«Reden ist silber. Was ist Gold?» Diesem Thema widmete sich heute der Tag der Bäuerin an der Olma in St. Gallen. Als Podiumsgäste teilten Esther Stricker, Kauffrau, Bäuerin und Beraterin für kollegiales Coachin; Petra Dietiker, Gärtnerin, Bäuerin, Inhaberin einer eigenen Bauernhof-Spielgruppe; Sandra Helfenstein, Leiterin Kommunikation und Marketing beim Schweizer Bauernverband sowie Jörg Büchi, Landwirt, Betriebsleiter, Instagrammer, Treuhand- und Agrarrechtsberater, ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit der Kommunikation. Geleitet wurde die Gesprächsrunde heuer zum ersten Mal von Sabrina Lehmann, Moderatorin und Podcasterin. [IMG 3]
Schweigen ist nicht Gold
Um eines vorneweg zu nehmen: In der Gesprächsrunde wurde deutlich, dass Schweigen nicht Gold ist. Echtes, aufmerksames Zuhören, das sei Gold. Oder wie es Esther Stricker ausdrückte:
«Bei echtem Interesse beim Zuhören, geht mir das Herz auf.»
Viele Leute könnten einfach nicht richtig zuhören, ist Esther Stricker der Meinung.
Für Sandra Helfenstein ist klar: «Alles in sich hinein fressen ist nicht gut.» Ihr Motto lautet denn auch: «Offen Reden ist Gold.» Denn es müsse kommuniziert werden. Aber wie, das ist die Frage.» Das sieht Petra Dietiker ähnlich. Zwar würde es bei ihr und ihrem Mann Urs auch schon mal laut, wenn es einem der beiden den Deckel lupfe. «Dennoch macht der Ton die Musik», betonte die Bäuerin. Dass das nicht immer einfach ist, weiss sie aus eigener Erfahrung. Sie ist aber auch überzeugt, dass nicht immer jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden sollte. Dass Frauen und Männer oft auf anderen Ebenen kommunizieren, ist wohl vielen bewusst. Petra Dietiker erklärte es so: «Mein Mann Urs sagt, ich spreche Dinge an, an die er noch gar nicht denke.»
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Bei nahen Personen wird es schwieriger
Bevor die Gesprächsrunde gestartet wurde, liess die Moderatorin die Zuhörerinnen und Zuhörer per Online-Umfrage ein paar Fragen beantworten. Eine der Fragen lautete: Wo ist für dich die Kommunikation am herausfordernsten. Von 328 antwortenden Personen gaben 102 an, in der Familie sei es am herausfordernsten, 96 nannten die Partnerschaft, 64 den Berufsalltag, 36 tun sich mit den sozialen Medien schwer und 30 finden die Kommunikation mit Konsumenten herausfordernd.
Zuhause anders, als im Geschäft
Viele Menschen tun sich bei der Kommunikation mit Nahestehenden also offenbar schwerer, als mit Aussenstehenden. Und wie könnte es anders sein, landete nach dieser Erkenntnis die Gesprächsrunde rasch beim Thema Generationenkonflikte. Auch der einzige Mann in der Gesprächsrunde, Jörg Büchi, könnte ein Lied davon singen, dass die Kommunikation bei nahestehenden Personen schwieriger ist, als bei seiner Arbeit als Berater. So tue er sich regelmässig mit seinem Vater schwer, und könne auch schon mal laut werden. Etwas, das er so von sich sonst nicht kennen würde.
Büchi wollte daran etwas ändern und suchte sich Hilfe. In mehreren Sitzungen hörte er einiges an richtiger Kommunikation, etwa vom Kommunikationsquadrat von Schulz von Thun. Denn bei engsten Gesprächspartnern werde zu oft über das Beziehungsohr komuniziert, Gesagtes werde persönlich genommen. «Gelernt habe ich allerdings nichts, was ich nicht schon gekannt habe», erklärte er. Er musste es nur noch beim eigenen Vater anwenden. Dies tut er seitdem möglichst oft. So etwa beim steten Streitthema, ob nun schon wieder gezettet werden solle, wie das der Vater wolle, oder nicht, wie er selbst das wolle. Statt dem Vater zu sagen: «Hör jetzt auf zu Zetten», bedanke er sich zuerst. Denn der Vater wolle ihm ja eigentlich nur helfen und ihn bei der vielen Arbeit unterstützen. Dann bittet Jörg Büchi den Vater, das Zetten so zu handhaben, wie er selbst das haben wolle, da er etwas Neues ausprobieren wolle. So funktioniere die Kommunikation zwischen ihnen beiden viel besser. Er betonte, dass es wichtig sei, die eigenen Erwartungen klar zu kommunizieren.
Der Ausbruch hatte ein Gutes
Den Ton alles andere als getroffen, hat vor Jahren Petra Dietiker bei ihrer Schwiegermutter. Lange habe sie als junge Frau auf dem Hof geschluckt und sich bevormundet gefühlt. Auf ein klärendes Gespäch bereitete sie sich zwar vor, dennoch lupfte es ihr eines Tages den Deckel unvorbereitet und ungeplant. Dieser Ausbruch sei zwar alles andere als ein Beispiel an guter Kommunikation gewesen, dennoch hatte er auch etwas Gutes, verriet sie. Denn danach hätten sie und ihre Schwiegermutter einen guten Weg gefunden, um zusammen zu kommunizieren. Die schwierige Zeit in der sie sich behaupten musste, hätte auch dazu geführt, dass sie heute selbstbewusster sei. Und dafür ist sie ihren Schwiegereltern dankbar.
Kommunizieren auf Augenhöhe
Esther Stricker erzählte, sie habe sich als junge Frau, die frisch auf den Hof ihres Mannes kam, selbst klein gemacht. Zwar sei sie eine Person, die ausspricht, was sie denkt. Damit trat sie bei der Familie ihres Mannes mehrfach in Fettnäpfchen. Denn lange herrschte dort das Credo: Einfach nichts sagen, es kommt dann schon gut. Heute weiss sie: «Ich muss mich auf Augenhöhe bringen, und mich nicht selbst klein machen.» Etwas anderer Meinung ist da Petra Dietiker. Es schade nicht, sich zu Beginn auf dem Hof etwas unterzuordnen und nicht gleich im ersten halben Jahr alles auf den Kopf stellen zu wollen. Dennoch betonte sie, dass auch die nachfolgende Generation das Recht habe, eigene Erfahrungen zu machen und auch mal den Kopf einzuschiessen.
Tipps und Tricks
Aus der Gesprächsrunde kristallisierten sich einige Tipps zur guten Kommunikation heraus:
- Nicht in Emotionen reagieren und bei Problemen den eigenen Anteil suchen. In Hektik gelinge das jedoch kaum. Daher sei es besser, zuerst auf zehn zu zählen oder gar eine Nacht darüber zu schlafen, bevor das Gespräch gesucht werde.
- Wünsche und Erwartungen sachlich und klar kommunizieren.
- Statt emotional auf das nahestehende Gegenüber zu reagieren, überlegen, wie jetzt in dieser Situation auf eine aussenstehnde Person reagiert würde. Sich statt des Vaters eine andere Person vor sich vorstellen.
- Ich-Botschaften vermitteln. Sätze, die mit Du beginnen, weglassen. Vom Gegenüber würden solche meist als Kritik oder Angriff verstanden.
Der Einfluss der sozialen Medien
Ein Thema bei vielen ist auch die Kommunikation in den sozialen Medien. Oftmals nehmen Diskussionen unschöne Formen an, Kommentare werden regelmässig unter der Gürtelinie geschrieben. Dies weiss auch Sandra Helfenstein und meinte: «Die sozialen Medien sind Fluch und Segen zugleich.» Zwar würden sie beim direkten Kommunizieren helfen. Die negativen Seiten sind aber allseits bekannt. Dennoch betonte Sandra Helfenstein, dass 90 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer der sozialen Medien nur konsumieren würden. Lediglich 10 Prozent würden sich aktiv mittels Kommentaren betätigen. Und diese seien leider oftmals negativ unterwegs. Sandra Helfenstein nannte sie daher «die laute Minderheit». Jörg Büchi hat seine eigene Strategie im Umgang mit den sozialen Medien. Er postet regelmässig Stories von seiner Arbeit als Landwirt. Da gebe es dann oft auch interessante und positive Rückmeldungen. Er hat sich jedoch abgewöhnt Kommentare auf Artikel, etwa bei sogenannten Revolverblättern, zu lesen.
Raps wird nur der schönen Blüte wegen gepflanzt
Wie schwierig die Kommunikation vonseiten Landwirtschaft nach draussen zu den Konsumenten ist, weiss Sandra Helfenstein aus ihrer Arbeit nur zu gut. Diese sei anspruchsvoller geworden, weil viele Menschen kein Wissen mehr von der Landwirtschaft hätten. «Wir müssen zuerst ganz unten anfangen und die Basics erklären», bedauerte sie. Den bislang absoluten Tiefpunkt habe sie vor nicht allzu langer Zeit erlebt, als ein Journalist sie fragte, ob die Bauern Raps nur der schönen Blüten wegen anbauen würden. In der Runde wird das Fazit gezogen: «Bitte nicht nur drauflosreden, sondern kommunizieren. Und zwar richtig.»