollen auch den Betrieb und seine Leute kennenlernen.

Daher ist ein Hofladen eine wichtige Brücke zur nicht-bäuerlichen Gesellschaft. Dabei ist wichtig, dass die Leidenschaft für die Sache spürbar, Teil der Professionalität ist. So ist eine meiner Aufgaben das Mutmachen und das Weitergeben meiner eigenen Erfahrungen nach dem Motto «aus der Praxis – für die Praxis».

Was ist Ihr persönliches Lieblingsthema im Bereich Hauswirtschaft?

Da gibt es Zahlreiche! Eines ist «Brotbacken». Hefeteig lehrt mich, die Zeit arbeiten zu lassen. Sie übernimmt die meiste Arbeit und ermöglicht, dass sich Geschmack und Textur des Brotes auf wundersame Art und Weise – still und leise – entwickeln.

Mich fasziniert und motiviert, diesen Grundsatz auch auf andere (hauswirtschaftliche) Alltagsthemen zu übertragen.

 

Zur Person

Die Hauswirtschaftslehrerin Susanne Spaltenstein hat drei erwachsene Kinder und bewirtschaftet mit ihrem Mann Rolf und Sohn Joel in dritter Generation einen Landwirtschaftsbetrieb in Generationengemeinschaft in Flaach ZH. Seit 60 Jahren werden auf dem Hof Spargeln kultiviert. In den letzten 20 Jahren hat sich die Spezialkultur als Hauptbetriebszweig etabliert. Dazu kommen Acker- und Gemüsebau. Die Spargeln gelangen über den saisonalen Hofladen in den Verkauf, in dem weitere Produkte wie Holzofenbrot und Konfitüre aus eigener Produktion angeboten werden, sowie im Hofrestaurant. Am Strickhof ist die 53-Jährige bereits seit zehn Jahren tätig. Bisher als Lehrerin in einzelnen Modulen, hauptsächlich im Bereich Produkteverarbeitung. Zudem ist Spaltenstein auf nationaler Ebene als Expertin an den Berufsprüfungen FA Bäuerin/Bäuerlicher Haushaltsleiter tätig.

Weitere Informationen: www.spargel.ch